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Es waren weniger die Unternehmen selber als vielmehr die Aktienanalysten, welche uns Wirtschaftsjournalisten und Börsenkolumnisten in den letzten Tagen ganz schön auf Trab hielten. Am Dienstag etwa gingen hierzulande drei Aktienumstufungen, eine Erstabdeckung sowie neun Kurszielanpassungen ein. Tags darauf waren es dann noch eine Umstufung, eine Erstabdeckung sowie acht Kurszielveränderungen.
Zugegeben: Nach der Flaute der beiden vorangegangenen Wochen sorgte dieser Nachrichtenfluss für eine willkommene Abwechslung. So wusste man wenigstens wieder, über was man schreiben soll.
Für Kaufempfehlungen am Laufmeter sorgte die Bank Vontobel. Erst nahm der Pharmaanalyst Stefan Schneider – ich ernannte ihn einst zum "König der Kursziele" – mit ziemlicher Verspätung die Erstabdeckung der Aktien des Börsendebütanten Galderma mit "Buy" und einem Kursziel von 90 Franken auf. Dann stufte sein Abteilungskollege Alexander Koller die Partizipationsscheine von Schindler von "Hold" auf "Buy" herauf. Um seiner neu gewonnenen Zuversicht den nötigen Nachdruck zu verleihen, veranschlagt der Analyst neuerdings ein Kursziel von 300 (zuvor 230) Franken.
Die Begründung liest sich wie eine Liebeserklärung an den Aufzug- und Rolltreppenhersteller aus Ebikon. Mit der starken Marktstellung und dem widerstandsfähigen Geschäftsmodell mit einem hohen Ergebnisbeitrag aus dem Servicegeschäft erfülle Schindler sämtliche Kriterien für eine attraktive Anlage. Dank geringem Kapitalbedarf binde das Unternehmen wenig Mittel und könne so eine hohe Rendite auf dem durchschnittlich investierten Kapital erzielen. Mit dem attraktiven Risikoprofil und der soliden Bilanz füge sich der Titel zudem gut in risikoaverse Portefeuilles ein, wie der Vontobel-Analyst weiter schreibt. Allerdings wollte die Zuversicht Kollers gestern Donnerstag nicht so recht auf das Handelsgeschehen übergreifen. Die frühen Kursgewinne erwiesen sich im Tagesverlauf als ein blosses Strohfeuer.
Kursentwicklung der Partizipationsscheine von Schindler rund um die Kaufempfehlung herum (Quelle: www.cash.ch)
Kurz zuvor bekräftigte die Zürcher Bank übrigens schon ihre Kaufempfehlung für die Valoren von Überflieger Givaudan. Dabei erhöhte sie das Kursziel abermals auf 4850 (zuvor 4700) Franken.
Wenden wir uns nun aber noch anderen Themen zu. 19 Milliarden Dollar – diese Zahl müssen sich die Aktionärinnen und Aktionäre von Lonza unbedingt merken. Sie steht für den Jahresumsatz, welchen die beiden chinesischen Gegenspieler WuXi AppTec und WuXi Biologics im Jahr 2030 alleine in Nordamerika erzielen dürften. Ihr weltweiter Umsatz dürfte dann sogar bei 33 Milliarden Dollar liegen, wenn man Schätzungen der Royal Bank of Canada Glauben schenken will. Im vergangenen Jahr waren es immerhin schon mal 8 Milliarden Dollar.
Bekanntlich ist in der amerikanischen Polit-Metropole Washington allerdings eine Gesetzesvorlage auf dem Weg, um dortige Pharmaunternehmen, welche mit chinesischen Zulieferern zusammenarbeiten, von Regierungsaufträgen auszuschliessen. Diese Gesetzesvorlage ist auch bekannt als "Biosecure Act".
Davon könnte auch Lonza profitieren, verfügen die Basler in Nordamerika doch über umfangreiche Produktionskapazitäten. Ausserdem erwarben sie erst kürzlich für 1,2 Milliarden Dollar eine ehemalige Genentech-Produktionsstätte im kalifornischen Vacaville.
War bis vor wenigen Wochen noch zu hören, dass es beim "Biosecure Act" zu Verzögerungen kommen könnte, gibt es mittlerweile Grund zur Hoffnung. Wie die Royal Bank of Canada schreibt, geht man in Beraterkreisen davon aus, dass die Gesetzesvorlage noch in diesem Jahr verabschiedet und danach umgesetzt wird. Im Hinblick darauf würden viele amerikanische Pharmaunternehmen schon heute ihre Zusammenarbeit mit chinesischen Zulieferern überdenken.
Die Frage ist nicht ob, sondern vielmehr wann Lonza und andere Pharmazulieferer wie etwa Bachem den chinesischen Gegenspielern Aufträge streitig machen können. Und selbst wenn der langjährige Lonza-Präsident Albert Baehny die vom "Biosecure Act" ausgehende Fantasie gegenüber uns Medien stets herunterspielte – so gilt zumindest: Nützt's nüüt, so schadt’s wenigschtens ou nüüt...
Sandoz war diese Woche die "Aktie der Woche" bei der Bank Julius Bär. Das half den Valoren der ehemaligen Novartis-Tochter in der ersten Wochenhälfte etwa gleich wenig wie die Zulassung des Biosimilars Pyzchiva durch die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA. Bei Pyzchiva handelt es sich um ein Nachahmerpräparat des Psoriasis-Mittels Stelara von Johnson & Johnson.
Auf den amerikanischen Markt kommt das Biosimilar voraussichtlich im kommenden Februar. Ab dann dürfte es beim Hersteller des Originalmedikaments an den Umsätzen nagen. Laut Vontobel-Analyst Stefan Schneider setzt dieser weltweit rund 10 Milliarden Dollar mit Stelara um. Und selbst wenn weitere Rivalen mit eigenen Versionen an den Start gehen, sollte künftig der eine oder andere Dollar bei Sandoz hängenbleiben.
Die Sandoz-Aktien schreiben neue Rekorde (Quelle: www.cash.ch)
Der für die Bank Julius Bär tätige Berufskollege Fabian Wenner wähnt Sandoz jedenfalls in der Favoritenrolle und preist die Aktien wie bis anhin mit einem Kursziel von 39 Franken zum Kauf an. Er hält den Bewertungsabschlag von rund 45 Prozent gegenüber anderen Generikaherstellern schlichtweg nicht für gerechtfertigt.
Die Marktzulassung für Pyzchiva reiht sich bei der ehemaligen Novartis-Tochter in eine regelrechte Erfolgs-Serie ein. Den einzigen Beweis, den das Unternehmen jetzt noch antreten muss ist, dass sich diese Erfolgs-Serie wie erhofft zu steigenden Umsätzen und Gewinnen führt. Erste wertvolle Erkenntnisse erhoffe ich mir diesbezüglich von den Zweitquartalszahlen. Diese stehen am 8. August zur Veröffentlichung an.
Adecco suche nach Interessenten für Akkodis, wie die Nachrichtenagentur Bloomberg in Erfahrung gebracht haben will. Eine entsprechende Meldung flimmerte gestern Donnerstag über die News-Ticker und verschaffte den Aktien im vorbörslichen Handel ein Plus von fast drei Prozent.
Doch die anfängliche Euphorie war schnell wieder verflogen. Das dürfte nicht zuletzt damit zu tun haben, dass seitens von Bloomberg kein möglicher Verkaufspreis genannt wurde. Zur Erinnerung: Akkodis ging aus einer Zusammenführung eigener Geschäftsteile mit der französischen Akka Technologies hervor. Diese Übernahme liess sich Adecco vor wenigen Jahren im Zyklushoch rund 2 Milliarden Euro kosten.
Die Schätzungen der Analysten, wie viel Akkodis bei einem Verkauf denn wert sein könnte, gehen weit auseinander. Jefferies-Analyst Kean Marden etwa geht von 2 bis 2,5 Milliarden Euro aus. Er stuft die Aktien des Mutterhauses mit "Hold" und einem Kursziel von 33 Franken ein. In einem Kommentar der Bank Vontobel wird ein Verkaufspreis von 3 Milliarden Euro oder mehr als gut beurteilt. An dieser Stelle sei erwähnt, dass der zuständige Analyst Michael Foeth die Aktien von Adecco schon eine ganze Weile mit einem Kursziel von 50 Franken zum Kauf anpreist. UBS-Analyst Rory McKenzie hält sogar einen Verkaufspreis von unter 2 Milliarden Euro für möglich. Er widerspricht bei den Aktien seinem Berufskollegen bei Vontobel mit "Sell" und einem 12-Monats-Kursziel von 30 Franken.
Sollte Adecco weniger als die seinerzeit für Akka Technologies bezahlten 2 Milliarden Euro für Akkodis lösen, wäre das an Schmach kaum zu überbieten – zumal ja auch noch eigene Geschäftsteile eingebracht wurden. Während die damit einhergehende Reduktion der Nettoverschuldung zu begrüssen wäre, ginge die milliardenschwere Übernahme in Frankreich bloss als ein weiteres kostspieliges Auslandsabenteuer in die Firmengeschichte ein.
Vielleicht konkretisiert sich dieses noch nicht geschriebene Kapitel in der Firmengeschichte ja schon im Laufe der kommenden Woche. Womöglich wissen wir nächsten Freitag mehr, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.
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