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Seit Freitagvormittag ist die oft kritisierte Eintragungs- und Stimmrechtsbeschränkung bei der Baloise Geschichte. Mit etwas mehr als 78 Prozent der anwesenden Stimmen kippten die Aktionärinnen und Aktionäre diese angestaubte Klausel aus den Statuten. Völlig zu Recht, wie ich finde, passt sie doch nicht mehr zur heutigen Vorstellung von guten Grundsätzen in der Unternehmensführung. Die Aktionärsdemokratie hat gesiegt: Eine Aktie – eine Stimme, heisst es künftig auch in Basel.
Wie Verwaltungsratspräsident Thomas von Planta nach der Abstimmung gegenüber den Anwesenden meinte, sei die Abschaffung der Eintragungs- und Stimmrechtsbeschränkung aus seiner Sicht weder ein Sieg, noch eine Niederlage. Mit dieser Aussage macht er es sich etwas gar einfach, stemmte sich die Versicherungsgruppe doch mit aller Kraft gegen den Vorstoss der Initiantin zCapital.
Mit der Klausel verschwindet ein Relikt aus vergangenen Tagen – und mit ihm ein schützendes Bollwerk, mit welchem unfreundliche Übernahmeversuche oder ungemütliche Aktionäre ferngehalten werden sollen. Und genau aus diesem Grund geraten die Aktien der Baloise nun ins Zentrum von Börsenspekulationen. Die Versicherungsgruppe könnte das Interesse grosser Rivalen von "ennet der Grenze" auf sich ziehen, heisst es etwa. Oder auch: Finanzinvestoren könnten sich einnisten und einen Verkauf des Unternehmens ins Ausland erzwingen.
Die letzten Jahre erweisen sich für die Baloise-Aktionäre unter dem Strich als ein Nullsummenspiel (Quelle: www.cash.ch)
Beides erscheint mir durchaus denkbar. In der Vergangenheit mussten neben italienischen nämlich auch schon deutsche Versicherungsgiganten spekulationshalber als mögliche Käufer herhalten. Und auch dem schwedischen Finanzinvestor und UBS-Grossaktionär Cevian Capital wurde einst nachgesagt, sich einkaufen zu wollen. Doch die Braut aus Basel – sie zierte sich stets. Nun findet sie sich in einer für sie völlig neuen Rolle wieder: Der des Freiwilds. Dass es der Baloise in den letzten Jahren nicht gelungen ist, den Aktienkurs zu steigern, könnte sich durchaus rächen.
Beim Börsendebütanten Sandoz weckt hingegen die Kursschwäche vom Freitagnachmittag wilde Spekulationen. Eine amerikanische Grossbank sei als aggressive Verkäuferin am Markt in Erscheinung getreten, heisst es etwa. Und weiter: Bei Kursen knapp unter 30 Franken seien in der Folge Stop-Loss-Aufträge ausgelöst worden, was eine kleinere Kurslawine losgetreten habe. Um die Mittagszeit herum lagen die Valoren der einstigen Novartis-Tochter zeitweise denn auch mit mehr als sechs Prozent im Minus.
Neugierig wie ich bin, habe ich mich mal ein bisschen umgehört. Bei der ominösen Verkäuferin soll es sich um die Citigroup gehandelt haben. Angeblich warnte der für die Grossbank tätige Analyst Vineet Agrawal vor einem drohenden Preiskampf bei den Nachahmerpräparaten für das Arthritismittel Humira. Sandoz buhlt mit dem eigenen Nachahmerpräparat Hyrimoz um Marktanteile.
Eine weitere Erklärung für die Kursschwäche vom Freitag könnte sein, dass der amerikanische Krankenversicherer Cigna künftig auf die Humira-Versionen von Boehringer Ingelheim, Teva und Alvotech setzt und jene von Sandoz aussen vor lässt. Die Stifel-Analystin erachtet die Kursverluste allerdings als übertrieben. Sie hält daher an ihrer Kaufempfehlung fest.
Die Aktien von Sandoz standen am Freitagnachmittag über weite Strecken unter Verkaufsdruck (Quelle: www.cash.ch)
Auch um Nestlé ranken sich momentan die Spekulationen. Grösse alleine schützt nicht davor. Am Freitag berichtete ich davon, dass mit Analyst Elmar Sieber von der Basler Kantonalbank ein erster Vertreter seiner Berufsgilde die Geduld mit dem Nahrungsmittelhersteller aus Vevey verlor. Er stufte dessen Aktien von "Übergewichten" auf "Marktgewichten" herunter. Gleichzeitig strich der Analyst sein Kursziel auf 95 (zuvor 115) Franken zusammen.
Eher nebenbei geht er auf Stimmen ein, welche erfahren haben wollen, dass sich der deutsche Mischkonzern Bayer des Bereichs Consumer Health entledigen wolle und dieser zum Verkauf kommen könnte. In diesem Zusammenhang muss neben anderen möglichen Interessenten auch Nestlé als kaufkräftiger Interessent für diesen Geschäftszweig herhalten.
Nach dem kostspieligen Vorstoss mit Alcon in den Markt für Augenheilmitteln und dann in jenen für Allergietherapien mit der amerikanischen Aimmune und ihrem Wirkstoff Palforzia, fehlt zumindest Sieber der Glaube, dass sich Nestlé-Chef Mark Schneider auf ein weiteres teures Abenteuer einlässt. Völlig ausschliessen kann und will der Analyst einen solchen Schritt indes nicht...
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2 Kommentare
Das Vorgehen der Baloise-Führung mit dem Ziel: eine Aktie – eine Stimme, sollten sich die Roche-Erben hinter die Ohren schreiben. Die Zeit für ihre «Wagenburg-Mentalität» mit Bancomat-Anschluss ist vorbei und schadet dem Unternehmen.
Ja, die Kapitalstruktur bei Roche ist nicht mehr zeitgemäss und schadet dem Unternehmen auch m.E.