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Das Jahr 2025 läuft bei uns am Schweizer Aktienmarkt ganz schön «stotzig» an, wie wir Berner sagen würden. Alleine am heutigen Mittwochmorgen zähle ich nicht weniger als fünf Umstufungen – wobei die Verkaufsempfehlungen überwiegen.
Eine Verkaufsempfehlung geht etwa für Nestlé ein. Der für Jefferies tätige Analyst David Hayes geht von «Hold» auf «Underperform». Selbst dass die Aktien des Nahrungsmittelmultis aus Vevey erst vor wenigen Tagen für weniger als 74 Franken und damit so günstig wie seit langen Jahren nicht mehr zu haben waren, hält ihn nicht davon ab. Und um seiner Verkaufsempfehlung den nötigen Nachdruck zu verleihen, streicht er das Kursziel auf 67 (zuvor 82) Franken zusammen. Es ist das tiefste mir bekannte Kursziel für diese Valoren.
Der Jefferies-Analyst findet klare Worte. Er glaubt nicht, dass Nestlé die steigenden Rohstoffpreise eins-zu-eins über Preiserhöhungen weitergeben kann – was auf die Margenentwicklung drücken dürfte. Auch in Sachen Dividendenerhöhung sieht er die Aktionärinnen und Aktionäre in den nächsten Jahren leer ausgehen. Das wiederum wäre eine klare Abkehr von der bisherigen Ausschüttungspolitik, steigern die Westschweizer die Dividende mittlerweile doch seit 28 Jahren in Folge.
Dass die Nestlé-Aktien ihre frühen Kursverluste abschütteln können, ist einer Unternehmensstudie aus der Feder des Analysten Jeff Stent von BNP Paribas zu verdanken. Darin stuft der Autor die Valoren gleich um zwei Stufen von «Underperform» auf «Outperform» herauf. Anders als sein Berufskollege bei Jefferies erhöht er sein Kursziel auf 89 (zuvor 80) Franken.
Kursschwund bei den Nestlé-Aktien in den vergangenen Jahren (Quelle: www.cash.ch)
Stent glaubt, dass die Gewinnerwartungen an den Nahrungsmittelmulti die Talsohle durchschritten haben könnten. In Sachen Wachstum hält er im Laufe dieses Jahres sogar positive Überraschungen für möglich. Damit steht der Analyst bisher allerdings ziemlich alleine da. Dennoch muss ich ihm ein Kränzchen winden. Mit seiner Verkaufsempfehlung vom vergangenen Januar bei Kursen von fast 100 Franken lag er rückblickend goldrichtig.
Sein Abteilungskollege Charlie Muir-Sands überdenkt hingegen seine Verkaufsempfehlung für die Aktien des Verpackungsmaschinenherstellers SIG Group. Obschon sich selbst vom überarbeiteten Kursziel von 16,90 (zuvor 16,25) Franken noch immer ein rechnerisches Abwärtspotenzial von sieben Prozent ableiten lässt, stuft der Analyst die Valoren von «Underperform» auf «Neutral» herauf. Die Gewinnerwartungen an das Unternehmen seien realistischer als auch schon, wie Muir-Sands in einer 88 Seiten starken Branchenstudie meint.
Eine weitere Kaufempfehlung trifft für die Aktien der Partners Group ein. Der für die Deutsche Bank tätige Analyst Sharath Kumar geht von «Hold» auf «Buy» und veranschlagt neuerdings ein Kursziel von 1470 (zuvor 1230) Franken. Seines Erachtens könnte das Jahr 2025 für den Risikokapitalspezialisten am Anfang einer mehrjährigen Belebung stehen. Er begründet dies einerseits mit der Erwartung einer sanften wirtschaftlichen Landung, andererseits aber auch mit einer sich abzeichnenden Entspannung bei der Zinsentwicklung.
Es ist keine 48 Stunden her, dass bereits die UBS eine Kaufempfehlung für die Valoren der Partners Group ausgesprochen hat. Die grösste Schweizer Bank veranschlagt ein etwas bescheideneres 12-Monats-Kursziel von 1378 (zuvor 1174) Franken, wobei sie sich insbesondere im Zusammenhang mit dem amerikanischen Partnerunternehmen Blackrock zusätzliches Geschäftsvolumen verspricht.
Mit der Kaufempfehlung bescherte die UBS den Partners-Group-Aktien gestern Dienstag zeitweise Kursgewinne von fünf Prozent und mehr. Bei Börsenschluss resultierte dann ein eher mageres Plus von weniger als einem Prozent. Angeblich seien amerikanische Kreise in die Kursstärke hinein als Verkäufer in Erscheinung getreten, wie mir berichtet wird.
Die Valoren von Zurich Insurance stecken die Herunterstufung vergleichsweise gut weg (Quelle: www.cash.ch)
Die dividendenstarken Aktien von Zurich Insurance kommen in einer Studie von Morgan Stanley zur europäischen Versicherungsindustrie vergleichsweise schlecht weg. Die Autoren um Ismael Dabo erhöhen das Kursziel zwar leicht auf 510 (zuvor 505) Franken, gehen gleichzeitig jedoch von «Equal-weight» auf «Underweight» und geben den Valoren von Axa und Hannover Re klar den Vorzug.
Wie Dabo und seine Mitautoren schreiben, blicken die Zurich-Aktien – wie viele andere europäische Versicherungswerte auch – auf ein sehr erfreuliches 2024 zurück. In Erwartung, dass die Prämienentwicklung und der Zinszyklus ihren Höhepunkt durchschritten haben könnten, sehen sie bei der Gewinnentwicklung nun eher wieder Raum nach unten. Die Herunterstufung der Valoren von Zurich Insurance gehen übrigens mit einer Reduktion des Branchen-Ratings von «Overweight» auf «In-Line» einher. Vor diesem Hintergrund halten sich die Aktien der Versicherungsgruppe aus der Schweiz überraschend gut.
Für mich ist das ein ziemliches Unding, wenn Analysten für eine Aktie wie für jene von Nestlé nach einer Kurshalbierung innerhalb von weniger als zwei Jahren in unmittelbarer Nähe zu den langjährigen Tiefstkursen eine Verkaufsempfehlung auszusprechen – umso mehr als dem Unternehmen eine Krise angedichtet wird, die es so schlichtweg nicht gibt. Zum guten Glück spricht die Börsenreaktion von heute Mittwoch eine Sprache für sich...
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6 Kommentare
Analysten sind für Ihre Arbeitgeber stets an dem Motto rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln interessiert und
die Vorhersagen und Prognosen sind mehr als windig und oft abenteuerliche Spekulationen zum Schaden der Anleger.
Nestle hat durch das Verhalten und Vorgehen des gesamten Kontrollorgans Vertrauen und Zutrauen unnötig verloren. Anleger, mutmaßlich auch Mitarbeiter sind massiv irritiert. Das Elend wurde durch die - miserabel begründete - Hals über Kopfaktion anlässlich der Entlassung des Herrn Mark Schneider massiv verschärft. Man hat den Eindruck das gesamte Kontrollorgan nebst Führung ist überfordert. Man hört nix und sieht nix, fehlende Strategie und Führung! Die Stagnation begann lange vor Eintritt des Herrn Mark Schneider als CEO . Gewinne zunehmend den Eindruck es wird Zeit verschlafen, auch Nestle ist kein Selbstläufer u. wurde in der Vergangenheit bis einschließlich Herrn Brabeck durch extrem fähige und engagierte Kapitäne auf Kurs gehalten. Jetzt gibt es diesbezüglich Unklarheiten. Das kann und darf so nicht bleiben!
Schön wäre mein Eindruck würde täuschen, allein mir fehlt das Zutrauen.
Danke für Ihre Zeilen. Auch für mich lässt sich der Wechsel an der Nestlé-Spitze nur schwer erklären. Meine Vermutung: Mark Schneider wollte zu einschneidende Veränderungen. Das würde auch erklären, weshalb sich der VR mit Laurent Freixe für einen "Nestlé-Veteranen" als Nachfolger Schneiders entschieden hat. Das Umfeld für grosse Nahrungsmittelhersteller wie Nestlé ist heute deutlich anspruchsvoller, als es noch vor einigen Jahren war. Aber eine "Krise", wie sie in den Medien und an der Börse herbeigeredet wird, will sich mir eigentlich immer noch nicht erschliessen.
Von den Angelsachsen kann ich nur die Analysten von Goldman Sachs einigermassen ernst nehmen….
Ich verfolge die Arbeit einiger "Veteranen" unter den Aktienanalysten schon eine ganze Weile. Mit der Zeit bekommt man ein bisschen ein Gespür bzw. mit der Zeit trennt sich die Spreu bekanntlich vom Weizen. Es gibt auch ausserhalb von Goldman Sachs gute Analysten. Wie in meiner Kolumne erwähnt u.a. eben Jeff Stent von BNP Paribas.
Bei Nestlé wäre ich vorsichtig, wenn man mit Kraft Heinz vergleicht, noch viel Potential nach unten. Nur weil eine Aktie gefallen ist, muss sie nicht steigen. Der Wasserkopf bei Nestlé ist teuer.
Nestlé scheint mir deutlich breiter abgestützt als Kraft Heinz. Aber ja: Es gibt bei den Westschweizern ganz klar Sparpotenzial. Dieses gilt es auszuschöpfen und einen Teil davon in Wachstumsinitiativen zu investieren. Auf den neuen Firmenchef Laurent Freixe wartet viel Arbeit. Hoffen wir, er packt auch die Tabus an.