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Was die Spatzen in Mailand schon seit Wochen von den Dächern pfeifen, ist spätestens seit Freitag offiziell: Die Swisscom sucht ihr Glück im südlichen Nachbarland Italien.
Umgerechnet 7,6 Milliarden Franken lässt sich Firmenchef Christoph Aeschlimann die Übernahme von Vodafone Italia kosten. Nur so konnte er sich letztendlich gegen andere Interessenten wie etwa gegen die finanzstarke Iliad Gruppe des französischen Milliardärs Xavier Niel durchsetzen.
Dass die Tinte auf dem Kaufvertrag bereits trocken ist, überrascht. Denn eigentlich gab es in Bundesbern ja Widerstand gegen die milliardenschwere Übernahme - und das durch sämtliche politische Lager hindurch. Schliesslich bekleidet der Bund beim Telekommunikationsanbieter noch immer die Rolle des Mehrheitsaktionärs.
Rückblickend erkaufte man sich den politischen Rückhalt mit einer progressiven Dividendenpolitik. Eigentlich schienen die 22 Franken je Aktie im Jahr in Stein gemeisselt. Doch nun stellt die Swisscom – vermutlich um die Gemüter in Bern zu besänftigen – ab 2026 eine Dividendenerhöhung auf 26 Franken in Aussicht. In den Folgejahren sollen dann sogar noch höhere Ausschüttungen möglich sein.
Kursentwicklung der Swisscom-Aktien seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)
Keine Frage: Das ist auch Musik in den Ohren der Publikumsaktionärinnen und -aktionäre. Doch was ist, wenn sich herausstellt, dass die Synergien mit Fastweb überschätzt wurden und man die Übernahme von Vodafone Italia überzahlt hat?
Während ein Gros der Analysten in der Übernahme nicht weniger als einen Quantensprung für die Swisscom sieht, schlagen jene der Berenberg Bank eher vorsichtige Töne an. Für sie ist nur schwer nachvollziehbar, weshalb der Telekommunikationsanbieter aus Bern vom Heimmarkt Schweiz weg- und ausgerechnet in den hart umkämpften italienischen Markt hineindiversifiziert.
Letzteres unterlegen die Analysten mit geradezu beeindruckendem Zahlenmaterial. Wie Statistiken nämlich zeigen, schmolz der branchenweite Cash Flow in Italien von 5,6 Milliarden Euro jährlich auf zuletzt noch 800 Millionen Euro zusammen.
Den in Aussicht gestellten Dividendenerhöhungen steht man bei der Berenberg Bank deshalb skeptisch gegenüber. Den zuständigen Analysten fehlt es an konkreten Mittelfristzielen für das Italien-Geschäft, welche den künftigen Ausschüttungsplänen mehr Glaubwürdigkeit verleihen würden. Vielmehr halten sie sogar Dividendenkürzungen für möglich – was aus heutiger Sicht schon ein ziemlicher Schlag wäre. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Aktien bei der Berenberg Bank wie bis anhin nur mit "Hold" und einem Kursziel von 503 Franken eingestuft werden.
Rückblickend rechnete sich in all den Jahren bei weitem nicht jedes Auslandsabenteuer für die Swisscom. Selbst die italienische Tochter Fastweb galt bis vor wenigen Jahren noch als ein Sorgenkind...
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Gestern Montag früh liess Logitech eine kleinere Bombe platzen: Finanzchef "Chuck" Boynton räumt nach gerade etwas mehr als einem Jahr bereits wieder den Sessel – und das auf eigenen Wunsch. Dass der Verwaltungsrat den Aktionärinnen und Aktionären noch keinen Nachfolger präsentieren kann, lässt erahnen, dass dieser Rücktrittswunsch auch ihn überraschend kommt. Dementsprechend ungehalten reagierte die Börse und schickte die Aktien in die Tiefe. Bei Handelsende resultierte ein sattes Minus von 8 Prozent auf 77,40 Franken.
Ein ziemlicher Schlag ist der Rücktritt Boyntons auch für Mensur Pocinci und Markus Wachter von der Bank Julius Bär. Die beiden Charttechniker nahmen die Valoren von Logitech erst letzte Woche bei Kursen von 82 Franken in ihr "Swiss Equities Portfolio" auf. Dort ersetzen sie jene von Geberit, welche ausscheiden.
Kursdebakel bei den Aktien von Logitech rund um den Rücktritt des Finanzchefs (Quelle: www.cash.ch)
Nichts scheut die Börse so sehr wie die Ungewissheit. Und wie immer, wenn ein Finanzchef nach viel zu kurzer Zeit den Hut nimmt, wird viel über die Beweggründe spekuliert. Auch bei Logitech dürfte sich der Nebel nur sehr langsam lichten...
...selber könnte ich mir gut vorstellen, dass bei Boynton ein noch lukrativeres Stellenangebot eingegangen ist, welchem er nicht widerstehen konnte. So wäre ja bekanntlich bei Sandoz der Sessel des Finanzchefs noch zu haben.
Schlaflose Nächte brauchen sich die für die Bank Julius Bär tätigen Pocinci und Wachter wegen dem Kursknick bei Logitech dennoch nicht zu machen, haben die beiden Charttechniker mit ihrem "Swiss Equities Portfolio" die Nase gegenüber dem Swiss Performance Index (SPI) seit Jahresbeginn doch noch immer vorn.
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