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Wann geht der erste Covid-19-Impfstoff in Grossproduktion? Diese Frage beschäftigt die Aktienmärkte schon seit Wochen, wenn nicht gar schon seit Monaten. Man muss kein eingefleischter Börsianer sein, um zu erahnen, dass sehr viel mehr dahinter steckt als bloss die Hoffnung auf eine Rückkehr zur Normalität. Dazu gehören jedoch auch Rückschläge wie der Unterbruch der Impfstoff-Studie bei AstraZeneca.
In einem mir aus London zugespielten Strategiepapier aus dem Hause UBS beschäftigen sich die Autoren um Nick Nelson ausgiebig mit diesem Thema – mit einem ziemlich überraschenden Ergebnis: Gerade dem Schweizer Aktienmarkt würde ein baldiger Durchbruch bei der Entwicklung eines Impfstoffs alles andere als helfen.
Wie Nelson und seine Mitautoren festhalten, reagierten in der jüngeren Vergangenheit vor allem die Aktien von Unternehmen aus der Bauindustrie, der Transportindustrie, der Automobilindustrie sowie der Investitionsgüterindustrie mit Kursgewinnen auf die Nachricht von Fortschritten. Damit einhergehend, konnten die Frankfurter Börse und die französische Börse in Paris am deutlichsten zulegen – unter anderem zu Lasten des Schweizer Aktienmarkt und seiner defensiven Indexschwergewichte.
Die Strategen der UBS setzen hierzulande stattdessen auf Papiere wie jene von Adecco, Credit Suisse oder Julius Bär, um auf einen Durchbruch bei der Entwicklung eines Covid-19-Impfstoffs zu wetten.
Gerade die Aktien von Julius Bär hatten in den letzten Tagen einen schweren Stand (Quelle: www.cash.ch)
Das deckt sich übrigens mit den Aussagen ihrer Berufskollegen bei Morgan Stanley. Diese wiederum setzen darüber hinaus auch noch auf die Aktien von LafargeHolcim. Gleichzeitig stufen die Amerikaner die europäischen Pharma- und Telekommunikationswerte von "Neutral" auf "Underweight" herunter und räumen diesen künftig nur noch ein unterdurchschnittliches Gewicht in den Kundenportefeuilles ein.
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In wenigen Tagen kommt es zum Ritterschlag für die Partners Group: Dann nämlich, wenn die Aktien der Risikokapitalspezialistin für jene des Stellenvermittlers Adecco in den renommierten Swiss Market Index (SMI) aufsteigen. Ob indexorientierte Marktakteure deswegen nun im grossen Stil Titel zukaufen müssen, darüber gehen die Meinungen in den Handelsräumen hiesiger Banken auseinander.
Am gestrigen Dienstag wartete die Partners Group jedenfalls mit einem sehr ansprechenden Zahlenkranz auf. Dank einem geringeren Rückgang bei den erfolgsabhängigen Erträgen übertraf der Reingewinn in der ersten Jahreshälfte selbst die optimistischsten Analystenschätzungen.
Nach einem frühen Vorstoss in die Nähe von 925 Franken gerieten die Aktien der Risikokapitalspezialistin im weiteren Tagesverlauf allerdings unter Verkaufsdruck. Denn die starken Schwankungen bei den erfolgsabhängigen Erträgen zeigen: Vor den Wirtschaftszyklen und den Launen der Finanzmärkte ist selbst eine Partners Group nicht gefeit.
Das wiederum sorgt für Wasser auf die Mühlen des für die Berenberg Bank tätigen Analysten Chris Turner mit seiner Verkaufsempfehlung und dem 545 Franken lautenden Kursziel. Da die Gewinnentwicklung starken Schwankungen unterliege, lasse sich die hohe Bewertung der Aktien nicht rechtfertigen, so Turner.
Ich bin jetzt schon neugierig, ob es der Partners Group in der zweiten Jahreshälfte gelingen wird, den angriffigen Analysten eines Besseren zu belehren.
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Nichts lieben die hiesigen Marktakteure mehr, als wenn ein Tech-Gigant wie Amazon bei einem kleineren Unternehmen aus der Schweiz anklopft. So geschehen vor wenigen Tagen bei Kudelski. Und es ist beileibe nicht der erste Tech-Gigant, der am Hauptsitz in Lausanne vorstellig wird. Egal ob Google, Netflix oder Microsoft - kaum ein amerikanisches Vorzeigeunternehmen, das nicht auf das geistige Eigentum der Westschweizer angewiesen wäre. Und noch besser: Sie alle sind bereit dafür zu bezahlen.
Kursfeuerwerk bei den Kudelski-Aktien nach Bekanntwerden der Zusammenarbeit mit Amazon (Quelle: www.cash.ch)
Das ruft nun aber UBS-Analyst Joern Iffert auf den Plan. Wie er schreibt, werden die Neuigkeiten völlig falsch ausgelegt. Seines Erachtens handelt es sich nicht um einen Auftrag seitens der Amerikaner, sondern bloss um eine Autorisierung. Iffert schätzt den Zusatzumsatz auf 2 bis 3 Millionen Dollar, verteilt auf mehrere Jahre. Er bekräftigt deshalb sowohl seine Verkaufsempfehlung als auch das 12-Monats-Kursziel von gerade mal 2 Franken.
Wenn das Kursfeuerwerk vom Freitag etwas zeigt, dann dass Angst an der Börse ein schlechter Ratgeber ist – selbst die Angst, etwas zu verpassen...
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