Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

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Die letzten Tage waren einmal mehr ziemlich intensiv. Und ich spreche hier nicht nur für uns Wirtschaftsjournalisten und Börsenkolumnisten, sondern auch als Aktienanleger. Dass der Schweizer Aktienmarkt am Swiss Performance Index (SPI) gemessen über die letztjährige Bestmarke vorstossen konnte und auf dem höchsten Stand seit dem Frühsommer 2022 notiert, ist mehr als erfreulich. Auch die bisherige Jahresbilanz kann sich sehen lassen, liegt das breit gefasste Börsenbarometer doch mit gut 5 Prozent im Plus.

Allerdings verliert man angesichts der vielen Jahresabschlüsse, Unternehmensmeldungen und Aktienumstufungen ziemlich schnell den Überblick. Ich selber bin mal wieder an einem Punkt angelangt, an dem ich an gewissen Tagen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehe...

...was ich jedoch sehe, ist, dass die hiesigen Gewinner-Aktien immer weiter steigen und die Verlierer-Aktien reihenweise aus den Wertschriftenportefeuilles gekippt werden. Gleichzeitig wird die Kluft zwischen den Gewinner-Aktien und den Verlierer-Aktien grösser und grösser. So launisch präsentierte sich mir das Geschehen in meinen gut drei Jahrzehnten an der Börse noch selten.

Während etwa Momentum-Käufe die Aktien des Pharmazulieferers Lonza oder des Industriekonzerns ABB in immer neue Kurssphären steigen lassen, kranken jene von Sorgenkindern wie Meyer Burger oder AMS Osram an einem zermürbenden Kurszerfall. Ich widmete diesem Thema übrigens am Dienstag eine Kolumne.

Bleiben wir doch gleich bei den Sorgenkindern: Am kommenden Montag befinden die Aktionärinnen und Aktionäre von Meyer Burger über die bis zu 250 Millionen Franken schwere Kapitalerhöhung zur Stärkung der Bilanz. Im Vorfeld davon hatte das Solarunternehmen gestern Donnerstag anlässlich der Jahresergebnisveröffentlichung gleich mehrere Hiobsbotschaften mit im Gepäck.

Mit 292 Millionen Franken wurde im vergangenen Geschäftsjahr deutlich mehr Geld in den Sand gesetzt als die von den Analysten durchschnittlich erwarteten 156 Millionen Franken. Und selbst wenn rund die Hälfte davon auf einmalige Faktoren wie Abschreibungen oder Wertberichtigungen zurückzuführen ist, schmolzen die flüssigen Mittel alleine in den ersten beiden Monaten dieses Jahres von 150 auf 82 Millionen Franken zusammen. Das wiederum lässt erahnen, dass sich die Geldverbrennung zuletzt sogar noch beschleunigt hat.

Die Werkschliessung am Standort Freiberg dürfte diesbezüglich künftig zu einer gewissen Entlastung führen. Wer hinter diesen Plänen bloss eine leere Drohung in Richtung der deutschen Regierung in Berlin vermutete, wurde von Firmenchef Gunter Erfurt spätestens am gestrigen Donnerstag eines Besseren belehrt. Im Umkehrschluss heisst das aber auch, dass sich die Politik nicht – zumindest noch nicht - zu Hilfen für die heimische Solarindustrie durchringen konnte.

Kursentwicklung der Aktien von Meyer Burger seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)

Dass die Aktien von Meyer Burger die Kursverluste nach einem Rücksetzer auf etwas mehr als 4 Rappen im weiteren Tagesverlauf eingrenzen konnten, dürfte den teils aggressiven Deckungskäufen aus dem Lager der Leerverkäufer geschuldet gewesen sein. Erhebungen von S&P Global Markets zufolge liefen bis vor zwei Wochen noch Wetten in Höhe von 26 Prozent aller ausstehenden Titel gegen das Solarunternehmen – wobei es sich bei einem geschätzten Drittel davon um sogenannte Delta-Hedges handeln dürfte.

Weniger als vier Jahre nach der letzten grossen Bilanzsanierung stehen nun gerade die langjährigen Aktionärinnen und Aktionäre von Meyer Burger erneut vor der Wahl: Entweder sie werfen dem schlechten Geld eine ganze Menge gutes hinterher – oder aber sie riskieren eine ziemlich brutale Verwässerung. Immerhin will sich neben dem Ankeraktionär Sentis mit D. E. Shaw Renewable Investments auch der grösste Kunde des Solarunternehmens an der Kapitalerhöhung beteiligen...

Den Vorwurf, man sei ein "Wiederholungstäter", muss sich seit wenigen Tagen etwas salopp gesagt auch der Zugbauer Stadler Rail gefallen lassen. Das Unternehmen aus dem thurgauischen Bussnang verfehlte die Erwartungen der Analysten im vergangenen Jahr mit einem operativen Gewinn (EBIT) von 183 Millionen Franken bei einem Umsatz von 3,61 Milliarden Franken einmal mehr ziemlich deutlich.

Und als ob das für sich alleine nicht schon Schmach genug wäre, gab der Zugbauer auch gleich noch enttäuschende Vorgaben fürs laufende und die beiden Folgejahre ab. Für 2024 wird ein Jahresumsatz zwischen 3,5 bis 3,7 Milliarden Franken bei einer operativen Marge (EBIT) in Höhe von 5,1 Prozent angestrebt, fürs Jahr darauf hingegen ein Umsatz von 4 bis 4,2 Milliarden Franken bei einer operativen Marge in Höhe von rund 7 Prozent. 2026 soll der Umsatz dann zwischen 5 und 5,5 Milliarden Franken und die operative Marge zwischen 7 und 8 Prozent liegen.

Bislang waren Analysten für 2024 von einem Umsatz von 4 Milliarden Franken bei einer operativen Marge von 5,8 Prozent und für 2025 von einem Umsatz von 4,4 Milliarden Franken bei einer operativen Marge von 6,6 Prozent ausgegangen. Für 2026 liegen mir hingegen noch keine konkreten Schätzungen vor.

Wo Schatten ist, da ist ja bekanntlich auch Licht. So übertraf etwa der freie Cashflow mit 749 Millionen Franken dank Fortschritten bei der Kapitalbindung des Umlaufvermögens und hohen Vorauszahlungen seitens von Auftraggebern selbst die kühnsten Erwartungen ziemlich deutlich. Allerdings lassen die Aussagen des Unternehmens anlässlich der Telefonkonferenz vom Mittwochnachmittag darauf schliessen, dass es sich hierbei um einen einmaligen Ausrutscher handeln könnte. Mehrere Grossaufträge aus Deutschland mit eher späten Zahlungsverpflichtungen lassen ab dem laufenden Jahr wieder eine steigende Kapitalbindung erahnen.

Interessant ist, dass die Analysten den Stadler-Rail-Aktien auch weiterhin die Stange halten. Alexander Burgansky von Research Partners stufte die Valoren des Zugbauers gestern Donnerstag sogar mit einem Kursziel von 34,10 (zuvor 32,50) Franken von "Halten" auf "Kaufen" herauf. Er argumentiert dabei mit den randvollen Auftragsbüchern, der starken Marktstellung sowie mit den Expansionsmöglichkeiten nach Übersee.

Wie wurde Stadler Rail in den Wochen vor dem Börsendebüt von Mitte April 2019 von den Medien und in Bankenkreisen doch in den Himmel gelobt. Angesichts der starken Stellung der Eisenbahn im öffentlichen Verkehr der Schweiz habe die Aktie das Zeug, zur "Volks-Aktie" zu werden, hiess es damals. Zudem ist mit Firmenpatron und Ankeraktionär Peter Spuhler ein bekannter und erfahrener Wirtschafts-Kapitän mit an Bord.

Zu Kursen von 38 Franken an die Börse gekommen, notieren die Valoren weit unter dem seinerzeitigen Ausgabepreis. Der Zugbauer bleibt den hohen Erwartungen von damals bis heute denn auch vieles schuldig. Über gut gefüllte Auftragsbücher zu verfügen, ist das eine. Diese Aufträge in Umsätze und Gewinne umzumünzen, hingegen etwas ganz anderes.

Die Swisscom sucht ihr Glück im südlichen Nachbarland Italien. Dass die Tinte auf dem Kaufvertrag für Vodafone Italien bereits trocken ist, überrascht. Denn eigentlich gab es in Bundesbern ja Widerstand gegen die 8 Milliarden Euro schwere Übernahme - und das durch sämtliche politische Lager hindurch. Schliesslich bekleidet der Bund beim Telekommunikationsanbieter noch immer die Rolle des Mehrheitsaktionärs.

Kursentwicklung der Aktien von Swisscom im bisherigen Tagesverlauf (Quelle: www.cash.ch)

Rückblickend erkaufte man sich den politischen Rückhalt mit einer progressiven Dividendenpolitik. Eigentlich schienen die 22 Franken je Aktie im Jahr in Stein gemeisselt. Doch nun stellt die Franken – vermutlich um die Gemüter in Bern zu besänftigen – ab 2026 eine Dividendenerhöhung auf 26 Franken in Aussicht. In den Folgejahren sind dann sogar noch höhere Ausschüttungen möglich.

Das ist auch Musik in den Ohren der Publikumsaktionärinnen und -aktionäre. Ähnliches gilt für die Synergien zwischen der Swisscom-Tochter Fastweb und Vodafone Italien. Diese werden mit bis zu 600 Millionen Euro angegeben, was weit über den bisherigen Analystenschätzungen von 400 Millionen Euro liegt.

Die Nachricht, dass der Kaufvertrag für Vodafone Italien unterschrieben sei, zog heute Freitag sogar den Franken in Mitleidenschaft. In Erwartung, dass die Swisscom für die Übernahme 8 Milliarden Euro kaufen muss, liess den Franken gegen den Euro kurzerhand tauchen.

Zugegeben: Die milliardenschwere Übernahme in Italien hat durchaus das Zeug, zu einem Quantensprung für die Swisscom zu werden. Allerdings sei an dieser Stelle erwähnt, dass in all den Jahren längst nicht jedes Auslandsabenteuer für den ehemaligen Monopolisten auch aufging. Selbst die Tochter Fastweb galt unter dem Schweizer Mutterhaus bekanntlich einst als Sorgenkind...

Kommende Woche steht das Geschehen auch bei uns am Schweizer Aktienmarkt ganz im Zeichen der Geldpolitik. Neben der amerikanischen Notenbank am Mittwoch, wird am Donnerstag auch die Schweizerische Nationalbank (SNB) über den Leitzins befinden. So früh im Jahr erscheinen erste Leitzinsreduktionen zwar unwahrscheinlich. Völlig ausschliessen lassen sich Überraschungen angesichts der zuletzt zahmen Teuerung dann allerdings doch nicht. Mehr dazu am nächsten Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

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