Der cash Insider berichtet im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.
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Bei uns am Schweizer Aktienmarkt stand das Geschehen in den letzten Tagen ganz im Zeichen der Jahresberichterstattung. Neben dem Aromen- und Duftstoffhersteller Givaudan, dem Pharmazulieferer Lonza und dem Unterhaltungselektronikhersteller Logitech aus dem Swiss Market Index (SMI) legten auch der Warenprüfkonzern SGS sowie die Uhrenherstellerin Swatch Group ihre Zahlenkränze fürs vergangene Geschäftsjahr vor. Von den vielen Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe gar nicht erst zu sprechen.
Für grössere Bewegungen bei den betroffenen Aktien war damit gesorgt – wobei teilweise sogar zweistellige Kursausschläge zu beobachten waren. Folglich sind auf der Liste der hiesigen Wochengewinner und -verlierer gleich mehrere dieser Unternehmen anzutreffen.
Aufatmen dürfen die Aktionärinnen und Aktionäre von Lonza. Allen Unkenrufen zum Trotz blicken die Basler auf eine erfreuliche zweite Jahreshälfte zurück. Auf das Gesamtjahr betrachtet steigerte der Pharmazulieferer den Umsatz zu konstanten Wechselkursen sogar zweistellig.
Vorbehalte, wonach das Unternehmen mit enttäuschenden Margenvorgaben fürs laufende Jahr aufwarten könnte, erweisen sich rückblickend als unbegründet. Die diesjährigen Finanzziele werden ebenso bestätigt wie die erst im Oktober kommunizierten neuen Mittelfristziele.
Die Lonza-Aktien starten seit Handelsbeginn richtig durch (Quelle: www.cash.ch)
Baehny kann sich nun voll und ganz auf seine Rolle als Übergangschef konzentrieren. Das ist auch gut so, zeigt das letztjährige Ergebnis doch, dass in den beiden Bereichen Cell & Gene sowie Capsules & Health Ingredients durchaus noch Raum nach oben besteht.
Ziemlich emotionsgeladen sei es an der Telefonkonferenz der Swatch Group zu- und hergegangen, wie mir gleich mehrere Teilnehmende bestätigen. Nachdem der Uhrenhersteller aus Biel die Gewinnerwartungen in der zweiten Jahreshälfte ziemlich deutlich verfehlt hatte, musste sich Firmenchef Nick Hayek unangenehmen Fragen stellen. Angeblich tat er dies denn auch – allerdings ziemlich genervt. Ab einem gewissen Punkt habe er die Fassung verloren und den Analysten gezeigt, "wo der Bartli den Most holt".
Schon sein Vater machte zu Lebzeiten kein Geheimnis daraus, was er von den Banken und ihren Analysten hält: Nämlich wenig bis gar nichts. Da stellt sich mir doch die Frage, weshalb die Familienaktionäre das Unternehmen nicht schon längst von der Börse genommen haben.
Dass der Frust am Hauptsitz der Swatch Group in Biel tief sitzt, überrascht mich übrigens nicht. Gleich mehrere Banken quittierten die jüngste Gewinnenttäuschung mit Herunterstufungen – so etwa Kepler Cheuvreux von "Buy" auf "Hold" mit einem Kursziel von 220 (zuvor 300) Franken oder Mediobanca von "Outperform" auf "Neutral" bei einem Kursziel von 240 (zuvor 355) Franken.
Unmissverständliche Worte findet auch Vontobel-Analyst Jean-Philippe Bertschy. Er stösst sich daran, dass die Nettoliquidität bis Ende Dezember auf rund 2 Milliarden Franken zusammengeschmolzen ist. Diese Entwicklung ist einerseits erheblichen Investitionen, andererseits aber auch höheren Lagerbeständen geschuldet. Bertschy sieht in beidem vor allem eines: Eine gewagte Wette des Unternehmens auf einen möglichen Aufschwung. Doch was, wenn dieser ausbleibt...?
Keine hohen Wellen warf gestern Donnerstag eine Offenlegungsmeldung des Spezialitätenchemieherstellers Clariant an die SIX Swiss Exchange. Das überrascht, war der besagten Meldung doch zu entnehmen, dass David Winter und David Millstone ihre Beteiligung an den Baselbietern still und leise wieder auf unter drei Prozent reduziert haben. Bei den beiden "Davids" handelt es sich um niemanden geringeres als um die beiden Co-Chefs von Standard Industries.
Wer sich schon länger für die Börse interessiert, dem dürfte vielleicht der Name "White Tale" noch etwas sagen. Es war diese oppositionelle Aktionärsgruppe, welche vor zig Jahren den Zusammenschluss von Clariant mit der amerikanischen Huntsman vereitelte und ihr Aktienpaket letztendlich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit einem satten Aufpreis an die saudische Sabic verkaufte.
Kursbilanz der Clariant-Aktien in den vergangenen 12 Monaten (Quelle: www.cash.ch)
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass damals hinter vorgehaltener Hand von einem Verkaufserlös von mehr als 32 Franken je Aktie zu hören war. Umso mehr war das mediale Echo gross, als sich David Winter und David Millstone über ihr Investment-Vehikel Standard Latitude Master Fund wieder mit gut drei Prozent beim Spezialitätenchemiehersteller einnisteten.
Gross rein, klein raus – so würde man dem kurzen Gastspiel der Amerikaner in hiesigen Händlerkreisen wohl begegnen. Nun, da die beiden Davids vermutlich ganz ausgestiegen sind, dürften die Clariant-Verantwortlichen nachts endlich wieder ruhiger schlafen.
Das Umstufungs-Karussell dreht sich mit atemberaubender Geschwindigkeit. Ich zählte alleine am Dienstag neun Umstufungen oder Erstabdeckungen – von "A" wie Alcon bis "S" wie Sika. Es sind nicht zuletzt die vielen positiven sowie negativen Zahlenüberraschungen, welche Reaktionen aus der Analystengemeinde nach sich ziehen und uns Wirtschaftsjournalisten zusätzlich auf Trab halten. Angesichts der Nachrichtenflut verliert man schnell einmal die Übersicht. Da ist es aus Anlegersicht besser, wenn man nichts überstürzt und erst einmal abwartet, bis sich der Staub etwas gelegt hat...
Starken Stimmungsschwankungen unterliegen die Aktien von Meyer Burger. Nach dem Kursfiasko der Vorwoche setzte zuletzt eine Erholung ein. Begleitet wurde letztere von aggressiven Deckungskäufen aus dem Lager der Leerverkäufer. Wie mir berichtet wird, nimmt diese verruchte Spezies die teils satten Gewinne auf ihren Wetten gegen das Unternehmen mit. Zu gross ist die Gefahr, dass es nicht bei blossen Worten der deutschen Regierung bleibt und sich die Politik in Berlin auf ein Rettungspaket für die heimische Solarindustrie einigen kann.
Zur Erinnerung: Vorderen Mittwoch wartete Meyer Burger mit einem schwachen Jahresergebnis auf. Gleichzeitig kündigte man an, die Modulproduktion im deutschen Freiberg einstellen und die Produktion künftig nach Übersee verlagern zu wollen.
Gerade weil der endgültige Entscheid seitens des Unternehmens noch nicht gefallen ist, äusserte ich kürzlich folgende Vermutung:
Nun scheint in Berlin so etwas wie Bewegung in die Angelegenheit zu kommen. Nichtsdestotrotz ist einigen bedeutenden Aktionären die Situation bei Meyer Burger wohl zu brenzlig geworden. In den letzten Tagen reduzierte erst die britische Vermögensverwaltungstochter von BNP Paribas ihr Aktienpaket auf unter 3 Prozent, gefolgt von UBS Fund Management. Gut möglich sogar, dass beide Grossaktionäre vorsorglich ganz ausgestiegen sind. Wochen zuvor hatte bekanntlich ja schon der amerikanische Hedgefonds-Milliardär Israel Englander (Millennium Partners) die Reissleine gezogen.
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1 Kommentar
Die UBS war ganz sicher auch unter den Shorties zu finden.