Der cash Insider berichtet im Insider Briefing börsentäglich von brandaktuellen Beobachtungen rund um den Schweizer Aktienmarkt und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.
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Die gute Nachricht zuerst: Die Zwischenbilanz der Quartalsberichterstattung kann sich sehen lassen. Eine überwältigende Mehrheit der hiesigen Unternehmen übertraf die Analystenerwartungen zwischen Anfang Juli und Ende September teilweise deutlich. Nicht eben wenige stellten dabei selbst die optimistischsten Annahmen in den Schatten.
Die schlechte Nachricht: Wahrscheinlich ist die von Analysten für das kommende Jahr prognostizierte Erholung von 30 Prozent bei den Unternehmensgewinnen dennoch zu hoch gegriffen. Die Wahrheit dürfte aus heutiger Sicht wohl näher bei 20 als bei 30 Prozent liegen.
Wichtige Erkenntnisse erhoffe ich mir vom Schlussquartal. Bis die hiesigen Publikumsgesellschaften ihre Jahresergebnisse vorlegen, wird es locker Mitte Januar. In einigen Fällen sind die Aktionärinnen und Aktionäre sogar dazu verdammt, bis in den März zu warten. Erst dann schlägt die Stunde der Wahrheit.
Wie schnell sich das Tagesgeschäft bei vielen Unternehmen im Laufe des dritten Quartals belebt hat, ist schon ziemlich beeindruckend. Hinzu kommt, dass diese Belebung auf pandemiebedingt ausgedünnte Kosten traf. Auch ich muss reumütig einräumen, den Nachholeffekt nach dem pandemiebedingt schwachen zweiten Quartal unterschätzt zu haben.
Auf die Gefahr hin, dass mir nachgesagt wird, ich sei ein unverbesserlicher Pessimist: Je früher und umfassender der besagte Nachholeffekt im dritten Quartal einsetzte, desto früher läuft er wieder aus. Anleger und Analysten sind deshalb gleichermassen gut beraten, wenn sie die im dritten Quartal beobachtete Belebung nicht zu sehr in die Zukunft extrapolieren.
Inwiefern die Unternehmensgewinne überhaupt noch einen Einfluss auf die Aktienkursentwicklung haben, wird sich ebenfalls zeigen müssen. Bekanntlich hebt die (Liquiditäts-)Flut ja alle Boote. Und darf man einem mir zugespielten Strategiepapier der UBS Glauben schenken, dann dürften den Aktienmärkten nach den Wahlen bis zu 4000 Milliarden Dollar aus den Anleihen zufliessen. Bei dieser geradezu abenteuerlichen Prognose stützen sich die in New York sitzenden Autoren um den dortigen Strategen Keith Parker auf historische Durchschnittswerte sowie auf die hohe Überschussliquidität ab.
Bilanz der letzten Jahre
Jahr | Aktienfavoriten | SPI |
2013 | +40,1 Prozent | +23,9 Prozent |
2014 | +11,4 Prozent | +15,2 Prozent |
2015 | + 4,1 Prozent | + 2,4 Prozent |
2016 | - 3,7 Prozent | - 1,7 Prozent |
2017 | +23,6 Prozent | +20,1 Prozent |
2018 | - 19,1 Prozent | - 8,8 Prozent |
2019 | +25,4 Prozent | +30,6 Prozent |
2020* | - 4,4 Prozent | - 7,5 Prozent |
* Schlusskurse vom 30. Oktober 2020
Seitens von börsengehandelten Indexfonds und passiven Aktienfonds versprechen sich Parker und seine Mitautoren einen Zufluss von 300 Milliarden Dollar oder mehr, von aktiven Aktienfonds darüber hinaus gar einen von bis zu 475 Milliarden Dollar. Unnötig zu erwähnen, dass solche Zuflüsse die Kurse wohl noch einmal kräftig steigen liessen.
Und wenn wir schon bei beeindruckenden Zahlen sind, dann möchte ich meinen Leserinnen und Lesern an dieser Stelle Erhebungen von Merrill Lynch nicht vorenthalten. Wie die mächtige amerikanische Investmentbank vorrechnet, kam es in den letzten 13 Jahren zu nicht weniger als 972 Leitzinsreduktionen seitens der Zentralbanken. Darüber hinaus pumpten letztere ganze 19000 Milliarden Dollar über Wertpapierkäufe ins Finanzsystem. Ein Ende scheint nicht in Sicht. Erst am gestrigen Dienstag kündigte die australische Notenbank neue Wertpapierkäufe an. Wenige Tage zuvor stellte schon die Europäische Zentralbank weitere Lockerungsmassnahmen für Dezember in Aussicht.
Die Gleichung der Banken und ihrer Aktienstrategen ist denkbar einfach: Je mehr die zweite Pandemiewelle an Wucht gewinnt, desto weiter öffnen die Geldpolitiker ihre Liquiditätsschleusen. Wenn das bloss gut kommt...
Nicht nur zur momentanen Börsensituation - auch bei meinen Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2020 gibt es Erfreuliches und weniger Erfreuliches zu berichten. Rückblickend blieb der Börsenrücksetzer der letzten Wochen nicht ohne Folgen. Gegenüber Ende Dezember errechnet sich bei meinen Aktienfavoriten – Stand Ende Oktober - wieder ein durchschnittliches Minus von 4,43 Prozent. Dem steht ein gar um 7,54 Prozent tieferer Swiss Performance Index (SPI) gegenüber.
Aktuelle Positionen Aktienfavoriten
Titel | Anzahl | Einstand | akt. Wert* | Erfolg | G/V |
Barmittel | 17'773,61 | ||||
ABB N | 425 | 23,58 | 9'456,25 | - 565,25 | - 5,64 Prozent |
AMS I | 650 | 8,98 | 8'842,50 | + 4'801,58 | +118,82 Prozent |
LafargeHolcim N | 250 | 50,58 | 9'837,50 | - 2'807,45 | - 22,20 Prozent |
Nestlé N | 90 | 111,00 | 9'279,00 | - 711,00 | - 7,12 Prozent |
Swatch Group N | 200 | 41,62 | 7'488,00 | - 836,00 | - 10,04 Prozent |
UBS Group N | 910 | 12,14 | 9'686,95 | - 1'357,99 | - 12,30 Prozent |
Klingelnberg N | 411 | 24,30 | 5'959,50 | - 4'027,80 | - 40,33 Prozent |
OC Oerlikon N | 1'275 | 10,26 | 8'128,12 | - 4'958,02 | - 37,89 Prozent |
Stadler Rail N | 250 | 39,30 | 9'120,00 | - 705,00 | - 7,18 Prozent |
Total | 95'571,43 | - 4,43 Prozent |
* Schlusskurse vom 30. Oktober 2020
Eine grosse Enttäuschung bleiben die Aktien von Stadler Rail. Erst vor wenigen Tagen kürzte mit der Credit Suisse eine weitere Bank die Gewinnschätzungen für den Hersteller von Schienenfahrzeugen. Zudem drückt ein möglicher Ausstieg der RAG-Stiftung auf die Kursentwicklung. Auch von den Papieren von Nestlé habe ich mir angesichts der kräftigen Wachstumsbelebung im dritten Quartal mehr erhofft. Ich frage mich, was es denn noch braucht, um das Schwergewicht aus seinem Dornröschenschlaf wecken zu können.
Grössere Sektorrotationen liessen das Minus bei meinen Aktienfavoriten in den letzten Tagen übrigens von 4,43 auf 0,39 Prozent zusammenschmelzen. Dass der Abstand zum SPI dadurch sogar noch wuchs, ist für mich schon ziemlich erfreulich.
Apropos Sektorrotationen: Am gestrigen Dienstag berichtete ich in meiner Kolumne von einem regelrechten Dammbruch, ausgelöst durch ein Strategiepapier von J.P. Morgan. Darin liess die mächtige amerikanische Investmentbank gleich zwei Bomben platzen. Einerseits ist sie erstmals seit zwei Jahren nicht mehr länger heiss auf Technologieaktien, andererseits preist sie neuerdings die Bank- und Versicherungsaktien zum Kauf an. Das Kursfeuerwerk der vergangenen zwei Tage lässt erahnen, dass die Amerikaner auf Worte nun auch Taten folgen lässt.
Ich schrieb in diesem Zusammenhang:
Ich bleibe bei meiner Einschätzung, dass die Zinsentwicklung in New York darüber entscheiden wird, ob die Branchenrotationen der letzten Tage zu einem Selbstläufer werden. Schliesslich macht eine Schwalbe noch keinen Frühling - so sehr ich es mir auch wünschen würde...
Bisherige Transaktionen Aktienfavoriten
Datum | Titel | Anzahl | Kurs | Total | ||
27.12.2019 | ABB N | Kauf | 425 | 23,58 | Franken | 10'050,50- |
27.12.2019 | LafargeHolcim N | Kauf | 185 | 53,90 | Franken | 10'000,50- |
27.12.2019 | Lonza N | Kauf | 28 | 355,50 | Franken | 9'983,00- |
27.12.2019 | Swatch Group I | Kauf | 37 | 269,80 | Franken | 10'011,60- |
27.12.2019 | Temenos N | Kauf | 65 | 154,05 | Franken | 10'042,25- |
27.12.2019 | UBS N | Kauf | 817 | 12,24 | Franken | 10'029,08- |
27.12.2019 | Ascom N | Kauf | 930 | 10,74 | Franken | 10'017,20- |
27.12.2019 | Klingelnberg N | Kauf | 411 | 24,39 | Franken | 10'016,30- |
27.12.2019 | OC Oelikon N | Kauf | 876 | 11,41 | Franken | 10'024,16- |
11.02.2020 | Put WTEA1V | Kauf | 3'250 | 0,25 | Franken | 874.00- |
02.03.2020 | Put WTEA1V | Verkauf | 3'250 | 0,58 | Franken | 1'856,00+ |
02.03.2020 | Swatch Group I | Verkauf | 37 | 223,20 | Franken | 8'229,40+ |
02.03.2020 | Swatch Group N | Kauf | 200 | 41,62 | Franken | 8'353,00- |
26.03.2020 | AMS I | Kauf | 540 | 9,27 | Franken | 5'034,80- |
01.04.2020 | AMS I | Kauf | 560 | 8,70 | Franken | 4'901,00- |
09.04.2020 | OC Oerlikon N | Kauf | 117 | 7,45 | Franken | 900,65- |
24.04.2020 | Put AMSBBZ | Kauf | 11'000 | 0,065 | Franken | 744,00- |
30.04.2020 | Put AMSBBZ | Verkauf | 11'000 | 0,03 | Franken | 301,00+ |
04.05.2020 | Lonza N | Verkauf | 28 | 431,00 | Franken | 12'039,00+ |
26.05.2020 | Temenos N | Verkauf | 65 | 149,20 | Franken | 9'669,00+ |
26.05.2020 | Stadler Rail N | Kauf | 250 | 39,30 | Franken | 9'854,00- |
02.06.2020 | AMS I | Verkauf | 450 | 15,55 | Franken | 6'968,50+ |
02.06.2020 | LafargeHolcim | Kauf | 65 | 41,13 | Franken | 2'702,45- |
06.07.2020 | OC Oerlikon N | Kauf | 282 | 7,87 | Franken | 2'248,34- |
06.07.2020 | UBS N | Kauf | 93 | 11,235 | Franken | 1'073,86- |
29.07.2020 | Nestlé N | Kauf | 90 | 111,00 | Franken | 10'019,00- |
03.08.2020 | Ascom N | Verkauf | 930 | 10,38 | Franken | 9'624,40+ |
07.10.2020 | AMS I | Verkauf | 200 | 22,08 | Franken | 4'387,00+ |
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