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Der Schweizer Aktienmarkt ist fest in angelsächsischer Hand. Mächtige Grossinvestoren wie der Vermögensverwalter Blackrock, die Investmentbank Goldman Sachs oder der Fondsriese Fidelity entscheiden darüber, in welche Richtung sich die hiesigen Aktienkurse bewegen.

Wie mir mehrere voneinander unabhängige Londoner Quellen berichten, ziehen angelsächsische Grossinvestoren seit Wochen Gelder aus der Schweiz ab. Das wiederum würde sowohl den schwächeren Franken als auch die durchwachsene Jahresbilanz der Schwergewichte aus dem Swiss Market Index (SMI) erklären.

Doch es kommt noch schlimmer: An der Börse in New York haben Leerverkäufer ihre Wetten gegen zwei Schweizer Grosskonzerne in der ersten Hälfte des Monats April kräftig erhöht.

Das gilt insbesodere für jene gegen den schweizerisch-schwedischen Industriekonzern ABB. Innerhalb von gerademal zwei Wochen schwoll die Anzahl leerverkaufter American Deposit Receipts (ADRs) auf 7,55 Millionen Titel an. Das entspricht einem Anstieg um satte 162 Prozent. Bei keinem anderen an der New York Stock Exchange gehandelten Unternehmen mit einer Börsenkapitalisierung von 25 Milliarden Dollar oder mehr erhöhten die Leerverkäufer ihre Wetten in der besagten Zeitspanne auch nur annähernd so deutlich.

Als ABB am 19. April den Zahlenkranz für die ersten drei Monate vorlegte, kamen die Aktien des Industriekonzerns in den Genuss eines Kursfeuerwerks. Der Grund: Die von einigen Beobachtern befürchtete Enttäuschung blieb aus. Rückblickend verkommt das Kursfeuerwerk allerdings immer mehr zu einem Strohfeuer.

Nur unwesentlich besser erging es dem Basler Börsenurgestein Roche. Vergangene Woche übertraf der Pharma- und Diagnostikkonzern die Analystenerwartungen mit seinen Quartalsumsatzzahlen zwar. Mit dem wohl wenig nachhaltigen Umsatzbeitrag des Grippemedikaments Tamiflu und der enttäuschenden Absatzentwicklung bei den beiden Präparaten Gazyva und Tecentriq waren jedoch rasch konkrete Schwachstellen gefunden.

Kursentwicklung der ADRs von Roche (rot) und ABB (grün) über die letzten 12 Monate (Quelle: www.cash.ch)

Zur Freude der amerikanischen Leerverkäufer, welche in New York mit 1,9 Millionen ADRs gegen Roche spekulieren. Das sind 76 Prozent mehr als noch Ende März.

Ein schwacher Trost bleibt den nicht gerade erfolgsverwöhnten Aktionären von Roche und ABB: Irgendwann werden die Leerverkäufer ihre Wetten wieder schliessen und sich mit Titeln dieser beiden Unternehmen eindecken müssen. Wer amerikanische Marktakteure kennt, der weiss: der Preis ist dann bloss von untergeordneter Bedeutung.

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Die Aktien der Schweizerischen Nationalbank (SNB) werden gerne mit einer Anleihe der Schweizerischen Eidgenossenschaft verglichen. Doch der Vergleich hinkt, erinnert doch bestenfalls die magere (Dividenden-)Rendite von 0,2 Prozent an eine solche Anleihe.

Selbst Anleihen von risikoreichen Schuldnern - sogenannte Ramsch-Anleihen - unterliegen nicht annähernd so starken Kursausschlägen wie die Valoren der SNB. Das ist nicht die Sicherheit, die Anleger mit dem Kauf von Anleihen suchen.

Der raketenhafte Kursanstieg brachte den Aktien bis vor wenigen Wochen gar Vergleiche mit dem Bitcoin ein. Rückblickend nicht ohne Grund: Denn wie die wohl bekannteste Kryptowährung spüren auch sie plötzlich wieder die Erdanziehungskraft.

Auf das Rekordhoch von Anfang April bei 9760 Franken folgte ein Rückschlag auf 6920 Franken. Nach einem vorübergehenden Aufbäumen ist seit Dienstag wieder Verkaufsdruck zu verspüren. Eine Aktie bleibt halt doch eine Aktie und keine Anleihe.

Wie regelmässig in den Monaten, bestimmen auffällig viele Aufträge aus Deutschland das Geschehen in den schlecht handelbaren Valoren der SNB. Der bekannte deutsche Börsenbriefautor Hans Bernecker - er trat dieses Spekulationsfeuerwerk überhaupt erst los (siehe "Geheimnis um Höhenflug der SNB-Aktie gelüftet" vom 21. August) - trifft für einmal keine Schuld. In seiner jüngsten Ausgabe rät er gar, Kurse unter 7600 Franken zum Ausbau bestehender Titelpositionen zu nutzen.

Beeindruckender Höhenflug der Aktien der SNB über die letzten 12 Monate (Quelle: www.cash.ch)

So wird nun  Theo Siegert als möglicher Verkäufer ins Spiel gebracht. Der deutschstämmige Wirtschaftsprofessor und Profi-Aufsichtsrat - er hält 6,72 Prozent aller Aktien - dürfte sich kaum zu diesen Spekulationen äussern. Er gilt als öffentlichkeitsscheu.

Die Versuchung, einen Teil der erratischen Kursgewinne ans Trockene zu fahren, dürfte gross sein. Wies das Aktienpaket Ende Juli letzten Jahres noch einen Verkehrswert von 14,3 Millionen Franken auf, waren es zuletzt fast 50 Millionen Franken. Angesicht dieser Entwicklung dürfte die Frankenschwäche die Freude Siegerts kaum trüben.

Sollte der grösste Einzelaktionär den gesetzlichen Schwellenwert von 5 Prozent unterschreiten, müsste er sich als Verkäufer zu erkennen geben.

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