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Analysten der Bank Vontobel nehmen zu Wochenbeginn gleich bei vier Schweizer Aktien Kurszielreduktionen vor – darunter beim SMI-Schwergewicht Novartis. Neuerdings veranschlagt Pharmaanalyst Stefan Schneider noch ein Kursziel von 101 (zuvor 110) Franken. Er trägt mit den Anpassungen der Anfang Oktober vollzogenen Abspaltung von Sandoz Rechnung. Besser spät als nie...

Sein Interesse gilt nun dem Forschungs- und Entwicklungstag von Ende November. Schneider bleibt zuversichtlich, dass Novartis die eigenen Mittelfristziele – so ambitioniert diese auch erscheinen mögen – erfüllen kann. Er hält deshalb an seiner Kaufempfehlung fest.

Auch beim Pharmazulieferer Bachem kommt es zu einer Kurszielreduktion. Vontobel-Analystin Sibylle Bischofberger sieht das diesjährige Ergebnis neuerdings am unteren Ende der firmeneigenen Zielbandbreite liegen. Darauf abgestützt fällt das Kursziel für die mit "Hold" eingestuften Aktien auf 83 (zuvor 92) Franken. Bischofberger zufolge sind die Valoren nicht eben günstig und die Erwartungen vieler ihrer Berufskollegen bei anderen Banken hoch. Angesichts dieser ungünstigen Kombination rechnet sie künftig mit starken Kursschwankungen.

Kursentwicklung der Bachem-Aktien im bisherigen Jahresverlauf (Quelle: www.cash.ch)

Auf 1820 (zuvor 1930) Franken geht das Kursziel der Zürcher Bank für die Valoren des Genfer Elektronikkonzerns Lem. Wie Analyst Arben Hasanaj schreibt, kehrt nach der ausserordentlich hohen Nachfrage und dem damit verbundenen Preisschub wieder so etwas wie Normalität ein. Er sieht dies mit einer schwächeren Nachfrage einhergehen, insbesondere aus China. In Erwartung, dass Lem künftig wieder Preisdruck ausgesetzt sein könnte, lautet das Anlageurteil wie bis anhin nur "Hold".

Einschneidende Anpassungen nimmt sein Abteilungskollege Jean-Philippe Bertschy beim Luxusgüterhersteller Richemont vor. Letzterer wartete erst am Freitag mit einem enttäuschenden Halbjahresergebnis auf. Etwas tiefere Wachstums- und Margenerwartungen sowie ungünstige Wechselkurseffekte führen dazu, dass das Kursziel auf 155 (zuvor 190) Franken zusammenfällt. Bertschy erachtet das Unternehmen dank der starken Marktstellung im lukrativen Schmuckgeschäft jedoch auch weiterhin gut aufgestellt und die Aktien für kaufenswert.

Mit seiner Kurszielreduktion findet sich der Vontobel-Analyst nach der Ergebnisenttäuschung vom Freitag übrigens in guter Gesellschaft wieder. Auch bei vielen anderen Banken werden die Kursziele für die Valoren von Richemont nach unten angepasst. Ich denke da etwa an die UBS (140 nach 147 Franken), Kepler Cheuvreux (140 nach 150 Franken), Stifel (145 nach 155 Franken), Bank of America (130 nach 140 Franken) oder Goldman Sachs (160 nach 168 Franken). Das höchste Kursziel hat nicht länger die Bank Vontobel, sondern vielmehr die britische Barclays mit 172 Franken ausstehend.

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Ursprünglich zur Behandlung von Diabetes entwickelt, sind Medikamente wie Wegovy von Novo Nordisk oder Mounjaro von Eli Lilly auf bestem Weg dazu, zu Lifestyle-Präparaten zu werden. Seit dem vergangenen Mittwoch darf Mounjaro in den Vereinigten Staaten nun auch offiziell zur Gewichtsreduktion verschrieben werden. Eigentlich legitimiert die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA mit ihrer Marktzulassung bloss, was in dortigen Arztpraxen schon zuvor Alltag war – halt einfach unter dem Deckmantel "off-label".

Der mediale Rummel rund um diese Medikamentenklasse ist riesig – genauso wie die Nachfrage. Novo Nordisk und Eli Lilly kommen mit ihrer Produktion kaum noch hinterher. Mittlerweile werden sogar Befürchtungen laut, wonach die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Diabetes nicht mehr gewährleistet sein könnte.

Und wie immer, wenn sich mit einer Sache sehr viel Geld verdienen lässt, machen sich gewiefte Marktakteure auf die Suche nach möglichen Profiteuren aus der zweiten und dritten Reihe. Diese lassen sich bei uns am Schweizer Aktienmarkt unter den vielen Pharmazulieferern finden.

Bei Bachem etwa weiss man, dass die Bubendorfer bereits mit Eli Lilly Zusammenarbeiten. Wirklich geholfen hat das den Aktien bisher nicht, obwohl sich die Liefervereinbarung auch auf das Diabetesmedikament Mounjaro erstreckt.

Kursentwicklung der Aktien von Dätwyler in den letzten vier Wochen (Quelle: www.cash.ch)

Dass nicht immer alle Hoffnungen erfüllt werden, mussten am Freitag die Aktionärinnen und Aktionäre von Dätwyler erfahren. Das Industrieunternehmen – es stellt unter anderem Komponenten für medizinische Spritzen her - lud zum diesjährigen Investorentag. Doch schon frühmorgens ging aus der Medienmitteilung und den Vorabinformationen hervor, dass die Geschäftsmöglichkeiten, welche sich dem Unternehmen bei Medikamenten wie Wegovy oder Mounjaro bieten, nicht Thema der Veranstaltung sind.

Insbesondere Stifel-Analyst Michael Inauen zeigt sich enttäuscht darüber. Will man ihm Glauben schenken, dann verspüren die Dätwyler-Aktien durchaus einen Hauch Wegovy-Fantasie. Ganz uneigennützig ist diese Aussage nicht, preist Inauen die Valoren doch schon seit einer gefühlten Ewigkeit zum Kauf an. Lautete das Kursziel in der Spitze einst 430 Franken, kommt dieses mit 205 Franken mittlerweile um einiges unaufgeregter daher.

Mich überrascht nicht, dass auch rund um die Aktien hiesiger Pharmazulieferer so etwas wie Goldgräberstimmung ausgebrochen ist. Und auch diesmal gilt: Es ist nicht alles Gold, was glänzt...

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