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Am Dienstag hatte ABB zum diesjährigen Investorentag nach London geladen. Mit einer neuen Strategie, ambitiösen Mittelfristzielen und einem grosszügigen Aktienrückkaufprogramm drückte der neue CEO Ulrich Spiesshofer seinem Arbeitgeber dort erstmals seinen persönlichen Stempel auf.

Nur zwei Tage danach ist von der anfänglichen Euphorie bereits nicht mehr viel zu verspüren. Im Aktionariat des in Zürich beheimateten Industriekonzerns herrscht bereits wieder Katerstimmung. Gerade die angelsächsische Fraktion unter den Aktionären hatte sich eine entschiedenere strategische Neuausrichtung erhofft. "Mit Ausnahme des Aktienrückkaufprogramms nichts als alter Wein in neuen Schläuchen", lautet die nüchterne Kritik.

Zumindest die Kursentwicklung scheint den Kritikern recht zu geben: Nach dem von aggressiven Deckungskäufen begleiteten Feuerwerk vom Dienstag sind die Namenaktien längst wieder unter den Schlussstand vom Vorabend des Investorentages gefallen.

Auch aus der Analystengemeinde kann ABB auf keine Vorschusslorbeeren hoffen. In einem Kommentar zeigt sich der für Barclays Capital tätige Verfasser zwar sichtlich beeindruckt von den in London vorgestellten Produktlösungen. Die Zuversicht der Verantwortlichen in Bezug auf die Wachstumsmöglichkeiten teilt der Experte jedoch nicht. Um die Mittelfristziele erreichen zu können, sei das Unternehmen auf eine signifikante Nachfragebelebung in den Absatzmärkten angewiesen.

Während der Präsentation der einzelnen Divisionen sei ABB nicht Müde geworden, immer wieder die Bedeutung des Zusammenspiels zwischen dem Automations- und dem Strominfrastrukturgeschäft zu betonen.

Da die mit "Equal-weight" und einem Kursziel von 20 Franken eingestuften Aktien einen leichten Bewertungsaufschlag zum europäischen Investitionsgütersektor aufweisen, sieht der Experte die Verantwortlichen nach dem diesjährigen Investorentag in der Beweispflicht.

Ähnlich liest sich ein Kommentar seines für Goldman Sachs tätigen Berufskollegen. Der Verfasser des Kommentars sieht in den neuen Mittelfristzielen ein Eingeständnis, dass sich der Wettbewerb weiter verschärft hat. Mit dem Aktienrückkaufprogramm ergreife ABB im von einem verhalteneren Wachstum geprägten Umfeld die richtige Massnahme. Allerdings sei es gerade in diesem Umfeld schwierig für das Unternehmen, die kommunizierten Mittelfristziele erreichen zu können.

Der Experte empfiehlt die Aktien deshalb weiterhin mit einem Kursziel von 20,50 Franken zum Verkauf.

Allem Anschein nach bin ich nicht der Einzige, der sich vom diesjährigen Investorentag mehr erhofft hatte. Den Problemen im Energietechnikgeschäft mit Restrukturierungen und Kosteneinsparungen zu begegnen, hat sich in der Vergangenheit als wenig erfolgreich erwiesen. Vermutlich ist bei ABB erst dann mit einer grundlegenden Neubeurteilung und –bewertung zu rechnen, wenn sich die Verantwortlichen beim Sorgenkind zu radikaleren Schritten durchringen können.

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Auch bei prominenten Grossinvestoren wird nicht alles, was angerührt wird, gleich zu Gold. Das muss der amerikanische Milliardär Carl Icahn in diesen Tagen am eigenen Leib erfahren. Seine Beteiligung an Transocean steht unter keinem guten Stern. Vergangene Nacht fielen die in New York gehandelten Aktien des Ölserviceunternehmens vorübergehend auf den tiefsten Stand seit mehr als zehn Jahren.

Obwohl der amerikanische Aktienmarkt von einem Rekord zum nächsten klettert, sind bei Transocean alleine seit Mitte Juni 3,2 Milliarden Dollar an Börsenwert in Rauch aufgegangen.

Nach dem Einstieg des als streitlustig bekannten Grossinvestors schossen die Aktien im Januar vor zwei Jahren innerhalb weniger Wochen um mehr als 30 Prozent nach oben. Mehr als ein Aufbäumen war das allerdings nicht, haben sich die Papiere seit ihrem damaligen Zwischenhoch bei 59,50 Dollar mittlerweile doch im Kurs nahezu halbiert.

Annahmen aus dem amerikanischen Berufshandel zufolge liegt der Einstand des amerikanischen Milliardärs bei rund 50 Dollar je Aktie. Selbst unter Berücksichtigung der Dividendenausschüttungen hat sein Beteiligungspaket mittlerweile gut 200 Millionen Dollar an Wert verloren. Das dürfte sich der erfolgsverwöhnte Icahn nicht gewohnt sein.

Der Kurszerfall bei den Aktien von Transocean passt zwar bestens ins Bild des schon seit Monaten schwächelnden amerikanischen Ölservicesektors. Es sind aber auch hausgemachte Probleme wie die vor sich hin alternde Förderflotte, die sich als belastend erweisen.

Erst vor wenigen Wochen brachte das Unternehmen erfolgreich einen Teil der alten Flotte in Form eines Master Limited Partnerships an die Börse. Rückblickend hatte man sich vermutlich jedoch mehr erhofft, verfehlte dieser strategische Befreiungsschlag doch jegliche Wirkung. Die innerhalb weniger Monate von 4 auf 10 Prozent aller ausstehenden Aktien gestiegenen Baisse-Engagements sprechen diesbezüglich eine klare Sprache.

Als Grossaktionär ist Carl Icahn nun gefordert. Über eine höhere Dividende alleine lässt sich den Aktien von Transocean kein neues Leben einhauchen. Gefragt sind viel eher konkrete Massnahmen zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit für die Zeit nach 2016. Denn ab dann sagen Beobachter der amerikanischen Ölserviceindustrie den nächsten Aufschwung vorher.