Der cash Insider ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv. Lesen Sie börsentäglich von weiteren brandaktuellen Beobachtungen am Schweizer Aktienmarkt.
+++
Hätte ich in den ersten Januar-Tagen jemandem prophezeit, dass 2019 als eines der besten Börsenjahre in die Geschichte eingeht - ich wäre wohl für verrückt erklärt worden. Die Angst vor einer wirtschaftlichen Rezession schwebte zu diesem Zeitpunkt wie ein Damoklesschwert über dem Börsengeschehen. Nach den schmerzhaften Kursverlusten vom Dezember letzten Jahres herrschte regelrecht Katerstimmung.
Umso erfreulicher ist die Bilanz nach elf Monaten: Der Swiss Market Index (SMI) notiert um fast 25 Prozent über dem Stand von Ende Dezember. Die Dividendenabgänge aufgerechnet und reinvestiert sind es sogar fast 29 Prozent. Seit das renommierte Börsenbarometer im April die Bestmarke aus dem Frühsommer 2007 in den Schatten stellte, konnte es noch einmal um 10 Prozent zulegen.
Und darf man den Banken und ihren Strategen Glauben schenken, steuern die Aktienmärkte sowieso auf die stärksten Wochen des ganzen Jahres zu. Eine fulminante Jahresendrally gilt in Expertenkreisen jedenfalls als so gut wie sicher.
Dass steigende Aktienkurse neue Käufer anlocken, ist nicht neu. "La Hausse amène la Hausse", wie die Franzosen so schön sagen. Bis vor wenigen Tagen war das Börsengeschehen "nur" von der Angst geprägt, im Hinblick auf eine Jahresendrally etwas verpassen zu können. Seit wenigen Tagen greift nun aber die Gier um sich.
Da wäre beispielsweise die Wiederabdeckung der Aktien des Laborausrüsters Tecan durch die UBS vom letzten Dienstag. Die grösste Schweizer Bank empfiehlt die Papiere neuerdings mit einem 12-Monats-Kursziel von 286 Franken zum Kauf. Das liegt rund 10 Prozent über dem Schlusskurs vom Vortag und entspricht dem Zwanzigfachen des nächstjährigen Betriebsgewinns (EBIT). Selbst der für die UBS tätige Analyst Sebastian Vogel räumt ein, dass die Bewertung anspruchsvoll hoch ist - spielt diesen Umstand in der Unternehmensstudie allerdings geschickt herunter.
Kursfeuerwerk der letzten Tage bei der Tecan-Aktie (Quelle: www.cash.ch)
Dennoch stiess Vogel mit seiner Kaufempfehlung an der Börse auf offene Ohren. Die Aktien gingen alleine am Dienstag um fast 4 Prozent höher aus dem Handel. Dadurch verringerte sich das verbleibende Aufwärtspotenzial zum 12-Monats-Kursziel auf wenige als 6 Prozent.
Am Donnerstag stufte Analyst Bruno Bulic von Helvea die Valoren von Vifor Pharma mit einem Kursziel von 194 (zuvor 170) Franken von "Hold" auf "Buy" herauf. Er reagierte damit auf den Studienerfolg mit dem Medikament Avacopan.
Schon zum Zeitpunkt der Kaufempfehlung galten die Papiere des Pharmaherstellers aus Bern mit einem Kursplus von rund 65 Prozent seit Jahresbeginn zu den besten Schweizer Aktien in diesem Jahr. Ob sich da ein Einstieg für weniger als 10 Prozent Aufwärtspotenzial zum Kursziel wirklich noch aufdrängt, ist fraglich.
Gerade mal sechs Wochen ist es her, dass Bulic die Valoren von Vifor Pharma aus Bewertungsgründen von "Buy" auf "Hold" zurückgestuft hatte.
Von Gier zeugt auch die am selben Tag bekannt gewordene Kurszielerhöhung der Bank Vontobel für den Dentalimplantatehersteller Straumann. 1050 (zuvor 970) Franken lautet das Kursziel neuerdings, was Analyst Daniel Buchta zufolge nicht weniger als dem Neununddreissigfachen des nächstjährigen Gewinns entspricht. Unnötig zu sagen, dass der Vontobel-Analyst an seiner Kaufempfehlung für die Aktien des Weltmarktführers aus Basel festhält.
Die Kursentwicklung der Straumann-Aktien in den letzten fünf Jahren kann sich sehen lassen (Quelle: www.cash.ch)
Zur Erinnerung: Mit einem Kursplus von 56 Prozent sind auch diese Papiere weit oben auf der diesjährigen Gewinnerliste zu finden. Ich muss neidlos anerkennen, dass Buchta die Aktien schon eine gefühlte Ewigkeit zum Kauf empfiehlt und damit goldrichtig liegt.
Wenn ich behaupte, dass die Rekordjagd am Schweizer Aktienmarkt immer merkwürdigere Blüten treibe, dann spiele ich nicht nur auf diese drei Kaufempfehlungen an. Auch die mittlerweile schon fast ein bisschen verzweifelte Suche einiger Analysten nach zurückgebliebenen Aktien scheint mir alles andere als gesund - denn alte Börsenhasen wissen: Genauso wie Angst ist auch Gier an der Börse stets ein schlechter Ratgeber...
Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar. |