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So schnell wie die Gewitterwolken über dem Schweizer Aktienmarkt aufgezogen sind, so schnell haben sie sich wieder verflüchtigt. Nach der Erholung der vergangenen Tage trennen den breit gefassten Swiss Performance Index (SPI) nur noch wenige Prozentpunkte von seinem Mitte September erklommenen Rekordstand.

Dennoch dürfte sich die Freude bei vielen Unternehmen und ihren Aktionären in Grenzen halten. Auch hierzulande profitierten nämlich bei weitem nicht alle Aktien im selben Umfang von dieser Erholung. Die Liste der Aktien, welche selbst unter Aufrechnung der Dividende substanziell unter dem Stand von Anfang Jahr notieren, ist immer noch lang.

Überraschend sind auf der Liste gleich mehrere bis vor wenigen Monaten noch als Börsenlieblinge gefeierte Aktien wiederzufinden. Doch längst nicht bei allen lohnt sich ein Einstieg.

Ich habe einige dieser in Ungnade gefallenen Börsenlieblinge einmal etwas genauer unter die Lupe genommen.

Noch im Frühjahr galt Kuoni unter den europäischen Reiseanbietern als das Mass aller Dinge. Das nur von einer geringen Kapitalbindung geprägten Geschäftsmodell und der mit der Übernahme der britischen GTA eingeleiteten Transformationsprozess kamen gerade in angelsächsischen Kreisen gut an.

Was schon Monate zuvor befürchtet wurde, ist seit Mitte August nun bittere Gewissheit: Die zahlreichen geopolitischen Brandherde haben in der ersten Jahreshälfte tiefe Spuren in der Geschäftsentwicklung hinterlassen.

In der Folge liessen Anleger die Aktien von Kuoni wie heisse Kartoffeln fallen. Seit Jahresbeginn errechnet sich selbst unter Ausklammerung des Dividendenabgangs von Ende April ein sattes Minus von 35 Prozent.

Erst gestern bewies die Credit Suisse Mut. In einer Unternehmensstudie stufte sie die Papiere mit einem neu 325 (365) Franken lautenden 12-Monats-Kursziel von "Neutral" auf "Outperform" hoch. Der Studienverfasser hält den Kurszerfall für übertrieben und verweist auf die weiterhin solide Bilanz.

Allerdings spricht das auch in Zukunft schwierige Branchenumfeld dagegen, der Empfehlung des Experten Folge zu leisten. Die angespannte geopolitische Situation bleibt nicht die einzige Sorge von Kuoni. Viel eher muss man sich fragen, ob das im Hochpreissegment angesiedelte traditionelle Reisegeschäft im Internet-Zeitalter überhaupt noch eine Daseinsberechtigung hat.

Noch spiegelt sich diese Ungewissheit nicht in den gerademal bei 3,1 Prozent aller ausstehenden Aktien liegenden Baisseengagements.

Nicht viel anders erging es den Aktionären von Meyer Burger. Noch bis Anfang März schien ihre Welt in bester Ordnung und die Auftragsflaute des Solarzulieferers ausgestanden. Doch nach der Bekanntgabe einiger kleinerer Aufträge herrschte plötzlich Funkstille.

Für Schlagzeilen sorgte das Unternehmen seither einzig mit einer überraschenden Platzierung von 4,8 Millionen Namenaktien sowie mit der Herausgabe einer Wandelanleihe im Gegenwert von 100 Millionen Franken.

Kein Wunder haben die Papiere des einstigen Börsenlieblings von den Jahreshöchstständen aus betrachtet um knapp 60 Prozent und seit Anfang Januar um immerhin 25 Prozent korrigiert. Stummer Zeuge davon sind die rekordhohen Wetten auf rückläufige Kurse im Umfang von nicht weniger als 25 Prozent der ausstehenden Aktien.

Den Aktionären dürften in den kommenden Wochen und Monaten noch einmal viel Geduld und gute Nerven abverlangt werden.

Ein sattes Minus haben seit Jahresbeginn auch die Namenaktien von Syngenta zu beklagen. Mehrere Ergebnisenttäuschungen und eine Reduktion der Mittelfristziele haben das Vertrauen in die Entscheidungsträger zutiefst erschüttert und den Aktienkurs um 16 Prozent zurückfallen lassen.

Vor zwei Wochen legte der Basler Agrarchemiehersteller zwar besser als erwartete Quartalsumsatzzahlen vor. Es gibt allerdings Anhaltspunkte für ungünstige Verschiebungen bei der Zusammensetzung des Umsatzes. Diese wiederum lassen auf Margendruck schliessen.

Den Vergleich mit anderen Rivalen wie BASF braucht Syngenta dennoch nicht zu scheuen. Ausserdem besteht die Möglichkeit, dass der in Ungnade gefallene Börsenliebling zum strategischen Befreiungsschlag ausholen wird. Gelegenheiten wie eine Verschmelzung mit den ähnlich gelagerten Geschäftsaktivitäten des Partnerunternehmens DuPont gibt es jedenfalls zur Genüge. Und dank der relativ betrachtet auf den tiefsten Stand in über fünf Jahren gefallene Bewertung bieten sich die Valoren der Basler geradezu zum Einstieg an.

Ähnliches gilt für die Namenaktien von Sulzer. Das Winterthurer Traditionsunternehmen bleibt vorerst eine Baustelle. Intern macht sich angeblich Widerstand gegen die schon vor Monaten in Angriff genommene strategische Neuausrichtung bemerkbar, weshalb letztere nur sehr harzig vorankommt. Gleichzeitig drückt der rückläufige Ölpreis auf die Investitionsbereitschaft in den Absatzmärkten.

Die Pläne, sich mit dem amerikanischen Mitbewerber Dresser-Rand zu einem voll integrierten Anbieter zusammenzuschliessen, wurden vom finanzkräftigen deutschen Mischkonzern Siemens vereitelt.

Damit hat die Wahrscheinlichkeit zugenommen, dass Sulzer den Erlös aus dem Verkauf von Sulzer Metco an OC Oerlikon über ein gewinnverdichtendes Aktienrückkaufprogramm an die Aktionäre zurückführen könnte.

Druck dürfte auch aus dem Grossaktionariat kommen, wird dem russischen Oligarch Viktor Vekselberg doch ein Einstand auf seiner Beteiligung von 180 Franken je Aktie nachgesagt. Dennoch liegen die Wetten der Baissiers bei 6,9 Prozent aller Aktien.

Einst als Spezialität am Schweizer Aktienmarkt gefeiert, haben sich die Namenaktien von Transocean längst als ein finanzielles Fiasko für die Publikumsaktionäre erwiesen.

Selbst der von Pauken und Trompeten begleitete Einstieg des berühmt-berüchtigten amerikanischen Milliardärs Carl Icahn im Frühling vor zwei Jahren brachte nicht die erhoffte Trendwende.

Strategische Befreiungsschläge wie der Börsengang von Teilen der in die Jahre gekommenen Förderflotte blieben vom Markt unbeantwortet. In Franken betrachtet hat sich bei den Aktien seit Jahresbeginn ein Minus von 33 Prozent aufgestaut.

Durch den schon seit Monaten stark rückläufigen Rohölpreis haben sich die Rahmenbedingungen für das auf die Ölförderung auf hoher See spezialisierte Unternehmen weiter eingetrübt. Eine Gegenbewegung, wie sie in den letzten Jahren immer mal wieder zu beobachten war, könnte die Papiere von Transocean zwar ohne weiteres in die Region von 35 Franken klettern lassen. Den Entscheidungsträgern des Ölserviceunternehmens dürften jedoch langsam aber sicher die Ideen ausgehen, was auch die mittlerweile bei 12,7 Prozent aller ausstehenden Aktien liegenden Baisseengagements erklärt.

Die Aktionäre der betroffenen Unternehmen müssen über die kommenden Wochen vermutlich noch einmal tapfer die Zähne zusammenbeissen. Denn im Rahmen sogenannter "Window-Dressing-Transaktionen" entledigen sich professionelle Marktakteure wie Portfolio-Manager oder Fondsmanager auf den Jahreswechsel hin gerne noch rasch den schwächsten Aktien – und das manchmal bis zum Exzess. Doch spätestens diese Exzesse dürften dann Einstiegsgelegenheiten schaffen.