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Eigentlich müssten sich die ausländischen Leerverkäufer die Hände reiben. Gerademal drei Tage reichten aus, um dem breit gefassten Swiss Performance Index (SPI) die Hälfte seiner in den ersten zwei Handelswochen erzielten Fortschritte wieder abzujagen. Einige Aktien notieren inzwischen sogar unter dem Stand von Ende Dezember (siehe gestrige Kolumne).

Doch so richtig Freude will nicht aufkommen - au contraire. Die Leerverkäufer seien bei Aktien aus der Schweiz auf breiter Front auf dem Rückzug, so berichten mir in London beheimatete Händler.Von der überraschenden Wachstumsbelebung bei Richemont aufgeschreckt, gilt das angeblich vor allem für die Valoren der beiden Westschweizer Luxusgüterkonzerne. Dem Beratungsunternehmen Markit zufolge waren die Inhaberpapiere der Swatch Group vor etwas mehr als zwei Wochen noch die am meisten leerverkauften Aktien der Schweiz. Damals wurde mit nahezu jeder dritten Aktie gegen den Uhrenhersteller aus Biel gewettet. Mehr hätte die Wertpapierleihe auch gar nicht hergegeben. Wie es heisst, wurde aus jeder dritten mittlerweile jede vierte Aktie.

Regelrecht das Handtuch warfen die Leerverkäufer bei den Valoren von Richemont. Dem Vernehmen nach sind die einst bei gut 8 Prozent aller ausstehenden Aktien stehenden Wetten in den Tagen unmittelbar vor und nach dem Zwischenbericht für das Weihnachtsquartal mehr als halbiert worden.

Die Aktien von Swatch Group (grün) und Richemont (rot) haben die Leerverkäufer zuletzt viel Geld gekostet; Quelle: www.cash.ch

Von Deckungskäufen aus dem Ausland ist auch bei Aryzta zu hören. Schon seit Jahren warten die Aktionäre des Backwarenherstellers aus Zürich auf eine Wachstumsbelebung - bisweilen allerdings vergeblich. Darüber hinaus hat die aggressive Akquisitionspolitik vergangener Tage Spuren in der Bilanz hinterlassen. Deshalb spekulieren Leerverkäufer schon seit geraumer Zeit auf einen ausserordentlichen Abschreiber auf dem für Firmenübernahmen aktivierten Goodwill.

Steigen die Kursnotierungen über die charttechnisch wichtige und zwischen 45,80 und 46 Franken verlaufende Schlüsselzone, wird es für die Leerverkäufer bei Aryzta ungemütlich. In den vergangenen Monaten konnte ein solcher Ausbruch jeweils in letzter Minute abgewendet werden.

Ein beliebtes Ziel ausländischer Leerverkäufer waren im vergangenen Jahr die Aktien von Burckhardt Compression. Aufgrund der ölpreisbedingten Auftragsflaute war der Hersteller von Kolbenkompressoren denn auch ein leichtes Opfer. Mit den im Jahresvergleich deutlich höheren Rohölpreisen lässt sich dieses Argument aber nur noch bedingt ins Feld führen. Folglich seien zwischen dem 9. und dem 11. Januar grössere Deckungskäufe zu beobachten gewesen, so erzählt man mir.

Bei AMS machten den Leerverkäufern zuletzt sowohl die MainFirst Bank als auch die Credit Suisse mit aggressiven Kaufempfehlungen das Leben schwer. Hohe Wellen warf dabei insbesondere die Unternehmensstudie aus dem Hause Credit Suisse. Darin nahm der Autor die Erstabdeckung der Aktien mit "Outperform" und einem 12-Monats-Kursziel von 44 Franken auf. Der Grund: Im neuen iPhone 8 des amerikanischen Grosskunden Apple dürften substanziell mehr Gerätekomponenten des Sensorenherstellers verbaut sein als im Vorgängermodell. Darauf dass dies auch den mit Heptagon für viel Geld erstandenen Geschäftsaktivitäten zu verdanken ist, geht der Analyst gar nicht erst ein.

Obschon auch der für die MainFirst Bank tätige Berufskollege die Papiere von AMS mit "Outperform" und immerhin einem Kursziel von 37 Franken zum Kauf empfiehlt, macht er den Leerverkäufern im Vorfeld der Quartalsergebnispräsentation kurzfristig Hoffnungen. Er rechnet zwar mit einem Schlussquartal im Rahmen der gängigen Markterwartungen, erwartet für das laufende erste Quartal aber einen operativen Verlust. In diesem Zusammenhang strich der Analyst seine Gewinnschätzungen erst vor wenigen Tagen um bis zu 12 Prozent zusammen.

Mittlerweile bieten sich ausländischen Leerverkäufern bei uns an der Schweizer Börse SIX gleich mehrere neue potenzielle Ziele. Da wäre einmal der Vermögensverwalter GAM mit seinen sich bestenfalls durchschnittlich entwickelnden Fonds. Letztere lassen die Vermutung zu, dass die Durststrecke bei den erfolgsabhängigen Gebühren noch nicht ausgestanden ist (siehe Kolumne vom 16. Januar).

Schon seit Tagen bekunden die Aktien von LafargeHolcim sichtlich Mühe; Quelle: www.cash.ch

Bei LafargeHolcim bahnt sich ebenfalls eine Enttäuschung an. Um die firmeneigenen Prognosen für das vergangene Jahr erfüllen zu können, wäre der Ostschweizer Zementkonzern im Schlussquartal eigentlich auf einen starken Umsatz- und Gewinnbeitrag aus dem Schlüsselmarkt Indien angewiesen gewesen. Mit ihrem Kampf gegen die Schattenwirtschaft macht ihm nun aber die dortige Regierung einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Noch spiegelt sich das nur in den Schätzungen der allerwenigsten Analysten.

 

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