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Regelmässige Leserinnen und Leser meiner Kolumne wissen, dass ich mich in den letzten Jahren nie wirklich für die Valoren der Swatch Group erwärmen konnte. Daran änderte selbst der überwältigende kommerzielle Erfolg mit der MoonSwatch nichts – selbst wenn sich dieser beliebig wiederholen lässt.
Mir sind bis zum heutigen Tag vor allem die hohen Lagerbestände ein Dorn im Auge, welche der Uhrenhersteller aus Biel in seinen Büchern vor sich herschiebt. Wir sprechen hier von nicht weniger als 7,3 Milliarden Franken oder 93 Prozent des Jahresumsatzes – Tendenz steigend. Im Wissen, dass die Buchwerte der Lager deutlich unter den Verkaufspreisen liegen, reichen diese Bestände wohl mindestens für zwei Jahre. Eine solche Kapitalbindung muss man sich erst einmal leisten können, jetzt, da die Ära der Negativzinsen der Vergangenheit angehört.
Auch der für die Zürcher Kantonalbank tätige Analyst Patrik Schwendimann bezeichnet die Lager als "stattlich" und sieht darin eine entscheidende Schwäche des Geschäftsmodells. Obwohl der von ihm errechnete faire Wert mit 231 Franken je Inhaberaktie weit über den zuletzt bezahlten Kursen von 186 Franken liegt, stuft er diese bloss mit "Marktgewichten" ein.
Die Inhaberaktien der Swatch Group haben in den letzten Monaten deutlich an Kurswert eingebüsst (Quelle: www.cash.ch)
Der Buchwert beträgt 235 Franken je Inhaberaktie und steigt unter Berücksichtigung des Liegenschaftenportefeuilles der Bieler zu Marktpreisen sogar auf 279 Franken. Der Wert der Markenrechte wären damit noch gar nicht erst enthalten. Schwendimann erklärt sich den weit darunter liegenden Aktienkurs einerseits mit der enttäuschenden Geschäftsentwicklung der letzten Jahre, andererseits aber auch mit der fehlenden Investorenfreundlichkeit des Unternehmens. Was er nicht schreibt: Vermutlich fragt sich die Börse auch, ob und wie werthaltig die aktivierten Lagerbestände sind.
Aufgrund der hohen Abhängigkeit vom Geschäft mit Uhren im tiefen und mittleren Preissegment und der noch immer ziemlich schleppenden Absatzentwicklung in China, dürfte das Tagesgeschäft so schnell wohl nicht wieder Fahrt aufnehmen. In Sachen Investorenfreundlichkeit liesse sich aus Unternehmenssicht hingegen durchaus etwas machen. Und da könnte das vom ZKB-Analysten erwähnte Liegenschaftenportefeuille ins Spiel kommen, gäbe es in diesem Zusammenhang doch durchaus Wege, um die versteckten Aktionärswerte freizusetzen. Die Kapitalbindung bei den Lagerbeständen liesse sich ebenfalls ohne weiteres reduzieren.
Eigentlich müssten ja auch die Familienaktionäre daran interessiert sein, dass die Swatch Group an der Börse vernünftig bewertet wird – selbst wenn die Besitzverhältnisse das Unternehmen vor einer unfreundlichen Übernahme aus dem Ausland und oppositionellen Finanzinvestoren schützen.
Keine Frage: Die Aktien der Swatch Group sind zumindest auf dem Papier unterbewertet. Ohne Druck von aussen dürfte eine Freisetzung von Aktionärswerten wohl aber nicht allzu weit oben auf der Prioritätenliste der Bieler zu finden sein.
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Das Debüt von Galderma als Publikumsgesellschaft ist ein voller Erfolg. Im April zu 53 Franken je Stück an die SIX Swiss Exchange gekommen, kosteten die Aktien des Pharmaunternehmens mit Sitz im steuergünstigen Zug zuletzt um die 74 Franken. In der Spitze wurden noch vor wenigen Tagen gar Kurse von fast 78 Franken bezahlt.
Das hält den für Vontobel tätigen Pharmaanalysten Stefan Schneider allerdings nicht davon ab, die Erstabdeckung der Valoren mit einer Kaufempfehlung aufzunehmen. In einer mehrseitigen Unternehmensstudie veranschlagt er ein Kursziel von 90 Franken.
Höhenflug der Galderma-Aktien seit dem Börsendebüt vom April (Quelle: www.cash.ch)
Schneider glaubt, dass produktseitige Erfolgsmeldungen den Aktienkurs in der zweiten Hälfte dieses Jahres in neue Sphären steigen lassen. Positive Impulse erhofft er sich auch davon, dass die Papiere in weitere Aktienindizes aufgenommen werden könnten. Indexorientierte Grossinvestoren wären dann zum Zukauf gezwungen.
In hiesigen Börsenkreisen fragt man sich, weshalb Vontobel erst jetzt mit einer Kaufempfehlung an die Öffentlichkeit geht. Andere Banken – darunter etwa Jefferies oder Goldman Sachs – preisen die Aktien von Galderma schon seit Anfang Mai zum Kauf an. Damals waren die Valoren noch für weniger als 70 Franken zum haben...
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7 Kommentare
Beim Rückzug von der Börse denke ich nicht nur an die Familien Hayek,
im VR sitzen ja noch ein paar andere Leute mit viel Geld. Auch diese Personen scheint mir, unternehmen auch nichts um den Aktienkurs auf ein vernünftiges Niveau zu bringen. Ich weiss ein Schelm....... , wundern würde mich bei Swatch nichts.
Bei Kursen von rund CHF 250 werden die Analysten die Swatch-Aktie dann wieder wärmstens zum Kauf empfehlen. Buy high, sell low ;-)
Wahrscheinlich werden die Hayeks bald die Dividenden massiv erhöhen oder ein Aktienrückkaufprogramm starten.
Die Aktien ist immer wieder für einen Bergrun gut.
Zweimal falsch. Die werden weder die Dividende erhöhen noch haben sie die Mittel um Aktien zurückzukaufen. Sie würden bei einem Aktienrückkauf bloss ihre Millarden verwässern. Ohne Erneuerung von VR & Geschäftsführung (CEO) ändert gar nichts.
Man könnte mal einen Wettbewerb starten, wer kann ein börsenquotiertes Unternehmen finden, dass die Interessen der Kleinaktionäre noch mehr missachtet als Swatch ? Mir kommt keines in den Sinn. Für die Familienaktionäre macht es durchaus Sinn den Aktienkurs tief zu halten. Vermögenssteuern oder eine ev. private Uebernahme, wären nur schon mal 2 Gründe.
Danke für Deine Einschätzung, lieber Anuswiss. Mit dem Punkt der Vermögenssteuer könntest Du richtig liegen. An einen Rückzug von der Börse glaube ich nicht, will man sich bei den Hayeks doch nicht in die Abhängigkeit von Fremdkapitalgebern (insbesondere der "bösen" Banken) geben. Und ohne die Mithilfe von Fremdkapitalgebern ginge das wohl gar nicht.
Der Kauf dieser Aktien ist ja freiwillig. Für mich allein darum interessant, weil die Firma mit gesundem Menschenverstand und gesundem Finanzpolster geführt wird, statt nach irgendwelchen WEF-Fantastereien! Als Hayek wieder mal so richtig gegen die überbezahlten Analysten vom Leder zog, sank die Aktie um 4%. Da habe ich mit schelmischer Freude zugeschlagen :-)