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Seit Dienstag steigen auch bei uns am Schweizer Aktienmarkt die Kurse wieder. Wie schnell man an den Märkten nach den brutalen Terroranschlägen der Hamas gegen Ziele auf israelischem Boden und der entschlossenen militärischen Antwort Israels zum "courant normal" übergegangen ist, überrascht selbst die hartgesottensten Beobachter.

Geholfen haben dürfte die Entspannung bei den Zinsen – ausgehend von New York. Dort ist die Rendite zehnjähriger amerikanischer Staatsanleihen von knapp 5 auf 4,5 Prozent zurückgefallen. Auslöser hierfür waren einerseits Aussagen Raphael Bostic (Atlanta Fed), wonach die Angst vor einem Wirtschaftsabschwung übertrieben, die Geldpolitik mittlerweile aber restriktiv genug sei. Eine Notwendigkeit weiterer Leitzinserhöhungen sieht der Notenbank-Gouverneur nicht. Andererseits führte die Eskalation im Nahost-Konflikt bei den amerikanischen Staatsanleihen zu sogenannten Safe-Haven-Käufen. Auch das trug in nicht unbeträchtlichem Ausmass zur Entspannung bei den Zinsen bei.

Dass der breit gefasste Swiss Performance Index (SPI) alleine am Dienstag um 1,6 Prozent zulegen und die Gewinne im weiteren Wochenverlauf ausbauen konnte, dürfte allerdings nicht zuletzt den dünnen Umsätzen zu verdanken gewesen sein. Am Dienstag hatten bis eine Stunde vor Börsenschluss Novartis-Aktien für bloss 88 Millionen Franken die Hand gewechselt. Bei den Genussscheinen von Roche waren es sogar nur 65 Millionen Franken. Einzig beim Schwergewicht Nestlé schwollen die Umsätze an diesem Tag etwas an. Mit 110 Millionen Franken blieben jedoch auch sie weit hinter dem zurück, was zu dieser Zeit des Jahres eigentlich zu erwarten wäre. Es werden denn auch warnende Stimmen laut, wonach sich das jüngste Kursfeuerwerk als ein Strohfeuer erweisen könnte. Die kommenden Tage werden es zeigen – auch ob sich die höher als erwartet ausgefallenen US-Konsumentenpreise als Spielverderber erweisen.

Während hierzulande die meisten Aktien noch immer weit unter den Jahreshöchstkursen notieren, ist nur deren drei sind nicht zu bremsen: Jene von Aryzta, Logitech und Also.

Unter Firmenchef Urs Jordi mausert sich insbesondere Aryzta vom hässlichen Entlein immer mehr zum stolzen Schwan. Im vergangenen Geschäftsjahr war es dem Backwarenhersteller möglich, den Umsatz aus eigener Kraft – sprich organisch – um gut 20 Prozent auf 2,12 Milliarden Euro zu steigern. Der operative Gewinn (EBITDA) stieg sogar um knapp 58 Prozent auf 271,3 Millionen Euro und übertraf damit selbst die kühnsten Analystenschätzungen.

Höhenflug der Aryzta-Aktien seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)

Das lässt die Kurse steigen und regt die Fantasie der Analysten an. Neuerdings traut einer der Vertreter dieser Berufsgilde den Valoren sogar einen Vorstoss bis auf 2,30 Franken zu.

Bei Aryzta zeigt sich einmal mehr, wie wichtig es ist, einen profunden Branchenkenner an der Unternehmensspitze zu wissen. Und mit dem deutschen "Bäckereien-König" Heiner Kamps hat ein ebensolcher Einsitz im Verwaltungsrat. Vermutlich war es Kamps, welcher sich zwischen Ende März und Mitte Oktober 2021 für insgesamt mehr als 15 Millionen Franken Aktien des Backwarenherstellers anlachte. Die letzten übrigens zu 1,23 Franken das Stück.

Zur Erinnerung: Aus dem Verkauf seines gleichnamigen Backwarengeschäfts mit über 100 Filialen an die italienische Barilla flossen dem Aryzta-Verwaltungsrat 2002 schätzungsweise 60 Millionen Euro zu. Selbst unter der Annahme, dass Kamps sein Vermögen seither äufnen konnte, hat er sich da ein ganz schönes Aktienpaket geschnürt.

Der Höhenflug von Logitech überrascht mich nicht, werden am Markt doch Stimmen laut, wonach die konservativen Jahresvorgaben erhöht werden könnten. Der Erfolg des Unterhaltungselektronikherstellers aus Lausanne steigt und fällt jedoch mit der Ausgabefreudigkeit der Konsumentinnen und Konsumenten. Und gerade diesbezüglich sind im Hinblick auf das wichtige Weihnachtsgeschäft gewisse Zweifel durchaus berechtigt. Mit anderen Worten: Ich traue den Kursgewinnen nicht so recht über den Weg.

Still und leise sind auch die Aktien von Also gefragt. Anders als bei den anderen beiden Unternehmen dürfte das dem sehr engen Markt in diesen Valoren geschuldet sein. Denn schliesslich sitzt der langjährige Ankeraktionär Walter Droege auf mehr als 50 Prozent des Aktienkapitals.

Nach einem holprigen Einstand haben die Aktien des Börsendebütanten Sandoz in den letzten Tagen Fahrt aufgenommen. Heute Freitag werden in der Spitze sogar Kurse von fast 28 Franken bezahlt – und das, obwohl sich mit der UBS erstmals eine Bank gegen eine Kaufempfehlung entschieden hat. Anders als ihre Berufskollegen nimmt Analystin Laura Sutcliffe die Erstabdeckung der Aktien bloss mit Neutral und einem 12-Monats-Kursziel von 26,50 Franken auf.

Leserinnen und Leser meiner Kolumne dürften sich erinnern, dass der für die Zürcher Kantonalbank tätige Analyst Laurent Flamme gar auf einen fairen Wert von 59,20 Franken je Aktie kommt. Seine unmissverständliche Schlussfolgerung lautet daher "Übergewichten".

Kursentwicklung der Sandoz-Aktien seit ihrem Börsendebüt (Quelle: www.cash.ch)

Kommen wir aber zurück auf Sutcliffe. Ihres Erachtens entscheiden nicht zuletzt die eigenen Nachahmerpräparate für die beiden Verkaufsschlager Tysabri (MS) und Prolia (Osteoporose) darüber, ob Sandoz die eigenen Mittelfristziele erreichen kann. Auf einige wenige, dafür aber kommerziell interessante Nachahmerpräparate zu setzen, birgt aus Sicht der Analystin gewisse Risiken. Deshalb auch ihre Zurückhaltung.

Alt treibende Kraft hinter den jüngsten Kursgewinnen vermute ich übrigens sowohl die fast täglich bekanntwerdenden Neuzugänge im Grossaktionariat der ehemaligen Novartis-Tochter als auch Spekulationen, wonach die diesjährigen Finanzziele mit der Veröffentlichung der Drittquartalszahlen angehoben werden könnten. Lassen wir uns also überraschen...

Eine Achterbahnfahrt durchlebten in den letzten Tagen die nicht gerade erfolgsverwöhnten Aktionärinnen und Aktionäre von PolyPeptide. Am Dienstag liess eine einschneidende Gewinnwarnung des französischen Rivalen Euroapi auch die Aktien des hiesigen Pharmazulieferers in die Nähe von 15 Franken einbrechen. Es ist dies der tiefste Stand seit dem Börsengang von Ende April 2021.

Nur dem beherzten Eingreifen eines Geschäftsleitungsmitglieds war es zu verdanken, dass diese Kursscharte wieder wettgemacht werden konnte. Der nicht namentlich bekannte Käufer lachte sich Titel im Gesamtwert von fast 3 Millionen Franken an. Ich sehe darin ein deutliches Signal an die Märkte. Bleibt mir nun zu hoffen, dass der Turnaround zu greifen beginnt.

Aktien wie jene von Tecan oder Lonza stehen heute Freitag erneut unter Verkaufsdruck, nachdem sich auch die deutsche Sartorius zu einer weiteren Gewinnwarnung gezwungen sieht. Der Pharma- und Laborausrüster wartete bereits im Juni mit einer einschneidenden Warnung auf. Auch damals wurden die hiesigen Branchennachbarn an der Börse in Sippenhaft genommen und mit Kursverlusten abgestraft.

An dieser Stelle sei allerdings erwähnt, dass Lonza sowohl die diesjährigen Vorgaben als auch die Mittelfristziele schon im Juli nach unten angepasst hat. Ausserdem wurden die diesjährigen Vorgaben erst kürzlich – nach dem überraschenden Abgang des Firmenchefs Pierre-Alain Ruffieux – bestätigt. Von daher kann ich die Nervosität nur bedingt teilen.

Weitere wichtige Anhaltspunkte verspreche ich mir vom diesjährigen Investorentag vom kommenden Dienstag. Mein Interesse gilt dann vor allem den firmeneigenen Mittelfristzielen. Vermutlich wird der Investorentag noch nicht zu einer grundlegenden Neueinschätzung der Aktien durch die Börse führen.

Für reichlich Kursbewegung könnte der nächste Donnerstag sorgen. An diesem Tag warten neben Schindler auch die beiden Schwergewichte Nestlé und Roche mit ersten Zahlen zum dritten Quartal auf. Der Jefferies-Analyst hält bei Roche an diesem Tag sogar eine Erhöhung der diesjährigen Vorgaben für möglich. Die Valoren von Nestlé und Roche haben das Zeug, auch den SMI in die eine oder andere Richtung zu bewegen.

Ich wünsche allen meinen Leserinnen und Lesern einen schönen Freitag den 13. Die nächste Börsenwoche im Schnelldurchlauf erscheint wie gewohnt am kommenden Freitag.

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