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An den beiden Schweizer Grossbanken scheiden sich die Geister. Das gilt ganz besonders für die Credit Suisse. Anders als die Erzrivalin UBS hält sie unbeirrt am bisherigen Geschäftsmodell fest.

Gestern nun läutete die Zürcher Traditionsbank hierzulande bei den Banken die Unternehmensberichterstattung für das zurückliegende dritte Quartal ein. Dank einem höheren Ergebnisbeitrag aus dem stark zyklischen Investment Banking übertraf der Zahlenkranz die Markterwartungen sowohl beim Vorsteuergewinn als auch beim Konzerngewinn überraschend deutlich.

Dass grössere Verkaufsaufträge aus dem angelsächsischen Raum den Namenaktien im Laufe des Nachmittags sichtlich zusetzten, war zum einen auf den anhaltenden Margendruck im Private Banking und zum anderen auf die vorsichtigen Aussagen der Firmenverantwortlichen zur Geschäftsentwicklung im laufenden Monat zurückzuführen.

In einem Kommentar spricht der für die Berenberg Bank tätige Verfasser ein weiteres allgegenwärtiges Thema an: Den Handlungsbedarf bei der Eigenkapitalbasis.

Ein weiteres Quartal sei verstrichen, ohne dass die Credit Suisse beim sogenannten Leverage Ratio Fortschritte erzielt habe. Die Grossbank werde nicht darum herum kommen, ihre Strategie an das vermutlich noch strenger als befürchtete regulatorische Umfeld und an die strukturellen Herausforderungen anzupassen. Nur werde die Zeit langsam aber sicher knapp.

Der Experte macht beim Kernkapital (Tier 1) und beim Leverage Ratio einen zusätzlichen Kapitalbedarf von insgesamt 16 Milliarden Franken aus, wovon alleine 6 Milliarden im Private Banking.

Warte die Credit Suisse in Zukunft mit weiteren Ergebnisenttäuschungen auf, werde sie vermutlich von den Regulatoren über eine weitere Kapitalerhöhung zur Stärkung der Eigenkapitalbasis gezwungen.

Bei der Berenberg Bank lässt man keinen Zweifel daran, dass mit weiteren Enttäuschungen zu rechnen ist. Schliesslich liegen ihre nächstjährigen Gewinnschätzungen um nicht weniger als 40 Prozent unter den Konsensschätzungen des Marktes. In der Folge sieht der Experte die zum Verkauf empfohlenen Aktien der Zürcher Grossbank auf 16 Franken zurückfallen.

Auch der Finma dürfte nicht entgangen sein, dass die Chefetage der Credit Suisse schon seit Jahren beinahe so etwas wie "Vogel-Strauss-Politik" betreibt. Bleibt abzuwarten, ob die Regulatoren diesem Treiben weiterhin tatenlos zuschauen oder sich doch irgendwann zu Interventionen gezwungen sehen.

Den nicht gerade erfolgsverwöhnten Aktionären drohen dann im günstigsten Fall Dividendenkürzungen, wenn nicht gar eine gewinnverwässernde Kapitalerhöhung.

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Die Aktionäre von ABB konnten nur bedingt Kapital aus der Börsenhausse der letzten Jahre schlagen. Wenigstens blieb ihnen am vergangenen Mittwoch eine weitere Ergebnisenttäuschung erspart.

Zwar blieb der Umsatz im dritten Quartal hinter den Konsensschätzungen zurück. Auf den Stufen EBIT und Reingewinn wurden letztere allerdings klar übertroffen. Selbst unter Ausklammerung von Sonderfaktoren wusste der Zahlenkranz zu überzeugen.

Lichtblick war vor allem der im Jahresvergleich um 23 Prozent höhere und knapp 10 Prozent über den Erwartungen liegende Auftragseingang. Erstmals seit Jahren konnte der in Zürich beheimatete Industriekonzern endlich wieder Grossaufträge für sich entscheiden.

An der anschliessenden Analystenkonferenz signalisierten die Firmenverantwortlichen von ABB am Mittwoch Zuversicht, dass die Fortschritte beim Auftragseingang beibehalten werden können. Dies selbst vor dem Hintergrund schwierigerer wirtschaftlicher Rahmenbedingungen.

In Analystenkreisen zeigt man sich diesbezüglich eher skeptisch. Einem Kommentar aus dem Hause Barclays Capital ist zu entnehmen, dass der Verfasser nicht mit einer nachhaltig besseren Auftragslage rechnet. Dazu bedürfe es schon einem neuen Investitionszyklus im Strominfrastrukturbereich, erziele das Unternehmen doch 35 Prozent des Jahresumsatzes in dieser Sparte. Er stuft die Aktien weiterhin nur mit "Neutral" und einem Kursziel von 20 Franken ein.
Ähnlich liest sich der Kommentar seines für die UBS Investmentbank tätigen Berufskollegen. Dieser befürchtet eine Wachstumsverlangsamung beim Auftragseingang und hält die nächstjährigen Konsensschätzungen auf Stufe EBITDA für um 5 bis 9 Prozent zu hoch. Das Anlageurteil des Experten lautet ebenfalls "Neutral" für die Papiere und das Kursziel 21 Franken.

Gerade bei Grossaufträgen dauert es für gewöhnlich ein bis zwei Jahre, bis diese oder Teile davon umsatzrelevant werden. Im Hinblick auf das kommende Jahr ist ABB deshalb auf kleinere und schneller realisierbare Aufträge angewiesen.

Noch wurde das im Vorfeld der Ergebnispräsentation vorübergehend eingestellte Aktienrückkaufprogramm noch nicht wieder aufgenommen. Dieses sollte die Aktien zumindest stützen. Um ihr neues Leben einzuhauchen, bedarf es allerdings einer strategischen Entledigung des Sorgenkinds Energietechnik.