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Nach JP Morgan warnte diese Woche auch die Citigroup vor rückläufigen Handelserträgen. Beide amerikanischen Investmentbanken deuten für das zweite Quartal einen Rückgang von mindestens 20 Prozent gegenüber dem vergangenen Jahr an. Schuld sind nicht zuletzt die geringen Kursschwankungen im Handel mit Festverzinslichen, Devisen und Rohstoffen.

Mit ähnlichen Problemen kämpft auch die europäische Konkurrenz. Betroffen sind insbesondere Banken mit einem ansonsten hohen Ergebnisbeitrag aus dem Investment Banking. Die seit gestern herumgereichten Spekulationen einer Annäherung zwischen der Deutschen Bank und der Credit Suisse stehen stellvertretend für die ganze Berufsgilde. Ob die Politik einer solchen Mammuthochzeit aufgrund der altbekannten «Too-big-to-fail»-Problematik überhaupt ihren Segen erteilen würde, bleibt allerdings höchst fraglich.

Dass Merrill Lynch die Namenaktien der Schweizer Grossbank trotz Marktspekulationen von «Buy» auf «Neutral» zurückstuft und das Kursziel auf 30 (36,10) Franken stutzt, spricht jedenfalls eine unmissverständliche Sprache. Der viel beachtete Experte nimmt das verhaltene Umfeld im Investment Banking und den Vergleich im Steuerstreit mit den USA zum Anlass, um seine Gewinnschätzungen um bis zu 57 Prozent zusammenzustreichen.

Ein aufschlussreiches Stimmungsbild gibt vor allem eine Sektorenstudie aus dem Hause Berenberg Bank wieder. Die Verfasser der Studie haben weder Kosten noch Mühen gescheut und sich mit nicht weniger als 18 Vertretern getroffen, um den Puls europäischer Banken zu fühlen.

Die Stimmung hätte unterschiedlicher zwar nicht sein können, so die Experten. Dennoch seien die Treffen in einem ganz wesentlichen Punkt ähnlich verlaufen: Die Bankenvertreter hätten sich insgesamt vorsichtiger geäussert als die Erwartungshaltung der Märkte dies vermuten liessen.

Kreditgeschäft: Das Gespräch mit den Banken zeige ganz klar, dass das Problem der schleppenden Kreditvergabe nicht beim Angebot, sondern bei der Nachfrage liege. Die Nachfrage nach Krediten bleibe schwach, insbesondere jene seitens kleinerer und mittelgrosser Unternehmen. Diese Beobachtung stelle die Erfolgsaussichten quantitativer geldpolitischer Lockerungsmassnahmen und vergleichbarer Massnahmen in Frage. Was die Kreditqualität anbelangt, seien kurzfristig weitere Ausfälle wahrscheinlich. Mit einer Rückkehr zur Normalität sei voraussichtlich innerhalb der nächsten zwei Jahre zu rechnen.

Stresstest durch die Europäische Zentralbank (EZB): Bei restlos allen Banken herrsche Zuversicht, was das Ergebnis des neusten Stresstests angehe. Eine Stärkung der Eigenkapitalbasis durch eine Platzierung neuer Aktien sei kein Thema. In Wahrheit tappe die Branche allerdings im Dunkeln, würden bisher doch noch keine Rückmeldungen der EZB vorliegen. Grundsätzlich habe das Interesse der Aktionäre an Fragen rund um das Eigenkapital nachgelassen.

Übernahmen und Zusammenschlüsse: Die Bankenvertreter seien diesem Thema gegenüber offener und aufgeschlossener als auch schon, so die Experten. Wenig überraschend werde diesbezüglich eine hohe Disziplin in Aussicht gestellt. Weiterhin kein Thema seien hingegen eine strategische Konzentration und damit verbundene Bereichsverkäufe.

Europäische Bankenunion: Kritische Stimmen gebe es zur europäischen Bankenunion. Das Projekt als solches werde zwar begrüsst, gleichzeitig aber als wenig überzeugend eingestuft. Auch die von Land zu Land unterschiedlichen regulatorischen Vorstösse und der daraus hervorgehende Protektionismus stellen die Branche vor Herausforderungen.

Quantitative geldpolitische Lockerung: Was quantitative geldpolitische Lockerungsmassnahmen durch die EZB anbetreffe, sei die Botschaft der Bankenvertreter unmissverständlich: Ein Rückkaufprogramm für amerikanische Staatsanleihen oder andere Massnahmen seien schlichtweg unerwünscht. Ein solcher Vorstoss werde als unnötig, ineffizient oder sogar als schädlich beurteilt.

Kosteneinsparungen: In Bezug auf Kosteneinsparungen spalte sich die Branche in zwei Lager. Das grössere der beiden Lager habe die Kostenseite moderaten Anpassungen unterzogen und nur das kleinere habe einschneidende Massnahmen oder gar eine strategische Neuausrichtung eingeleitet.

Die Berenberg Bank bleibt deshalb bei ihrer grundsätzlich negativen Haltung für europäische Bankaktien und setzt derzeit nur gerade auf die von ING, Nordea und der UBS.

Auf ein aus Aktionärssicht ziemlich ernüchterndes erstes Quartal scheint nun auch ein verhaltenes zweites Quartal zu folgen. Die von JP Morgan und der Citigroup gemachten Aussagen sprechen dafür, dass viele Bankenexperten ein weiteres Mal mit dem Rotstift über ihre diesjährigen Gewinnschätzungen gehen müssen.

Ich fühle mich von der Rückmeldung der Berenberg Bank in meiner ebenfalls vorsichtigen Haltung für Schweizer Bankaktien bestätigt.