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Was war das bloss wieder für eine Woche, fragte ich mich vergangenen Freitag – und spielte auf die vielen Jahresergebnisse genauso wie auf die vielen Aktienumstufungen und Kurszielanpassungen an. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich allerdings noch nicht, was uns diese Woche alles erwarten würde. Hätte ich besser hingeschaut, dann wäre vermutlich auch mir aufgefallen, dass für diese Woche nicht weniger als 30 Unternehmensabschlüsse angekündigt waren.

Doch auch die Aktienanalysten hielten uns in den letzten Tagen ganz schön auf Trab. Für Schnappatmung bei uns Wirtschaftsjournalisten und Börsenkolumnisten war jedenfalls immer mal wieder gesorgt.

In ausgeprägte Schnappatmung sind die Aktionärinnen und Aktionäre von AMS Osram verfallen, als am Mittwochabend wenige Stunden nach Börsenschluss eine weitere Hiobsbotschaft über den Börsenticker flimmerte. So hat sich ein möglicher Grossabnehmer für microLEDs überraschend vom Sensorenhersteller abgewendet.

Namen darf AMS Osram keinen nennen. Beim ominösen Grossabnehmer dürfte es sich jedoch um niemand geringeres als um das amerikanische Kultunternehmen Apple handeln. Der Sensorenhersteller bleibt auf Investitionen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro sitzen. Davon gelten nun bis zu 900 Millionen Euro als in den Sand gesetzt. Was für eine katastrophale Fehlplanung und was für eine Fehleinschätzung dieser Kundenbeziehung.

Zur Erinnerung: Als AMS Osram im November letzten Jahres zu einer weiteren Bilanzsanierung - Kapitalerhöhung inklusive - gezwungen war, knüpfte man den Turnaround mitunter an die vielversprechenden Wachstumsaussichten im Geschäft mit microLEDs. Wenige Monate zuvor holte man mit Aldo Kamper sogar den früheren Spartenleiter für diesen Geschäftszweig zurück ins Unternehmen und gab ihm den Chefsessel.

Der Aktienkurs von AMS Osram knickt ein (Quelle: www.cash.ch)

Auch die Banken werden für ihre teilweise erst kürzlich wiedergewonnene Zuversicht bestraft. Alleine am gestrigen Donnerstag knickte der Aktienkurs um 40 Prozent ein. Vontobel-Analyst Mark Diethelm reagierte umgehend und stufte die Valoren des Sensorenherstellers mit einem Kursziel von 2 (zuvor 3,70) Franken von "Buy" auf "Hold" herunter. Auch Stifel-Analyst Jürgen Wagner zieht die Reissleine und vollzieht denselben Schritt mit einem Kursziel von 1,70 (zuvor 3,20) Franken. Sein Berufskollege Stephane Houri bei der französischen Investmentbank Oddo geht von "Neutral" auf "Underperform" und damit noch einen Schritt weiter. Das Kursziel veranschlagt er neuerdings mit 1,50 (zuvor 2) Franken.

Der für die Deutsche Bank tätige Robert Sanders bleibt hingegen standhaft und bestätigt seine Kaufempfehlung – wenn auch mit einem deutlich tieferen Kursziel von 1,80 (zuvor 2,75) Franken. Er schliesst aus, dass Qualitätsprobleme oder zu hohe Kosten hinter dem Rückzug des Grossabnehmers stehen. Vielmehr vermutet er, dass die amerikanische Apple intern die Ressourcen neu bündelt.

Dass ein Grossabnehmer einfach so abspringt und ein Milliardengrab hinterlässt, macht einfach nur sprachlos. Ausser Spesen nichts gewesen, liesse sich aus Sicht der alles andere als erfolgsverwöhnten Aktionärinnen und Aktionäre da seufzen. Vermutlich fallen die microLED-Umsätze künftig nicht nur um einiges spärlicher, sondern wohl auch viel später als gedacht an. Ich weiss nicht so recht, ob da Aldo Kamper als Firmenchef nach einer solch kolossalen Fehleinschätzung überhaupt noch tragbar ist.

Starke Nerven werden den Anlegern auch bei den Aktien von Meyer Burger abverlangt. Mit einem Minus von knapp 20 Prozent zählt das Solarunternehmen an der Schweizer Börse zu den Wochenverlierern. Gestern Donnerstag kosteten die Valoren zeitweise gerade mal noch 6 Rappen und damit weniger als im März des Schicksalsjahres 2020. Dass im Laufe des Tages mehr als 50 Millionen Aktien die Hand wechselten, lässt vermuten, dass hier grosse Adressen am Werk sind.

Als Spielverderber erwies sich unter anderem ein Kommentar aus der Feder von Stifel-Analyst Alexander Koller. Darin kündigte er schon am Montag an, seine Kaufempfehlung sowie das Kursziel von 75 Rappen unter negativen Vorzeichen überdenken zu wollen.

Er geht zwar davon aus, dass die geplante Kapitalerhöhung für die Produktionsverlagerung nach Übersee gelingen wird. Bis sich die Kosten für diese Pläne vernünftig abschätzen lassen, rechnet der Analyst jedoch mit starken Kursausschlägen.

Noch ist das letzte Wort in Berlin in Sachen "Resilienz-Bonus" für die Solarindustrie nicht gesprochen. Allerdings wird das Warten darauf immer mehr zur Glaubensfrage...

Ebenfalls auf eine bewegte Woche blickt Idorsia zurück. Erst schoss der Aktienkurs der Baselbieter innerhalb weniger Tage von 1,50 auf 3,70 Franken hoch, dann machte sich die Erdanziehungskraft bemerkbar und es ging fast im selben Tempo wieder auf 2,10 Franken.

Ich kommentierte die am Mittwoch bekanntgewordene Lizenzvereinbarung mit der amerikanischen Viatris wie folgt:

...und...

Wie die amerikanische Investmentbank Jefferies in einem Kommentar schreibt, dürfte die Finanzierung dank den 350 Millionen Dollar bis November dieses Jahres gesichert sein. Danach stelle sich die Frage nach neuem Kapital allerdings wieder.

Die Aktien von Idorsia stehen auch heute Freitag unter Verkaufsdruck (Quelle: www.cash.ch)

Mit Aprocitentan hat Idorsia noch einen entscheidenden Pfeil im Köcher. Den mir vorliegenden Informationen zufolge wird die amerikanische Arzneimittelbehörde FDA bis zum 19. März über die Marktzulassung des Blutdrucksenkers befinden. Sollte der Entscheid positiv ausfallen, könnte auch Aprocitentan an einen Partner auslizenziert werden.

Gerade im Wissen um diesen Entscheid bleiben die Aktien höchst spekulativ. Kommt hinzu, dass sie in der Nacht auf den heutigen Freitag aus dem Small Cap Index von MSCI ausgeschieden sind. Es dürften denn auch indexbezogene Verkäufe sein, welche den Valoren in den letzten Tagen zusetzten.

Unter die Räder geraten heute Freitag die Aktien von Kühne+Nagel. Sie werden nach einem enttäuschenden Schlussquartal prozentual zweistellig zurückgebunden. Selbst die Restrukturierungskosten in Höhe von 53 Millionen Franken aufgerechnet, verfehlt der operative Gewinn (EBIT) mit 375 Millionen Franken die bei 424 Millionen Franken liegenden Schätzungen der Analysten ziemlich deutlich.

Dass die Börse enttäuscht reagiert, dürfte vor allem dem Umstand geschuldet sein, dass die Dividende – wir sprechen von 10 Franken je Aktie – erstmals seit Jahren nicht durch den freien Cashflow gedeckt ist. Und auch die hartnäckig hohen Kosten kommen in Analystenkreisen nicht gut an, entfalten die in der Vergangenheit eingeleiteten Sparmassnahmen bisher doch kaum Wirkung.

Die Mittelfristziele des Transportunternehmens aus dem steuergünstigen Schindellegi gelten als ziemlich ambitioniert. Umso mehr lassen Ergebnisse wie jenes für das vergangene Quartal Zweifel an der Erreichbarkeit dieser Ziele lautwerden.

Während die Handelsumsätze bei den hiesigen Aktien in den letzten Tagen ziemlich mager waren, schwollen jene bei Nestlé deutlich an. Das wiederum lässt einen erbitterten Kampf zwischen Haussiers und Baissiers erahnen und deutet an, dass hier grosse Marktakteure am Werk sind.

Ich kommentierte die Ergebnisenttäuschung kürzlich mit folgenden Worten:

...und...

Man muss schon ziemlich erfolgsverwöhnt sein, um bei Nestlé von einer Krise zu sprechen. So langsam kommen die Aktien an einen Punkt, an dem auch ich sie wieder für kaufenswert erachte. Mit dem schnellen Geld sollten Anlegerinnen und Anleger indes nicht rechnen.

Nächste Woche wird es hierzulande nur bedingt etwas ruhiger. Ich zähle viele weitere anstehende Ergebnisse von Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe. Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf fällt nächsten Freitag ausnahmsweise aus.

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