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Die letzten Tage hatten es in sich: Die Nachrichtenlage im Handelsstreit zwischen den Regierungen in Washington und Peking änderte sich - zumindest gefühlt - im Minutentakt. Dabei gaben sich Information und Desinformation die Klinke in die Hand - wie das nicht anders zu erwarten ist, wenn zwei Wirtschaftssupermächte sich in den Haaren liegen. Dementsprechend nervös ist das Handelsgeschehen am Schweizer Aktienmarkt.

Wie man mir berichtet, will sich niemand so richtig aus dem Fenster lehnen. Angeblich werden über weite Strecken bloss Titelpositionen herumgeschoben. An einem Tag sind die konjunkturresistenten Schwergewichte Nestlé, Roche und Novartis gefragt, am anderen Tag gilt das Interesse dann urplötzlich und ganz unerwartet den Aktien der beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse.

Von Nervosität zeugt auch das Kursfeuerwerk bei den Valoren des Warenprüfkonzerns SGS, ausgelöst durch eine Heraufstufung von "Hold" auf "Buy" durch Vontobel. Analyst Jean-Philippe Bertschy berichtet von frischem Wind am Hauptsitz in Genf und erhöht das Kursziel darauf abgestützt auf 2800 (zuvor 2350) Franken. Damit verhilft er den Papieren am heutigen Freitag im frühen Handel zu einer Kursavance von mehr als 5 Prozent - und das, obwohl ich in der mir zugespielten Unternehmensstudie keine bahnbrechend neuen Erkenntnisse finde.

Für zwei weitere Umstufungen sorgt Helvea - allerdings in die andere Richtung. Sowohl für die Aktien von Vifor Pharma als auch für jene von Schweiter Technologies geht es von "Buy" auf "Hold". Bei letzteren kürzt Analyst Markus Mayer das Kursziel auf 1000 (zuvor 1210) Franken.

Wenig Fingerspitzengefühl zeigte in den letzten Tagen ein nicht namentlich bekannter Verwaltungsrat, als er sich nach positiven Aussagen des Vorsitzenden Etienne Jornod in der Wochenendpresse von Aktien des eigenen Unternehmens trennte.

Ein Zeichen anderer Art setzten diese Woche Aryzta-Chef Kevin Toland und sein Verwaltungsratspräsident Gary McGann. Wie seit dem gestrigen Donnerstag bekannt ist, hatte sich tags zuvor sowohl jemand aus der Geschäftsleitung als auch jemand aus dem Verwaltungsrat des hochverschuldeten Backwarenherstellers Aktien angelacht. Wir sprechen hier von 625'000 Titel mit einem Verkehrswert von mehr als 400'000 Franken.

Auch wenn die Schweizer Börse SIX keine Namen nennt, vermute ich Toland und McGann hinter dieser vertrauensbildenden Massnahme. Es wäre jedenfalls nicht das erste Mal, dass die beiden medienwirksam Aktien des eigenen Arbeit- beziehungsweise Mandatsgebers zukaufen würden. Überzeugung sieht allerdings anders aus, setzt man die gut 400'000 Franken ins Verhältnis zur Gesamtentschädigung aller Geschäftsleitungsmitglieder und Verwaltungsräte. Den Firmenlenkern von Aryzta dürften auch im vergangenen Jahr wieder knapp 20 Millionen Franken zugeflossen sein.

Angesichts des schleppenden Tagesgeschäfts und der weiterhin erdrückend hohen Verschuldung darf denn auch von einer gewagten Wette gesprochen werden.

Ebenfalls zu einer Wette liess sich Israel Englander verleiten. Der berüchtigte amerikanische Hedgefonds-Milliardär hat über Derivate eine 3,5-Prozent-Beteiligung an Clariant aufgebaut. Brisant dabei: Die Derivate verfallen am 20. Dezember.

Bei den Aktien von Clariant übernehmen Trittbrettfahrer das Zepter (Quelle: www.cash.ch)

Dass diese Informationen öffentlich zugänglich sind, macht Englander verwundbar. Andere finanzkräftige Hedgefonds könnten es nun auf ihn absehen und sich im Hinblick auf den Derivatverfall zu einem orchestrierten Angriff auf die Aktien des Baselbieter Spezialitätenchemiekonzerns entschliessen.

Oder aber Englander weiss etwas, das wir nicht wissen - beispielsweise, dass der saudische Ankeraktionär Sabic überraschend eine Übernahmeofferte für Clariant abgibt. Oder aber er weiss mehr, was den möglichen Verkauf von Geschäftsbereichen anbetrifft. Wie dem auch immer sein möge: Die nächsten Wochen versprechen spannend zu werden.

Auch in der Gerüchteküche brodelt es wieder einmal ganz gewaltig. Während dem Stadler-Rail-Chef Peter Spuhler an der Börse ein Einstieg beim Solarzulieferer Meyer Burger nachgesagt wird, spekuliert man bei LafargeHolcim auf ein milliardenschweres Aktienrückkaufprogramm. Angeblich ist der Zementhersteller aus Jona aufgrund unrealistischer Preisvorstellungen des Verkäufers aus dem Bieterrennen um das Bauchemiegeschäft von BASF ausgestiegen. Bei Landis+Gyr hingegen wird gemunkelt, dass der Grossaktionär Kirkbi still und leise begonnen habe, sich von ersten Aktien zu trennen. Solche wären reichlich vorhanden, hält das Family Office des dänischen Milliardärs und Lego-Erben Kirk Kristiansen Offenlegungsmeldungen zufolge doch gut 15 Prozent am Stromzählerspezialisten.

Im Hinblick auf die kommende Woche gilt das Interesse den Neunmonatsumsatzzahlen von Roche und Nestlé. Den Anfang macht am Mittwoch der Pharma- und Diagnostikkonzern Roche, gefolgt vom Nahrungsmittelmulti Nestlé tags darauf. Folglich werden diese beiden Zahlenkränze dem Swiss Market Index (SMI) den Weg zeigen.

Die Aktien von Nestlé (rot) im 12-Monats-Vergleich mit dem SMI (gelb) (Quelle: www.cash.ch)

Zumindest die Erwartungen an Nestlé sind riesig. Einige Analysten rechnen mit einer kräftigen organischen Wachstumsbelebung. Sie liegen mit ihren diesjährigen Wachstums- und Margenschätzungen schon heute deutlich über den firmeneigenen Zielvorgaben eines organischen Umsatzwachstums von rund 3,5 Prozent und einer operativen Marge (EBIT) von 17,5 Prozent oder mehr. Ausserdem wird dem Traditionsunternehmen ein weiteres milliardenschweres Aktienrückkaufprogramm nachgesagt. Roche wiederum muss den Beweis antreten, dass Nachahmerpräparate bei den Schlüsselmedikamenten Rituxan und Herceptin nicht zu einer Umsatzerosion geführt haben. Die eigentliche Bewährungsprobe steht den Baslern diesbezüglich wohl erst noch bevor. Einige ausländische Analysten warten schon fast verzweifelt darauf, dass sich günstigere Nachahmerpräparate endlich in die Umsätze fressen.

Selbst wenn die hohen Erwartungen erfüllt werden, wäre ich nicht überrascht, sollten die beiden Indexschwergewichte im Anschluss an die Veröffentlichung der Neunmonatsumsatzzahlen Gewinnmitnahmen zum Opfer fallen. Am nächsten Freitagmittag wissen wir vermutlich mehr, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

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