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Kaum ein anderes Land ist derart stark von den Ausfuhren ins Ausland abhängig wie die Schweiz. Und kaum ein anderes Land hat in den vergangenen Jahrzehnten ähnlich viele international tätige Unternehmen hervorgebracht.

Für diese ist der starke Franken Fluch und Segen zugleich. Segen deshalb, weil er den Firmen einen natürlichen Schutz vor nicht gewünschten Übernahmeversuchen aus dem Ausland bietet und ergänzende Firmenkäufe im Ausland aus hiesiger Sicht attraktiver macht. Fluch hingegen, weil er im internationalen Wettbewerb zu einem entscheidenden Nachteil wird.

Dass der Euro in den letzten Tagen in die Region von 1,0250 Franken und damit auf den tiefsten Stand seit Ende Januar gefallen ist, dürfte deshalb nicht nur in den Handelsräumen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) für Hektik und Nervosität sorgen. Der wieder erstarkte Franken wird auch den exportorientierten Unternehmen und ihren Entscheidungsträgern nicht entgangen sein.

Keine grauen Haare scheint man sich deswegen am Schweizer Aktienmarkt wachsen zu lassen. Die Stimmung unter den Marktakteuren ist weiterhin ziemlich ausgelassen. Den breiten Swiss Performance Index (SPI) trennt mittlerweile weniger als 1 Prozent von seinem Rekordhoch bei 9500 Punkten. Erste Aktienstrategen sprechen sogar schon von einem Vorstoss in den fünfstelligen Bereich.

Während der zuletzt wieder stärkere Franken von diesen Experten entweder ignoriert oder schöngeredet wird, zeigt sich der Chefanalyst von Kepler Cheuvreux zunehmend besorgt. Durch die Massnahmen der SNB zur Schwächung des Frankens seien die hiesigen Anleger regelrecht in Aktienanlagen gedrängt worden. In der Folge sei der Schweizer Aktienmarkt zu einem der teuersten in ganz Europa geworden, so der Experte.

Sollte der Franken weiterhin seine Muskeln spielen lassen, drohe der Schweizer Börse Ungemach. Schliesslich habe die Erholung des Euros auf vorübergehend 1,08 Franken bis vor wenigen Wochen für steigende Umsatz- und Gewinnschätzungen gesorgt. Auch kurz nach der Aufgabe des Mindestkurses gegenüber dem Euro bekanntgegebene Kosteneinsparungsmassnahmen und Preiserhöhungen hätten geholfen, so der Chefanalyst.

Allerdings bewege sich der Euro seither wieder in Richtung Franken-Parität und auch der Dollar sei von seinem Zwischenhoch von Mitte März deutlich zurückgefallen.

Darf man dem Experten Glauben schenken, dann wird der erstarkte Franken vor allem für die Banken, die Pharma- und Medizinaltechnikunternehmen sowie für die Luxusgüterhersteller wieder zu einem unangenehmen Thema für die zukünftige Gewinnentwicklung.

Wenig konsequent scheint da die Zusammensetzung der Schlüsselkaufempfehlungen von Kepler Cheuvreux für den Schweizer Aktienmarkt. Denn auf der aus den Aktien von Actelion, AMS, Flughafen Zürich, OC Oerlikon, Partners Group, Richemont und Valora zusammengesetzten Empfehlungsliste sind solche Unternehmen prominent vertreten.

Unser Heimmarkt hat sich im Zuge der ultralockeren Zins- und Geldpolitik führender Zentralbanken grundlegend von der Entwicklung der Unternehmensgewinne abgekoppelt. Also wieso sollten die Marktakteure nicht auch grosszügig über den zuletzt wieder deutlich stärkeren Franken hinwegschauen? Ich kann nur für mich selber sprechen, wenn ich schreibe, dass mir die jüngsten Entwicklungen an den Börsen Unbehagen bereiten. Der starke Franken trägt zweifelsohne dazu bei.

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Die Jagd nach renditestarken Titeln bescherte den Namenaktien von Swisscom in den vergangenen Jahren einen regelrechten Höhenflug. Einst als das hierzulande mit Abstand dividendenstärkste Grossunternehmen gefeiert, musste der Telekommunikationsanbieter diese Rolle längst an andere Firmen wie Swiss Re oder Zurich Insurance Group abgeben.

Mit einer Dividendenrendite von 4 Prozent heben sich die Valoren von Swisscom nur noch unwesentlich vom bei 3,2 Prozent liegenden Durchschnittswert ab. Kommt dazu, dass Anleger seit der Publikumsöffnung des Rivalen Sunrise endlich eine branchenbezogene Alternative haben.

Zumindest für die Experten von RBC Capital Markets steht fest: Die Aktien des Börsendebütanten werden jenen von Swisscom den Rang ablaufen. Aus diesem Grund stufen sie letztere von "Outperform" auf "Sector Perform" herunter. Das Kursziel beziffern sie weiterhin bei 580 Franken.

Im Gegenzug nimmt man bei der kanadischen Grossbank die Erstabdeckung der Papiere von Sunrise mit "Outperform" und einem Kursziel von 100 Franken auf. Selbst nach dem Verkauf von Orange Schweiz an Xavier Niel erachten die Experten den Schweizer Telekommunikationsmarkt als attraktiv. Sunrise vereine operatives Verbesserungspotenzial mit einer attraktiven Kapitalstruktur und verfüge über gute Dividendenaussichten.

Ich kann mir gut vorstellen, dass gerade an einer hohen Dividendenrendite interessierte Anleger aus den Aktien von Swisscom in jene von Sunrise umschichten könnten. Grundsätzlich rechne ich aber noch immer mit einem deutlich intensiveren Wettbewerb unter den drei grossen Schweizer Mobilfunkanbietern. Bleibt zu hoffen, dass dieser sich nicht in verhalteneren Dividendenaussichten niederschlagen wird.

 

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