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Anfang der Neunzigerjahre holte Martin Ebner den "Shareholder-Value" aus dem angelsächsischen Raum zu uns in die Schweiz. Wie ein Wanderprediger zog "der Mann mit der Fliege" durch unser Land und scharte nicht nur zehntausende Büezer und Hausfrauen hinter sich. Nein, auch eingefleischte Börsianer folgten dem "Messias der Kleinanleger" und stürzten sich, sobald eines seiner Investitionsziele offenkundig wurde, auf dessen Aktien.

Auf seinem Höhepunkt war Ebner der Herr über geschätzte 30 Milliarden Franken, was ihm selbst den Respekt multinationaler Grossunternehmen einbrachte. Die Börsenbaisse zu Beginn des neuen Jahrtausends zwang den berühmt-berüchtigten Financier mit seinen teils fremdfinanzierten Firmenbeteiligungen letztendlich jedoch in die Knie. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion musste er sich von seinen Investmentgefässen trennen und diese an die kreditgebenden Banken abtreten.

Spätestens seit damals haftet dem angelsächsisch geprägten "Shareholder-Value" etwas Anrüchiges an. Vielleicht auch deshalb, weil das unserer Schweizer Mentalität widerstrebt, wenn die Interessen einer Anspruchsgruppe bei einem Unternehmen über jene aller anderen gestellt werden.

Es gibt allerdings bis heute Pioniere auf dem Gebiet der Aktionärswertschaffung. Als solcher gilt der Westschweizer Stellenvermittler Adecco. Kaum ein anderes im Swiss Market Index vertretenes Unternehmen hat es in den letzten Jahren so gut verstanden, auf die Bedürfnisse seiner Eigentümer einzugehen.

Unvergessen bleibt das vor gut drei Jahren über eine Anleihe finanzierte Aktienrückkaufprogramm. Dank der schon zum damaligen Zeitpunkt tiefen Zinsen liess sich eine satte Gewinnverdichtung erzielen, was nicht nur bei den Anlegern sondern auch bei den Analysten gut ankam.

Mit Patrick de Maeseneire und seinem Finanzchef Dominik de Daniel werden die beiden Ziehväter des fremdfinanzierten Aktienrückkaufprogramms das in Chéserex beheimatete Unternehmen Ende des Monats verlassen.

In angelsächsischen Kreisen wurde das Zweiergespann de Maeseneire und de Daniel auch gerne liebevoll als "dynamisches Duo" bezeichnet, in Anlehnung an den Superhelden Batman und seinen Helfer Robin.

Von dieser Rochade an der Unternehmensspitze angeheizt, ist in Analystenkreisen ein Glaubenskrieg entbrannt. Keine andere SMI-Aktie spaltet die Experten derzeit mehr als die von Adecco.

Erst kürzlich stufte die MainFirst Bank die Papiere auf Basis eines durchzogenen Zahlenkranzes von "Neutral" auf "Underperform" herunter und strich das Kursziel auf 73 (75) Franken zusammen. Nach einer Abwärtsrevision der Gewinnschätzungen für die nächsten zwei Jahre liegen diese um bis zu 10 Prozent unter den jeweiligen Konsensschätzungen.

In Erwartung eines weiterhin mässigen organischen Umsatzwachstums und einer bestenfalls währungsbedingt steigenden Bruttomarge hegt der für das Bankinstitut tätige Experte Zweifel an der Erreichbarkeit des firmeneigenen Ziels einer operativen Marge von mindestens 5,5 Prozent.

Anders sein Berufskollege von der Credit Suisse, welcher die Aktien von Adecco in einer Branchenstudie von "Neutral" auf "Outperform" heraufstufte und das 12-Monats-Kursziel auf 85 (79) Franken nachzog. Er rechnet mit einer organischen Wachstumsbeschleunigung, insbesondere im Schlüsselmarkt Frankreich.

Prominente Unterstützung erhält die Schweizer Grossbank von Merrill Lynch. Auch beim amerikanischen Bankinstitut empfiehlt man die Valoren von Adecco neuerdings mit einem Kursziel von 93 (90) Franken zum Kauf.

Hauptattraktion von Adecco ist meines Erachtens das von einer nur geringen Kapitalbindung geprägte Geschäftsmodell. Dieses lässt in Zukunft eine deutlich attraktivere Dividendenpolitik oder eine Neuauflage des fremdfinanzierte Aktienrückkaufprogramms zu. Die Aktien des Westschweizer Stellenvermittlers sind denn auch weiterhin ein fester Bestandteil meiner Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2015.

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Die Namenaktien von Nestlé machen ihrem Ruf als "Felsen in der Brandung" in diesen Tagen einmal mehr alle Ehre. Im Laufe des Montagnachmittags gerieten die Papiere des im waadtländischen Vevey beheimateten Nahrungsmittelherstellers zeitweise zwar ebenfalls unter starken Verkaufsdruck. Losgetreten wurde dieser von Absicherungstransaktionen über die Index-Futures. Doch schon im Laufe des gestrigen Tages konnte die Kursscharte wieder geschlossen werden.

Vor wenigen Tagen stellte sich der neue Finanzchef François-Xavier Roger erstmals den Analysten. Dabei konnte er gerade bei Vertretern aus dem angelsächsischen Raum punkten. Eigenen Angaben zufolge strebt Roger weitere Verbesserungen beim Umlaufvermögen an und ist Aktienrückkäufen gegenüber aufgeschlossen, was verständlicherweise gut ankommt.

Über die kommenden Wochen sind weitere Treffen mit Analysten und Grossinvestoren geplant. Den Aktien von Nestlé sollten diese meines Erachtens ganz klar helfen.

 

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