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Der Markt will nach oben, so berichten mir Händler. Und tatsächlich schrieben die hiesigen Aktienindizes neue Kursrekorde, bis sie im Laufe des Donnerstagmorgens wieder einmal von der Realität eingeholt wurden: Berichten zufolge räumen chinesische Regierungskreise einer raschen Einigung im Handelsstreit mit den Vereinigten Staaten nur geringe Chancen ein. Damit änderte sich die Nachrichtenlage im Handelsstreit zwischen Washington und Peking einmal mehr von einer Stunde zur nächsten.
Dass die hiesigen Aktienindizes nicht stärker von ihren Rekordständen zurückfielen, ist wohl Merrill Lynch zu verdanken. Angeblich tritt die mächtige amerikanische Investmentbank beim Schwergewicht seit Tagen als aggressive Käuferin in Erscheinung.
Dabei dürften weniger unternehmens- als vielmehr branchenspezifische Überlegungen im Vordergrund stehen, stuft Merrill Lynch den europäischen Nahrungsmittelsektor doch überraschend von "Underweight" auf "Overweight" herauf. In Erwartung einer kleineren Börsenkorrektur senkt die Investmentbank im Gegenzug die Aktien der europäischen Banken sowie der Investitionsgüterhersteller von "Overweight" auf "Marketweight".
Diese Umstufungen passen so gar nicht zu den seit Wochen zu beobachtenden Sektorrotationen weg von konjunkturresistenten Aktien, erklären aber die jüngste Kursschwäche bei hiesigen Papieren wie Credit Suisse, ABB oder UBS.
Gar nicht gut kam diese Woche das Quartalsergebnis der Credit Suisse an. Auf den ersten Blick schnitt die kleinere der beiden Schweizer Grossbanken zwischen Juli und September zwar besser ab als Analysten erwartet hatten. Nachdem einige Analysten dann aber lauthals die Ergebnisqualität anprangerten, reagierte die Börse ziemlich verschnupft.
Wie Analyst Kian Abouhossein von J.P. Morgan festhält, hat Firmenchef Tidjane Thiam das Einsparpotenzial nahezu ausgeschöpft. Mit anderen Worten: Jetzt muss möglichst rasch eine glaubwürdige Wachstumsstrategie her. Dass man auch im gesättigten Vermögensverwaltungsgeschäft wachsen kann, stellt Julius Bär seit Jahren eindrücklich unter Beweis. Oder aber die Credit Suisse geht einen Schritt weiter und schliesst sich gleich mit der kleineren Rivalin zusammen - umfassende Synergien inklusive.
Der Investorentag war bei der Credit Suisse in den letzten Jahren immer mal wieder für eine Überraschung gut. Warten wir deshalb mal ab, was Thiam am 12. Dezember aus dem Hut zaubert - vielleicht löst er ja sein ursprüngliches Versprechen ein und präsentiert den Aktionären eine vorwärts gerichtete Wachstumsstrategie.
Schon seit Tagen gehen beim schweizerisch-schwedischen Industriekonzern ABB ausserbörslich grössere Aktienblöcke um. Wer dahinter steckt, lässt sich auf die Schnelle nicht ausfindig machen. Eine mögliche Erklärung für dieses Phänomen wäre die bereits erwähnte Herunterstufung der europäischen Investitionsgüteraktien durch Merrill Lynch - eine weitere Erklärung liefern die seit Wochen kursierenden Gerüchte, wonach bedeutende Aktionäre jeweils bei rückläufigen Kursen Titel sammeln würden. Vielleicht wissen wir schon bald Näheres.
Einen schweren Stand haben die Aktien von Leonteq. Nachdem UBS-Analyst Mate Nemes am gestrigen Donnerstag den Rotstift ansetzte, wurden umgehend Ergebnisängste laut. Bis zum Abend hatten sich beim einst gefeierten Anbieter von strukturierten Produkten gut 8 Prozent seines Börsenwerts in Rauch aufgelöst. Dabei hatte Nemes seine Gewinnschätzungen durchschnittlich doch gerade mal um 3 Prozent reduziert.
Das Kursfiasko dürfte auch Rainer-Marc Frey nicht entgangen sein. Dass der Grossaktionär - er hält rund 10 Prozent an Leonteq - bei der Arbeitgeberin des besagten Analysten einst sogar im Verwaltungsrat sass, entbehrt nicht einer gewissen Komik.
Nächste Woche legen mit dem Stellenvermittler Adecco, den beiden Versicherungskonzernen Swiss Life und Zurich Insurance sowie dem Luxusgüterhersteller Richemont die letzten Nachzügler aus dem Swiss Market Index ihre Zahlenkränze vor. Den breiten Markt dürften letztere - alleine schon aufgrund der geradezu erdrückenden Dominanz von Nestlé, Roche und Novartis - wohl nicht gross bewegen, wohl aber bei den jeweiligen Aktien für reichlich Kursbewegung sorgen.
So bleibt uns nichts anderes übrig, als abzuwarten, ob die Sektorrotationen in Richtung konjunkturabhängiger Aktien andauern. Mehr zu diesem Thema am Freitag in einer Woche, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.
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