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Noch bis vor wenigen Wochen standen die Baissiers auch bei uns am Aktienmarkt auf der Liste der vom Aussterben bedrohten Spezies. Beinahe täglich erklomm der breit gefasste Swiss Performance Index (SPI) wieder neue Rekordstände. Nichts schien den hiesigen Marktakteuren die Champagnerlaune verderben zu können - nicht einmal das unter seiner Schuldenlast ächzende Griechenland.
Sowohl bei pessimistisch gestimmten Analysten als auch bei eingefleischten Baissiers war der Leidensdruck zu diesem Zeitpunkt so gross, dass beide Lager reihenweise das Handtuch warfen. Und alleine schon dieser Umstand hätte eigentlich hellhörig werden lassen sollen. Denn mittlerweile wissen wir, dass Griechenland doch mehr als bloss ein wirtschaftlich unbedeutendes und daher vernachlässigbares Land im Südosten Europas ist. So hart das auch formuliert sein mag: Das Ausscheiden Griechenlands aus der Europäischen Union würde das gesamte "Konstrukt Europa" in Frage stellen.
Da erstaunt es wenig, dass der SPI seit seinem Rekordhoch von Ende Mai ganze 7 Prozent nachgegeben hat. Einige prominent im Börsenbarometer vertretene Aktien mussten noch viel mehr Federn lassen - zur Freude der zuvor leidgeplagten Baissiers.
Anders als an der Börse in New York hält es die Schweizer Börse SIX nicht für notwendig, eine Offenlegungspflicht für Leerverkäufe einzuführen. Dennoch gibt es Anbieter, welche gegen viel Geld mit solchen Statistiken aufwarten können. Mein Dank gebührt an dieser Stelle einem lieben Bekannten, der mich mit einer "Rangliste der am häufigsten leerverkauften Aktien" versorgen konnte.
Bei den Standardwerten wird diese Rangliste, wer hätte es gedacht, von den Inhaberaktien der Swatch Group angeführt. Den Statistiken zufolge sind beim Westschweizer Luxusgüterhersteller Wetten auf rückläufige Kurse im Umfang von 14,8 Prozent aller ausstehenden Aktien offen. Seit Mitte November entspricht das nahezu einer Verdoppelung (siehe Kolumne von damals).
Prominente Unterstützung erhalten die Baissiers von den Aktienanalysten. Obschon die Swatch Group alleine in den letzten 18 Monaten knapp die Hälfte ihres Börsenwerts eingebüsst hat, sprach Merrill Lynch erst gestern eine Verkaufsempfehlung mit einem neu 300 (310) Franken lautenden Kursziel aus. Mit anderen Worten: Die mächtige amerikanische Grossbank erwartet noch einmal einen Rückschlag im Ausmass von 20 Prozent. Als Grund nennt sie die Kannibalisierung durch Smart-Watches sowie das von einer hohen Fixkostenbasis begleitete Geschäftsmodell.
Mit einem Minus von knapp 18 Prozent liefern sich die Swatch Group und Transocean denn auch ein Kopf-an-Kopf-Rennen um den Abstiegsplatz im Swiss Market Index (SMI). Allerdings wird nicht mehr ganz so heftig gegen das in Zug beheimatete Ölserviceunternehmen spekuliert wie das noch im November zu beobachten war. Die Baisseengagements liegen nur noch bei 7 Prozent der ausstehenden Aktien. Im Spätherbst waren es noch 12,6 Prozent.
Aufatmen dürfen die Aktionäre dennoch nicht, bläst Transocean doch schon seit Monaten ein eiskalter Wind ins Gesicht. Da der stark rückläufige Ölpreis die Förderung auf offener See unrentabel macht, muss sich das auf grosse Tiefen spezialisierte Unternehmen neu erfinden. Aufgrund der hohen Verschuldung machen immer wieder Gerüchte rund um eine Kapitalerhöhung die Runde.
Während die Baissiers bei der Swatch Group mittlerweile 17 durchschnittliche Tagesvolumen zum Schliessen ihrer Engagements benötigen, sind es bei Transocean immerhin 11 Tagesvolumen. Grössere Wetten laufen bei den im SMI vertretenen Aktien auch gegen jene von SGS mit 5,7 Prozent, Swiss Re mit 4,6 Prozent und ABB mit 3,7 Prozent der frei handelbaren Titel.
Bei ABB sorgte zuletzt CEO Ulrich Spiesshofer mit warnenden Worten für das zurückliegende zweite Quartal für Wasser auf die Mühlen der Baissiers (siehe Kolumne vom 16. Juni). Das Genfer Warenprüfunternehmen SGS hat hingegen mit einer geringeren Nachfrage nach den hauseigenen Dienstleistungen seitens von Kunden aus dem Bergbau und der Öl- und Gasindustrie zu kämpfen (siehe gestrige Kolumne). Einzig bei Swiss Re kann ich mir nicht so recht einen Reim aus den umfassenden Baisseengagements machen. Vermutlich wird - ziemlich makaber - auf ein von kostspieligen Naturkatastrophen geprägtes Jahr spekuliert.
Wie sagt man in Marktkreisen allerdings so schön: "There are no better buyers than short buyers", was ins Deutsche übersetzt soviel "Es gibt keine bessern Käufer als solche, die Deckungskäufe tätigen" bedeutet. Mit anderen Worten: Übertrieben hohe Baisseengagements müssen irgendwann wieder eingedeckt werden und sind daher nicht selten ein zuverlässiger Gegenindikator.
In meiner morgigen Kolumne verrate ich, auf welche kleinen und mittelgrossen Schweizer Unternehmen es die Baissiers abgesehen haben.
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