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Schon Sir John Maynard Keynes wusste: "Das Geheimnis des erfolgreichen Börsengeschäfts liegt darin, zu erkennen, was der Durchschnittsbürger glaubt, dass der Durchschnittsbürger tut."
Nach dem Siegeszug börsengehandelter Indexfonds könnte diese Erkenntnis den Zeitgeist besser kaum treffen. Denn von den Milliarden und Abermilliarden von Dollar, die diese Fonds verwalten, stammt ein nicht unbeträchtlicher Teil vom "Durchschnittsbürger". Erst recht, wenn man die Vorsorgegelder mit einrechnet.
Und dennoch gibt es an den Aktienmärkten so etwas wie eine Mehrklassengesellschaft. An verlässliche Informationen rund um leerverkaufte Aktien kommt bei uns in der Schweiz beispielsweise nur, wer Beratungsfirmen wie Markit zigtausend Franken im Jahr bezahlt.
So können ausländische Leerverkäufer hierzulande quasi unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit Publikumsgesellschaften angreifen - was für die betroffenen Firmen sowie für die Mitarbeiter und Lieferanten sogar existenzbedrohend sein kann (siehe auch "Leerverkäufer haben gleich zwei neue Opfer gefunden" vom 30. April).
Glücklicherweise dringen immer wieder interessante Informationsfetzen an die Öffentlichkeit durch.
Bei den Medienschaffenden beliebt ist die monatliche Umfrage von Merrill Lynch bei Fondsmanagern. Das mag damit zu tun haben, dass ihnen die amerikanische Investmentbank eine Auswahl an Umfragewerte kostenlos zur Verfügung stellt.
Allerdings müssen die Medienschaffenden und ihre Leserschaft wissen, wie sie mit diesen Informationen umzugehen haben. Kauft oder verkauft ein Gros der Fondsmanager nämlich dasselbe, ist nicht selten Vorsicht geboten. Mit anderen Worten: Extreme Umfrageergebnisse sind ein ziemlich zuverlässiger Gegenindikator.
Aus der gestern veröffentlichten Mai-Umfrage geht hervor, dass der Kauf von Aktien von Facebook, Amazon, Apple, Netflix und der Google-Mutter Alphabet (kurz "FAANG") oder ihren chinesischen Pendants Baidu, Alibaba und Tencent (auch bekannt als "BAT") zum vierten Mal in Folge als die mit Abstand beliebteste Wette der Fondsmanager gilt. Wenn das mal nicht extrem ist...
Der Höhenflug der Amazon-Aktien während der letzten fünf Jahre steht stellvertretend für andere amerikanische Technologiegiganten. (Quelle: www.cash.ch)
Die Strategen der britischen Barclays berichten hingegen von einem massiven Kapitalabfluss aus Aktienfonds. In Europa seien im April umgerechnet rund 14 Milliarden Dollar, in den Vereinigten Staaten gar 15 Milliarden Dollar aus Fonds abgezogen worden, so schreiben sie. Mit 4 beziehungsweise 8 Milliarden Dollar traf es aktiv verwaltete Aktienfonds etwas weniger stark als ihre indexnah ausgerichteten Kontrahenten.
Gleichzeitig wollen die Strategen von einem Rückzug von Aktienfonds aus den seit Jahren beliebten Technologiewerten wissen. Bankeigenen Erhebungen zufolge liegen die durchschnittlichen Bestände in diesem Titelsegment weltweit auf dem tiefsten Stand in diesem Jahrzehnt.
Zumindest in Europa sind die Pfründe klar verteilt: Aktienfonds setzen wie bis anhin vorwiegend auf Technologie- und Industriewerte. Im Gegenzug machen sie einen grossen Bogen um die am Schweizer Aktienmarkt prominent vertretenen Aktien der Pharma- und Nahrungsmittelhersteller.
Die wenig beliebten SMI-Schwergewichte Nestlé (grün), Roche (rot) und Novartis (gelb) im Fünfjahresvergleich. (Quelle: www.cash.ch)
Auch die Aussage, dass Aktienfonds zuletzt vermehrt zyklische Aktien auf den Markt geworfen hätten, deckt sich mit den mir vorliegenden Informationen. Seit Tagen treffen aus London immer wieder grössere Verkaufswellen auf hiesige Zykliker.
Was den angeblichen Rückzug von Aktienfonds aus den Technologiewerten anbetrifft, so fragt sich nun, ob die Vorliebe der von Merrill Lynch befragten Fondsmanager für amerikanische Technologiewerte ein reines Lippenbekenntnis ist. Falls ja, würde das die Aussagekraft dieser monatlich durchgeführten Erhebung in Frage stellen.
Für Klärung sorgt Andrew Garthwaite von der Credit Suisse. Wie der Chefstratege nach zahlreichen Kundengesprächen in Europa und Nordamerika zu berichten weiss, erfreuen sich die Technologiewerte reger Beliebtheit. Gewisse Unstimmigkeiten verspürt Garthwaite einzig bei den Erwartungen an die Halbleiterindustrie und deren Zyklus.
Das würde auch erklären, weshalb sich amerikanische Grossinvestoren bei uns in Europa seit Wochen schleichend aus den Aktien von Halbleiterherstellern und ihren Zulieferern zurückziehen.
In einem Strategiepapier lässt Garthwaite jedoch durchblicken, dass seine Kundschaft überwiegend zuversichtlich für die Aktienmärkte und trotz den Turbulenzen der letzten Monate entspannt bleibt.
Das wiederum deckt sich mit den Ergebnissen der jüngsten Umfrage von Merrill Lynch bei Fondsmanagern.
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