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Geopolitisch beeinflusste Märkte haben kurze Beine. So will es zumindest eine alte Börsenweisheit wissen. Und dennoch zieht sich die Mitte Januar begonnene Konsolidierung an den europäischen Aktienmärkten, des Konflikts auf der Krim wegen, weiter in die Länge.
Bei Kepler Cheuvreux zeigt man sich allerdings wenig erstaunt über die sich in den März hineinziehende Konsolidierung. Denn obschon nicht mit Kampfhandlungen zu rechnen sei, bleibe eine rasche Lösung des Konflikts unwahrscheinlich, so der für das Cross Asset Research verantwortliche Stratege. Aus heutiger Sicht sei noch auf Monate hinaus mit Verhandlungen und einer Art halbautonomen Regierung unter russischer Kontrolle zu rechnen.
Darf man dem Strategen Glauben schenken, dann ist die Konsolidierung allerdings nahezu abgeschlossen. In Rückschläge hinein Aktien zu kaufen sei für die Marktteilnehmer zur bevorzugten Vorgehensweise geworden. Dadurch würden die Rückschläge nicht nur vom Umfang her immer geringer, sondern auch von ihrer Dauer her immer kürzer. Den europäischen Aktienmärkten stehe eine unmittelbare Erholung bevor. Er gehe deshalb nicht davon aus, dass die Konsolidierung noch günstigere Einstiegsgelegenheiten als die jetzigen bieten werde, so der Experte weiter.
Bei den Branchenpräferenzen lässt sich der Stratege vom Umfeld allerdings zu Anpassungen bewegen. Er stuft den Immobiliensektor von "Neutral" auf "Overweight" und die Versorger von "Underweight" auf "Neutral" hoch. Im Gegenzug senkt er den Grundstoffsektor von "Overweight" auf "Neutral".
Anders als der für Kepler Cheuvreux tätige Stratege bin ich mir nicht sicher, ob die Konsolidierung an den europäischen Aktienmärkten bereits ausgestanden ist. Meine Sorge gilt weniger den geopolitischen Spannungen, als vielmehr der in den vergangenen 18 bis 24 Monaten beobachteten Abkoppelung der Märkte von der Entwicklung der Unternehmensgewinne.
Ich will an dieser Stelle nicht den Teufel an die Wand malen. Aber früher oder später muss die schon seit längerer Zeit erwartete Erholung bei den Unternehmensgewinnen einsetzen. Wenn man schon von einer Gefahr für die Aktienmärkte sprechen will, dann im Zusammenhang mit ihrer Abkoppelung von den kurzfristig eher verhaltenen Aussichten.
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Anlässlich der Jahresergebnispräsentation von Mitte Februar fiel die Zurich Insurance Group in ihr altes Fahrwasser zurück: Selbst unter Ausklammerung von Sonderfaktoren wurden die Markterwartungen sowohl beim Betriebsgewinn als auch beim Reingewinn verfehlt.
Dennoch halten die Firmenverantwortlichen bis heute unbeirrt am eigens erklärten Mittelfristziel einer Eigenkapitalrendite von 12 bis 14 Prozent beim Betriebsgewinn fest.
An dieser Zielbandbreite kommt am Markt allerdings immer mehr Zweifel auf. Auf Basis des Zahlenkranzes für das vergangene Jahr und der bisher bekanntgegebenen Strategieanpassungen befürchtet der für Bernstein Research tätige Experte, dass die Zurich Insurance Group selbst das untere Ende der Bandbreite kaum erreichen werde.
Im Sachversicherungsgeschäft habe das Unternehmen ganz offensichtlich den falschen Weg eingeschlagen, wachse es doch vor allem in margenschwachen Produktsegmenten. Und auch bei den Kosten seien der Experte und seine Berufskollegen bei anderen Banken von zu optimistischen Annahmen ausgegangen.
Bei Bernstein Research stellt man sich deshalb auf weitere Ergebnisenttäuschungen und weiteres Abwärtspotenzial ein. Nur dank der weiterhin attraktiven Dividendenrendite stuft der Experte die Aktien der Zurich Insurance Group mit "Market Perform" und einem Kursziel von 250 Franken ein.
Auch ich hätte mir gewünscht, dass die Versicherungsgruppe anlässlich des Investorentages vom vergangenen Dezember zu einem strategischen Rundumschlag ausholt. Ein solcher blieb allerdings bis heute aus. Ich frage mich, wann den Aktionären der Geduldsfaden reisst. Denn die hohe Dividendenrendite tröstet zwar über einiges hinweg – das allerdings nicht auf Jahre hinaus.
Der Konflikt auf der Krim und die politischen Umwälzungen in der Ukraine treffen die Zurich Insurance Group übrigens nur am Rande. Schätzungen der Commerzbank zufolge trägt die Region jährlich gut 250 Millionen Dollar zu den Prämien bei, was gerade mal 0,5 Prozent aller Prämieneinnahmen entspricht.
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Schon seit Wochen haben die Namenaktien von UBS und Credit Suisse einen schweren Stand. Darf man den Aussagen prominenter amerikanischer Rivalen Glauben schenken, dann haben sich die Rahmenbedingungen im Investment Banking in der jüngeren Vergangenheit wieder eingetrübt.
Deutlich stärker ins Gewicht fallen allerdings die im Zusammenhang mit der Vergangenheitsbewältigung anfallenden Kosten. Nach dem halbstaatlichen Wohnbauförderer Fannie Mae reichte nun auch der amerikanische Einlagensicherungsfonds FDIC eine Klage gegen die der Manipulation des Interbanken-Zinssatzes Libor bezichtigten Banken ein, auch gegen die beiden Schweizer Grossbanken. Durch die Manipulation seien bei 38 inzwischen abgewickelten Banken Verluste entstanden, so steht in der Anklageschrift.
Weitere Geschädigte dürften dem Beispiel von Fannie Mae und dem Einlagensicherungsfonds FDIC folgen und die bezichtigten Banken zur Rechenschaft ziehen. Gemäss Schätzungen von Kepler Cheuvreux sind weltweit Finanzprodukte im Gegenwert von nicht weniger als 350 Billionen Dollar an den Libor geknüpft. Bleibt aus Sicht der Aktionäre zu hoffen, dass die zu erwartenden Klagen finanziell nicht zu einem Fass ohne Boden werden.