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Als der Schweizer Aktienmarkt vor Wochenfrist innerhalb von gerademal drei Handelstagen um 12 Prozent einbrach, dürften bei den nicht gerade erfolgsverwöhnten Baissiers die Champagnerkorken geflogen sein. Doch es sollte alles anders kommen: Auf die Feierlaune folgte rasch einmal Ernüchterung und auf den Rückschlag eine Erholung.

Interessantes entnehme ich einer mir aus Zürich zugespielten Statistik aus dem Aktienhandel der MainFirst Bank. Beispielsweise, dass die Swatch Group das am stärksten leerverkaufte Unternehmen der Schweiz ist. Insgesamt laufen Wetten im Umfang von 18,9 Prozent aller ausstehenden Aktien gegen den in Neuenburg beheimateten Luxusgüterkonzern. Zum Vergleich: Ende Juni waren es noch 14,8 Prozent und die Swatch Group damit nur das drittunbeliebteste Schweizer Unternehmen nach Galenica und Meyer Burger.

Viel Geld haben Wetten gegen Galenica gekostet. Alleine seit Jahresbeginn ist der Börsenwert des Berner Pharmaunternehmens um mehr als 50 Prozent gestiegen. Die Baissiers sind nicht erst seit dem besser als erwarteten Zahlenkranz von Anfang August in Erklärungsnot. Noch vor zwei Monaten war eine von drei Namenaktien leerverkauft. Zuletzt waren es nur noch knapp 13 Prozent der ausstehenden Titel, fast ein Prozent weniger als noch vor einer Woche. Lachender Dritter ist Martin Ebner. Über seine Beteiligungsgesellschaft Patinex halten er und seine Ehefrau 18,4 Prozent der Stimmen (siehe Kolumne vom 2. Juli).

Auf dem Rückzug sind die Baissiers auch bei Meyer Burger. Obschon der im bernischen Gwatt beheimatete Solarzulieferer einmal mehr mit einem tiefroten Resultat aufwarten musste, liess sich der Aktienkurs nicht mehr länger drücken. Prompt setzten Deckungskäufe ein, welche die gegen das Unternehmen laufende Wetten seit Ende Juni von 16,5 auf 14,8 Prozent schmelzen liessen. Darf man der MainFirst Bank Glauben schenken, dann decken sich diese 14,8 Prozent an den überhaupt mittels Wertpapierleihe verfügbaren Aktien.

Die Auftragslage hat sich in den letzten Monaten zwar etwas aufgehellt. Bis Meyer Burger aus den roten Zahlen herausfindet, braucht es es allerdings Zeit. Zeit, die der Solarzulieferer vermutlich nicht hat, weshalb das Thema einer weiteren Kapitalerhöhung nicht völlig vom Tisch ist. Das ist denn auch der Strohhalm, an dem sich die Baissiers noch immer mit aller Kraft festhalten.

Als unerwartet tief werden bei der MainFirst Bank die gegen Transocean laufenden Wetten im Umfang von 13,4 Prozent der ausstehenden Aktien bezeichnet. Erst vergangene Woche schockierte das in Zug niedergelassene und auf die Ölförderung auf hoher See spezialisierte Unternehmen mit weiteren ausserordentlichen Wertberichtigungen in Milliardenhöhe, mit einer Aussetzung der Dividendenzahlung sowie mit einer substanziellen Nennwertherabsetzung.

Was das Bankinstitut nicht schreibt: Noch vor zwei Monaten waren mit 7 Prozent nur etwa halb so viele Aktien leerverkauft wie in diesen Tagen.

Mit Sulzer ist ein weiteres bekanntes Traditionsunternehmen dem Ölpreiszerfall zum Opfer gefallen. Vor wenigen Wochen erwischte der Hauptaktionär Victor Vekselberg die Baissiers allerdings eiskalt auf dem falschen Fuss. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion baute der russische Milliardär den Stimmenanteil über den Schwellenwert von 33,3 Prozent aus und war damit zu einem Pflichtangebot an die Publikumsaktionäre gezwungen.

Dieses wiederum lässt hellhörig werden, ebnet es beim Winterthurer Industriekonzern doch den Weg für ein möglicherweise stark gewinnverdichtendes Aktienrückkaufprogramm. Obschon die Wetten gegen Sulzer zuletzt von 12,8 auf 11,8 Prozent aller ausstehenden Aktien gesenkt wurden, entspricht das gegenüber Ende Juni noch immer einer Zunahme. Damals betrugen die Baisseengagements noch 10,6 Prozent.

Meines Erachtens gibt es keine vernünftige Erklärung, weshalb der Aktienkurs zuletzt unter den von Viktor Vekselberg gebotenen 99,20 Franken getaucht ist.

Nicht viel hat sich in den letzten zwei Monaten bei Barry Callebaut getan. Derzeit laufen Wetten im Umfang von 9,1 Prozent der Aktien gegen den in Zürich beheimateten Schokoladehersteller. Ursprünglich waren es 9,7 Prozent. Bei der MainFirst Bank wird vermutet, dass die Papiere aufgrund ihrer hohen Bewertung und der geringen Gefahr unliebsamer Überraschungen gerne als Geldquelle für andere Investitionen genutzt werden.

Ich bin gespannt, ob die am Freitag nach Börsenschluss bekannt gewordene Einigung im Rechtsstreit mit Petra Foods grundlegend etwas an der Situation ändert. Immerhin erhält Barry Callebaut eine einmalige Kaufpreisrückerstattung von umgerechnet gut 37 Millionen Franken.

Überrascht zeigt man sich beim Bankinstitut hingegen von den aggressiven Leerverkäufen in den Namenaktien von Logitech. Denn obschon der Turnaround weiter Formen annimmt und der Westschweizer Peripheriegerätehersteller über den offenen Markt eigene Aktien zurückkauft, wurden die Wetten gegen das Unternehmen innerhalb von gerademal zwei Wochen von 11 auf 12,9 Prozent der ausstehenden Titel ausgebaut (siehe Kolumne vom 17. August). Noch im Juni waren es sogar nur knapp 9 Prozent.

Wie der Statistik der MainFirst Bank zu entnehmen ist, haben die Baissiers ihre Wetten gegen Aryzta, Kühne + Nagel, Geberit, Straumann und Givaudan vergangene Woche deutlich ausgebaut. Zurückgefahren wurden hingegen jene auf OC Oerlikon, und zwar von 1,3 auf 0,9 Prozent aller Aktien. Auffällig ist zudem der Anstieg von praktisch null auf 2,2 Prozent seit Juni bei den Valoren von AMS. Wie der Teufel das Weihwasser fürchten Baissiers hingegen Wetten auf Actelion, Lonza, Adecco, Nestlé, Sika, Partners Group oder Zurich Insurance Group.

Unter alten Börsenfüchsen ist es kein Geheimnis, dass die Baissiers das schwierigere Los als die Haussiers haben. Anders als die Haussiers müssen die Baissiers den richtigen Zeitpunkt abwarten. Erwischen sie diesen, dann schenkt es für sie allerdings so richtig ein.

Meines Erachtens sind die Baisseengagements ein zuverlässiger Gegenindikator. Mit anderen Worten: Bei stark leerverkauften Aktien laufen die Baissiers Gefahr, ihre Haltung früher oder später überdenken und Deckungskäufe tätigen zu müssen. Im Gegenzug deuten geringe Baisseengagements auf eine gewisse Sorglosigkeit hin. Fällt ein solches Unternehmen am Markt in Ungnade, geraten seine Aktien ins Visier fieser Spekulanten. Die Statistik der MainFirst Bank eignet sich deshalb vor allem für die Querdenker unter meinen Leserinnen und Lesern - im Fachjargon gerne auch "Contrarians" genannt.


 

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