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Quasi in letzter Minute vereitelte Konzernchef Hariolf Kottmann Ende Januar eine Zerschlagung Clariants durch die oppositionelle Aktionärsgruppe White Tale. In einer Nacht-und-Nebel-Aktion gelang es den Baselbietern, die saudische Sabic als Ankeraktionär an Bord zu holen.

Wie tief der langjährige Partner aus dem Mittleren Osten für das Aktienpaket der Amerikaner in die Tasche greifen musste, darüber lässt sich bestenfalls spekulieren. Die Rede ist von gut 31 Franken je Aktie (siehe auch "Bei Clariant lassen sich erste Puzzleteile zusammensetzen" vom 22. Februar).

Und was machte Kottmann? Er liess sich in den hiesigen Medien frenetisch als Sieger über die ausländischen Spekulanten feiern.

Was der für Helvea tätige Markus Mayer in einer 38 Seiten starken Unternehmensstudie mit dem vielsagenden Titel "Geschichten aus 1000 und einer Nacht" schreibt, müsste Kottmann schlaflose Nächte bereiten.

Denn liegt der als profunder Branchenkenner geltende Mayer mit seiner Einschätzung richtig, ist Sabic nicht der erhoffte "Weisse Ritter". Der neue Ankeraktionär sei es weder gewohnt, noch daran interessiert, in der Rolle des Minderheitsaktionärs gefangen zu sein, so schreibt der viel beachtete Chemieanalyst.

Seines Erachtens könnte Sabic den Baselbieter Spezialitätenchemiehersteller gegebenenfalls sogar als Vehikel für eine indirekte Übernahme des amerikanischen Rivalen W.R. Grace missbrauchen.

Die Clariant-Aktien haben seit wenigen Wochen wieder Auftrieb (Quelle: www.cash.ch)

Mayer wiederholt, was er seine Anlagekunden schon Ende Januar wissen liess: Die Tage als eigenständiges Unternehmen sind bei Clariant gezählt und eine vollständige Übernahme durch den saudischen Ankeraktionär nur noch eine Frage der Zeit.

Der Chemieanalyst bekräftigt in der Unternehmensstudie deshalb seine Kaufempfehlung sowie das 33,50 Franken lautende Kursziel für die Aktien von Clariant.

Und so fragt sich, ob Sabic nicht schon bald das wahre Gesicht zeigt und damit das Schlusskapitel in der langjährigen Firmengeschichte der Baselbieter öffnet.

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Die Aktionäre von Sulzer dürfen aufatmen: mit einem geschickten Schachzug liess sich die von ausländischen Leerverkäufern herbeiersehnte Abwärtsspirale elegant durchbrechen.

Der traditionsreiche Industriekonzern aus Winterthur übernimmt 5 Millionen Aktien zu je 109 Franken aus dem Bestand des sanktionierten russischen Milliardärs Viktor Vekselberg - und nimmt den Leerverkäufern damit gleich in zweifacher Hinsicht den Wind aus den Segeln.

Zum einen kann sich Sulzer bei der Platzierung des Pakets alle Zeit der Welt lassen und zum anderen verhindert eine Vereinbarung mit dem Ankeraktionär, dass das Unternehmen selbst für tiefere Kurse geradestehen muss.

Die Rechnung der Leerverkäufer - ein rückläufiger Aktienkurs führt zu einem tieferen Wiederverkaufspreis und kostet das Unternehmen viel Geld - geht nicht länger auf.

Jäher Absturz der Aktien von Sulzer nach dem Embargo gegen russische Oligarchen (Quelle: www.cash.ch)

So kann das traditionsreiche Unternehmen aus Winterthur wieder dem nachgehen, was es eigentlich sollte: dem Tagesgeschäft.

Ein letzter Hoffnungsschimmer bleibt den Leerverkäufern - nämlich jener, dass die Sanktionen gegen den russischen Milliardär auf Dauer das Tagesgeschäft beeinträchtigen. Das wäre dann der Fall, sollte Vekselberg der amerikanischen Kundschaft von Sulzer auch in seiner neuen Rolle als Minderheitsaktionär ein Dorn im Auge sein.

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