Der cash Insider ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv. Lesen Sie börsentäglich von weiteren brandaktuellen Beobachtungen am Schweizer Aktienmarkt.

***

Seit gestern Nachmittag wird mir bei den Namenaktien von Clariant von Übernahmespekulationen berichtet. Auslöser seien zu früh veröffentlichte Vorabinformationen zum heutigen Investorentag von Evonik. Der deutsche Chemiegigant mache kein Geheimnis daraus, in Zukunft eine aktivere Rolle im Konzentrationsprozess spielen zu wollen, so lasse ich mir aus London sagen.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang ein Kommentar aus dem Aktienhandel der MainFirst Bank. Der Verfasser hält es für unwahrscheinlich, dass Clariant dasselbe Schicksal wie damals Ciba Spezialitätenchemie ereilt und das Unternehmen übernommen wird. Anders als der frühere Platzrivale sei Clariant gut geführt und für einen Käufer deshalb nur schwer ein Mehrwert zu erzielen. Darüber hinaus seien die Basler noch immer stark diversifiziert und für einen amerikanischen Mitbewerber zu stark von Europa abhängig. Auch eine Übernahme durch Evonik hält der Verfasser des Kommentars für unwahrscheinlich.

Die gestern und heute beobachteten Kursavancen sind vermutlich ein Ergebnis von Panik geprägter Deckungskäufe. Auch die Aktivitäten auf der Derivatseite sind bislang nicht sonderlich auffällig. Ich werde diese allerdings genauestens im Auge behalten, sind sie doch meist ein zuverlässiger Gradmesser für den Wahrheitsgehalt von Übernahmespekulationen.

***

Nach bestätigten Fusionsverhandlungen mit Dresser-Rand schossen die Namenaktien von Sulzer scharf nach oben. Doch der Gast aus Winterthur hatte die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Mit einem grosszügigen Barangebot erkaufte sich der finanzkräftige Industriekonzern Siemens das Einverständnis der Amerikaner und ihrer Aktionäre.

Mittlerweile sind die Papiere von Sulzer ins alte Fahrwasser zurückgefallen, trennt sie doch weniger als ein Prozent von den Ende März erreichten Jahrestiefstständen. Die Ernüchterung ist gross.

Dass nun auch noch der ursprünglich für den 25. November angesetzte diesjährige Investorentag verschoben wird, überrascht da kaum. Ursprünglich wollte sich das Unternehmen zu diesem Anlass neue Mittelfristziele geben. Nun heisst es warten bis zur Jahresergebnispräsentation von Mitte Februar.

Obschon Analysten die Vertagung auf den geplatzten Zusammenschluss mit Dresser-Rand zurückführen, brodelt es immer stärker in der Gerüchteküche. Gewisse Marktkreise schüren im Hinblick auf die Veröffentlichung der Neunmonatsauftragszahlen in zwei Wochen die Angst vor einer weiteren Ergebnisenttäuschung oder einer Umsatz- und Gewinnwarnung. Andere Marktkreise halten dagegen, dass sich Sulzer zu einem strategischen Befreiungsschlag rüsten könnte. Selbst auf eine Verschmelzung des Winterthurer Unternehmens mit Dresser-Rand unter dem Dach von Siemens wird mittlerweile spekuliert.

***

Zumindest auf den ersten Blick gibt es nichts an der Übernahmeofferte für Swisslog auszusetzen: Der deutsche Roboter- und Automations-Spezialist KUKA bietet den Aktionären 1,35 Franken je Aktie in bar. Das entspricht einem Aufpreis von 15 Prozent gegenüber dem handelsgewichteten Durchschnittskurs der letzten sechzig Tage und ziemlich genau dem zwölffachen EV/EBITDA für das laufende Geschäftsjahr.

Und trotzdem dürfte bei vielen Publikumsaktionären nicht so richtig Freude aufkommen. Gerade die Langjährigen unter ihnen haben einen Einstandspreis, der weit über dem Angebot liegt.

Es gibt eine grosse Gewinnerin: Die deutsche Grossaktionärin Grenzebach. Der Einstandspreis ihres 25 Prozent der Stimmen umfassenden Beteiligungspakets wird in Handelskreisen auf knapp 1 Franken je Aktie geschätzt. Gleichzeitig ist Grenzebach substanziell an KUKA beteiligt. Anders als die Publikumsaktionäre profitieren die Deutschen so von den Synergien zwischen Swisslog und KUKA, welche auf mindestens 10 Millionen Franken jährlich beziffert werden.

Vermutlich ist die Transaktion sogar noch sehr viel gewinnverdichtender für KUKA. Diesen Rückschluss lässt jedenfalls eine Unternehmensstudie der Berenberg Bank von Ende Mai 2012 zu. In der Studie kommt der Verfasser im Zusammenhang mit Planspielen sogar auf noch umfassendere Synergien zwischen den beiden Rivalen.

Das wiederum lässt die Frage zu, ob die Publikumsaktionäre mit der vorliegenden Barofferte nicht benachteiligt werden. Untersucht gehören ausserdem die auffälligen und schon seit Anfang August beobachteten Handelsaktivitäten. Diese Aktivitäten und die Rolle von Friedhelm Loh müssten unsere Finma eigentlich hellhörig werden lassen.

Loh hat sich in den letzten Jahren nicht nur als Unternehmer, sondern auch als Präsident des Zentralverbandes Elektrotechnik- und Elektronikindustrie und als Vizepräsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie einen Namen gemacht.

Möglicherweise wird Loh im Berufshandel gerade aufgrund seiner beiden Ämter immer wieder in Verbindung mit dem Grossaktionär Grenzebach gebracht. Und tatsächlich ist seit seinem überraschenden Beteiligungsausbau von Ende August auf gut 15 Prozent nicht auszuschliessen, dass die beiden Aktionäre von Anfang an gemeinsame Interessen verfolgten.

Ich bin jedenfalls gespannt, ob die Finma bei Swisslog von sich aus aktiv wird, und wenn ja, zu welchem Schluss sie letztendlich kommt. Die Publikumsaktionäre dürften es ihr danken.