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Kosteten die Genussscheine von Roche im April 2022 in der Spitze 400 Franken und mehr, waren sie noch vor wenigen Wochen für weniger als 220 Franken zu haben. Da überrascht es mich nicht, wenn die Unmut im Aktionariat des einstigen Vorzeigeunternehmens aus Basel immer mehr in Fassungslosigkeit umkippt. Selbst so etwas wie Resignation schwingt mit.
Zur Erinnerung: Als 2022 hierzulande die Aktienkurse purzelten, purzelten auch jene bei Roche. Während die Valoren von Erzrivalin Novartis mit einem moderaten Plus von knapp sechs Prozent aus besagtem Börsenjahr hervorgingen, verloren jene von Roche damals satte 23 Prozent. Und als die Aktienkurse ab 2023 rund um den Globus wieder zu einer Erholung ansetzten, ging es für die Genussscheine gleich nochmals um 16 Prozent nach unten.
Die Valoren der Pharma- und Diagnostikgruppe aus Basel befinden sich nunmehr schon seit April 2022 in einem geradezu bilderbuchmässigen Abwärtstrend. Wie die Zürcher Privatbank Rahn+Bodmer gestern Mittwoch in ihrer täglich erscheinenden Publikation "Börsenbarometer" mutmasste, könnte der besagte Abwärtstrend bald abgeschlossen sein. Die Autoren bezeichnen die technische Ausgangslage wortwörtlich als "interessant" – ohne allerdings wirklich konkret zu werden.
Kursentwicklung der Bons von Roche seit Januar (Quelle: www.cash.ch)
Ich habe den Kursverlauf der Genussscheine deshalb mal etwas genauer unter die Lupe genommen. Über die vergangenen zwei Jahre entstanden, verläuft die Oberseite des Abwärtstrends momentan bei 233 Franken. Ein erster Versuch, aus dem besagten Abwärtstrend nach oben auszubrechen, ist misslungen. Weitere Versuche dürften folgen. Wirklich interessant wird es dann, wenn auch der gleitende 200-Tage-Durchschnitt bei 240 Franken nach oben durchbrochen wird.
Interessant ist, dass die Valoren vor wenigen Wochen bei 213 Franken – zumindest vorläufig – Boden gefunden haben. Ende November berichtete ich von einer ziemlichen Ansage. Der für die Bank Julius Bär tätige Charttechnikexperte Mensur Pocinci wollte damals nicht ausschliessen, dass die Genussscheine von Roche die Talfahrt wieder aufnehmen und ihr Kurs auf 205 Franken weiterfällt. Das nicht ohne Grund, verläuft dort doch ein wichtiges Zwischentief aus dem Jahr 2018.
Ich begegnete der Prognose Pocincis mit folgenden Worten:
Nach dem kurzen Gastspiel unter 213 Franken notieren die Valoren von Roche mittlerweile in etwa wieder dort, wo sie zum Zeitpunkt standen, als ich diese Zeilen schrieb. Einmal mehr muss ich Pocinci ein Kränzchen winden. Auch wenn es nicht zur Punktlandung reichte, lag er mit seiner Kursprognose von 206 Franken nicht weit daneben.
Seit gut zwei Jahren kennen die Genussscheine von Roche nur eine Richtung: Die nach unten (Quelle: www.cash.ch)
Nicht selten halten sich Trends an der Börse länger als gedacht. Da dürfte der Abwärtstrend bei den Genussscheinen von Roche keine Ausnahme machen. Wenn ein Trend dann aber irgendwann endet, dann meist ziemlich ruppig. Den nicht eben gerade erfolgsverwöhnten Aktionärinnen und Aktionären des Pharma-Urgesteins aus Basel wäre ein baldiges Ende ihrer Leidensgeschichte jedenfalls zu wünschen. Auf die Gefahr hin mich zu wiederholen: Bei Kursen ab 240 Franken wird es spannend...
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3 Kommentare
Dafür zahlt die Roche zumindest sehr gute Boni. Ich frage mich nur wofür?
Charttechnik = Finanz-Vodoo? Ich bleibe lieber bei meiner, vielleicht etwas einseitigen Wahrnehmung:
Die Roche-Führung in den beiden Basler Türmen scheint seit den letzten 10 Jahren die mittelfristige «Einschmelzung» des Konzerns zu einem hauptsächlichen Diagnostik-Unternehmen in Kauf nehmen zu wollen. So lesen sich zu mindestens die letzten «Erfolgsmeldungen». Herrn Schwan und sein CEO-Nachfolger kommen ja aus diesem Bereich. In die Niederungen des umkämpften Pharmageschäfts begeben sie sich (wie auch die Roche-Erben) offensichtlich nur ungern. Dank den Medi-Entwicklungen von Genentech und Chugai wirkte sich diese «Strategie» bis vor ca. zwei Jahren kaum negativ auf die Börsenbewertung aus. Hoffnungsvolle Forschungsresultate (Medi gegen Uebergewicht) verhökerte man 2018 an die Konkurrenz. Spätestens mit der Zeitenwende in Sachen Forschung und Entwicklung neuer Instrumente, Anwendungsverfahren (z.B. in der Onkologie) etc. durch die agileren, bisherigen und neuen Konkurrenten, hat sich die bequeme Ausgangslage für den Pharmakonzern Roche deutlich verschlechtert. Vermutlich wird auch ihre «gut gefüllte» Produktepipeline immer noch überschätzt, da sich einzelne in der Entwicklung befindlichen Wirkstoffe im Zuge neuer Therapiestrategien (z.B. Biontech im Krebsbereich) noch als obsolet erweisen könnten. Die jetzige hochbezahlte, langjährige Roche-Führung ist sicherlich nicht das richtige Personal, in den nächsten Monaten aus den bisherigen Versäumnissen die richtigen Schlüsse zu ziehen und Roche eine gute Zukunft als globales Pharmaunternehmen zu sichern. Deshalb braucht es dringend eine Rochade in der Roche-Führung und die Implementierung einer zeitgemässen Stimm- und Kapitalstruktur. Aber eben: Die Hoffnung stirbt zuletzt.
Danke lieber Toot1 für diese umfassende Einschätzung. Tatsächlich erweckt der gestrige Diagnostik Day diesen Anschein. Still und leise verlagert sich der operative Fokus aufs Diagnostikgeschäft. Ich unterstütze sowohl die Forderung nach einer Rochade an der Firmen- und VR-Spitze (Chefsessel am Besten an einen externen Kandidaten) als auch jene nach einer zeitgemässeren Kapitalstruktur.