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Wenn Carl Icahn bei einem Unternehmen einsteigt, haben die Entscheidungsträger für gewöhnlich allen Grund, nervös zu werden. Der US-Milliardär ist bekannt dafür, sich bei unterbewerteten Unternehmen einzunisten. Mit aggressiven Strategien drängt er dann auf Veränderungen, von denen vor allem die Aktionäre profitieren. Dazu gehören etwa Aktienrückkäufe, Restrukturierungsmassnahmen oder gar der Verkauf des Unternehmens. Meist ist Icahn am Ende um viele Millionen Dollar reicher, während die betroffenen Firmen und ihre Mitarbeiter mit den nicht immer positiven Folgen zu kämpfen haben.
Angeblich soll der US-Milliardär mit seiner brutalen Übernahme und Zerschlagung der Fluggesellschaft TWA im Jahr 1985 sogar als Blaupause für den Film "Wall Street" rund um den rücksichtslosen Finanzinvestor Gordon Gekko gedient haben.
Eine gute Nase bewies Icahn bei Apple. Das US-Kultunternehmen wird von der Börse heute rund 70 Prozent höher bewertet als zum Zeitpunkt seines Einstiegs Mitte August vor zwei Jahren. Damit kann der berühmt-berüchtigte Finanzinvestor problemlos andere Löcher stopfen, beispielsweise jenes beim in Zug beheimateten Ölserviceunternehmen Transocean.
Mit einem Börsenwert von 641 Milliarden Dollar gilt Apple als das mit Abstand grösste Unternehmen der Welt. Zum Vergleich: Das ist mehr als Coca-Cola (182 Milliarden), IBM (150 Milliarden), Intel (175 Milliarden) und Cisco Systems (132 Milliarden) gemeinsam auf die Waage bringen.
Die Aktien von Apple gelten als der absolute Liebling der Anleger und auch die Hedgefonds-Industrie scheint einen Narren am Unternehmen gefressen zu haben. Von 51 Analysten empfehlen nicht weniger als deren 40 die Papiere zum Kauf und nur gerade 2 Experten raten zum Verkauf.
Einer von ihnen ist für die Berenberg Bank tätig. In einer Studie zum Technologiesektor äussert er Zweifel am Höhenflug der Aktien. Aufgrund seines Kultcharakters werde das Unternehmen von Anlegern als ein eigenes Ökosystem betrachtet. Es sei für Apple ein Leichtes, in immer neue Produktkategorien vorzustossen, so die gängige Meinung. Zudem hätten Spekulationen rund um deutlich besser als erwartete Ergebnisse während den nächsten zwei Quartalen den Kurs kräftig ansteigen lassen.
Der Studienverfasser macht jedoch keinen Hehl daraus, dass er diesen "Super-Zyklus" für nicht nachhaltig hält. Beim iPhone warte das Unternehmen schon seit Jahren nicht mehr mit wirklichen Neuerungen auf. Doch auch die immer ambitiösere Vergleichsbasis und Anhaltspunkte für eine Kürzung der Bestellmengen bei asiatischen Zulieferern spreche für eine rückläufige Kursentwicklung. Der Experte empfiehlt die Aktien von Apple deshalb mit einem Kursziel von gerade mal 60 Dollar zum Verkauf, was einem Rückschlagspotenzial von knapp 50 Prozent entspricht.
Es ist schon eine ganze Weile her, seit ich in meiner Kolumne das letzte Mal über Apple geschrieben habe. Nicht zuletzt, weil ich einen starken "Home Bias" habe, wie man so schön sagt. Ende April 2013 brach ich an dieser Stelle erstmals eine Lanze für die Aktien des US-Kultunternehmens. Seit damals hat sich der Kurs von 57 auf 110 Dollar verdoppelt. Mit einem Rückschlag auf 60 Dollar rechne ich zwar nicht. Dennoch scheint mir der Zeitpunkt gekommen, die aufgelaufenen Gewinne mitzunehmen.
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Die Reaktionen rund um den Zinsentscheid der Schweizerischen Nationalbank (SNB) von gestern könnten unterschiedlicher nicht sein. Während die einen Währungsstrategen den Entscheid als logische Reaktion auf die Zins- und Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) legitimieren, sehen die anderen die Glaubwürdigkeit der Entscheidungsträger in Frage gestellt (siehe Kolumne von gestern).
Interessant ist, dass mittlerweile Spekulationen über den Zeitpunkt und die Beweggründe für die negativen Einlagezinsen wach werden. So zeigt sich der für die NordLB tätige Experte überrascht, dass die SNB nur gerade eine Woche nach ihrer regulären geldpolitischen Lagebeurteilung mit einem solchen Schritt aufwartet. Vermutlich habe man damit auf die erneuten krisenbedingten Kapitalströme in die Schweiz reagiert, so schreibt er weiter. Dass der Negativzins ab dem Tag der ersten Ratssitzung der EZB im neuen Jahr gilt, hält der Währungsstratege für mehr als einen Zufall. Die SNB baue so den zu erwartenden zusätzlichen Massnahmen der EZB vor, so seine Vermutung. Die SNB verschaffe sich mit der Massnahme etwas Luft bei der Verteidigung des Mindestkurses – nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Ähnlich liest sich ein Kommentar seines Berufskollegen von J.P. Morgan. Auch dieser rechnet zumindest vorläufig mit keinem ernsthaften Test des Mindestkurses mehr. Die Spielregeln würden sich durch die Einführung negativer Einlagezinsen dennoch nicht ändern. Die SNB nehme bloss die nächste geldpolitische Lockerungsrunde der EZB vorweg. An einen Anstieg des Euros auf über 1,22 Franken glaubt der Experte nicht.
Das in die Schweiz geflossene Kapital werde so schnell nicht wieder abgezogen. Und auch an der starken fundamentalen Ausgangslage des Frankens wie dem heftigen Leistungsbilanzüberschuss oder der Rückzahlung von Franken-Hypotheken im Ausland ändere sich nichts.
Obschon ich die Arbeit der SNB und ihrer Entscheidungsträger in den letzten Jahren immer wieder verteidigt habe, befürchte ich, dass mit dem gestern beschlossenen Negativzins einer der letzten Pfeile im Köcher voreilig verschossen wurde.