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Schon am frühen Montagmorgen stand fest, dass uns auch am Schweizer Aktienmarkt eine bewegte Woche bevorstehen würde. Aufgrund tiefnegativer Vorgaben aus New York spielten sich im vorbörslichen Handel teils dramatische Szenen ab. Allerdings boten diese bloss einen kleinen Vorgeschmack auf das, was die hiesigen Marktakteure in den darauffolgenden Stunden noch erwarten sollte.

Selbst die Valoren von Unternehmen mit einem weitestgehend von der Wirtschaftsentwicklung unabhängigen Tagesgeschäft - unter ihnen jene von Nestlé, Roche und Novartis - blieben nicht länger verschont und gerieten in den Abwärtsstrudel. Noch ärger erwischte es die Aktien von UBS und Credit Suisse. Weder auf dem Höhepunkt der Finanzkrise im Frühling 2009, noch während der Euro-Krise wenige Jahre später fielen die Kurse der beiden Schweizer Grossbanken so tief in den einstelligen Frankenbereich zurück wie in den letzten Tagen.

Dass die amerikanische Investmentbank Morgan Stanley ab Mittwoch zu einer Branchenkonferenz nach London lud, kam da den Teppichetagen von UBS und Credit Suisse gerade gelegen. Die Abgesandten beider Grossbanken waren sichtlich bemüht, die Gemüter zu beruhigen. So richtig sollte es ihnen aber nicht gelingen, mit sämtlichen Zweifeln rund ums Tagesgeschäft und die zukünftige Dividendenpolitik aufzuräumen.

Aktienkursentwicklung von UBS (rot) und Credit Suisse (grün) in den letzten 12 Monaten (Quelle: www.cash.ch)

Was anscheinend nur mir auffällt: Bei den gemachten Aussagen dreht sich fast alles um die Monate Januar und Februar sowie um das Tagesgeschäft im Wealth Management. Turbulent wurde es an den Finanzmärkten allerdings erst im März. Und interessant wäre vor allem zu wissen, wie sich die beiden Grossbanken im Eigenhandel geschlagen haben.

Bleibt zu hoffen, dass die Aktionäre keine unliebsamen Überraschungen erwarten, wenn UBS und Credit Suisse in einigen Wochen ihre Zahlenkränze für das erste Quartal vorlegen werden. Gut möglich nämlich, dass die Finma die hiesigen Banken dazu drängt, ihre Dividendenpläne grundlegend zu überdenken.

Apropos Kommunikationspolitik: Ein grosses Kränzchen muss ich an dieser Stelle der Schweizerischen Nationalbank (SNB) winden. Sie meisterte ihre Herkulesaufgabe am gestrigen Donnerstag ziemlich souverän. Während die Geldpolitik rund um den Globus in Panik verfällt, behalten unsere Währungshüter einen kühlen Kopf: Einerseits werden die hiesigen Banken bei den negativen Einlagezinsen entlastet, andererseits werden sie bei Bedarf mit Dollars versorgt. Weitere Pfeile - wie etwa eine mögliche Lockerung des antizyklischen Kapitalpuffers - hebt man im Köcher auf. Das ist lobenswert.

Die Börse, sie spielt seit Tagen völlig verrückt. Die Kursausschläge wirken völlig willkürlich. Selbst bei Schwergewichten wie den Genussscheinen von Roche sind Tagesschwankungen von zehn Prozent und mehr keine Seltenheit. Am einen Tag wird der Pharma- und Diagnostikkonzern aus Basel als einer der Profiteure der Coronavirus-Pandemie gefeiert und von spekulativen Käufen aus dem amerikanischen Raum erfasst, nur damit indexbedingte Abgaben am nächsten Tag wieder für eine kalte Dusche sorgen.

Wildes Hin und Her: Die Genussscheine von Roche sind kaum wiederzuerkennen (Quelle: www.cash.ch)

Auch die als träge verschrieenen Aktien von Swisscom schossen innerhalb von gerade einmal zwei Handelstagen um fast 16 Prozent nach oben. Und das, ohne dass irgendwelche unternehmensspezifischen Neuigkeiten vorgelegen hätten. Meine Vermutung: Mächtige Grossinvestoren suchen Zuflucht im europäischen Telekommunikationssektor - und sind bereit, fast jeden Preis zu bezahlen.

Die Papiere von Logitech profitierten hingegen von einem kurzen Schwatz von Firmenchef Bracken Darrell mit dem bekannten CNBC-Host Jim Cramer. Seither gilt auch der Lausanner Peripheriegerätehersteller als einer der Profiteure der Coronavirus-Pandemie, reitet das Unternehmen doch weit oben auf der Home-Office-Welle.

Bei Modeströmungen wie bei Roche, Logitech und Swisscom sei jedoch gewarnt: Spekulative Gelder kommen und spekulative Gelder gehen wieder.

Uns steht kommende Woche deshalb wohl ein weiteres Wechselbad der Gefühle bevor. Wenn mittlerweile selbst Grosskonzerne wie die amerikanische Boeing lauthals nach Staatshilfe schreien, überrascht es nicht, dass auch hierzulande immer mehr Unternehmen in den Überlebens-Modus schalten - wobei man sich fragen muss, ob ein Grosskonzern, der in den letzten Jahren auf Pump für etliche Milliarden von Dollars eigene Aktien zurückkaufte, auch wirklich mit Steuergeldern gerettet werden soll. Ginge es nach mir, würde ich zuerst einmal die Aktionäre zur Kasse bitten.

Ich bin übrigens jetzt schon ziemlich neugierig, ob der Schweizer Börse SIX weitere Titelkäufe gemeldet werden. In den letzten Tagen kauften die Ankeraktionäre mehrerer mittelständischer Unternehmen Aktien zu - unter anderem Firmenpatron Peter Spuhler bei Stadler Rail, die Familie Mankel bei Dormakaba oder der griechische Milliardär Spiros Latsis bei EFG International. Es ist beruhigend zu sehen, dass die Weltuntergangsstimmung wenigstens diese Spezies noch nicht erreicht hat.

Vielleicht sehen wir die Welt etwas klarer, wenn sich der Staub rund um den grossen Derivatverfall vom heutigen Freitag wieder gelegt hat und die Börse nicht mehr ganz so verrückt spielt. Mehr dazu in einer Woche, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.

 

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