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Werde ich beim Sport oder von Freunden nach einen todsicheren Aktientipp gefragt, ist meine Antwort stets dieselbe: Den todsicheren Tipp gibt es nicht. Wie alle anderen koche auch ich nur mit Wasser.

Als ehemaliger HWV-Absolvent kann ich zwar eine Firmenbilanz lesen und dank meinem früheren Mentor bei der damaligen Schweizerischen Kreditanstalt einen Kurschart analysieren. Wohin sich der Kurs einer Aktie dann letztendlich bewegt, kann auch ich nicht zuverlässig vorhersagen.

Damit befinde ich mich allerdings in guter Gesellschaft. Denn bei so manch einer Aktie aus der Schweiz liegt der eine oder andere Analyst mit dem Kursziel völlig daneben.

Da wäre beispielsweise Knut Woller von Helvea. Seit einer gefühlten Ewigkeit empfiehlt er die Aktien von Temenos nun schon zum Verkauf. Als die Valoren der Bankensoftwareschmiede aus Genf vor wenigen Wochen bei 154 Franken notierten, sah sich der Analyst im Zuge eines soliden zweiten Quartals zu einer Erhöhung des Kursziels auf 47 (zuvor 45) Franken veranlasst. Seither ist der Kurs dieser Aktien noch einmal um 20 Franken gestiegen.

Den Argumenten Wollers muss ich zwar beipflichten. So profitiert Temenos bei den Lizenzeinnahmen bis heute von einem vor drei Jahren erhaltenen Auftrag von Nordea. Auch die Umstellung von zeitlich unbefristeten Lizenzen auf solche mit einer Laufzeit von zehn Jahren liess das Wachstum der Lizenzeinnahmen in den letzten Jahren besser aussehen.

Mit den Temenos-Aktien liess sich in den letzten fünf Jahren viel Geld verdienen. (Quelle: www.cash.ch)

Anleger scheint das aber nicht weiter zu stören. Im Gegenteil: Sie sind heute bereit, mehr als das 50-fache des vom Analysten prognostizierten Jahresgewinns zu bezahlen. Das ist eine ganze Menge.

Als sich Roche noch im Frühsommer in einem Stimmungstief befand, wurde Analyst Steve McGarry in den Handelsräumen seines Arbeitgebers HSBC vermutlich bereits gefeiert. Mehr als ein Jahr zuvor sprach McGarry als erster Vertreter seiner Berufsgruppe eine Verkaufsempfehlung für die Genussscheine des Pharma- und Diagnostikkonzerns aus Basel aus (siehe Grossbank bricht bei Roche ein Tabu vom 7. April 2017). Zwischenzeitlich lautete das Kursziel gerade mal noch 192 Franken.

Doch der Analyst verpasste den richtigen Zeitpunkt, um seine Verkaufsempfehlung zu überdenken. Mittlerweile notieren die Genussscheine wieder bei 240 Franken und mehr.

Dass sich Aktien auch überschätzen lassen, beweist der ebenfalls für HSBC tätige Matthew Lloyd. Er rät seit Oktober letzten Jahres unentwegt zum Kauf der Aktien von Adecco. Im Zuge eines zermürbenden Kurszerfalls sah sich der Analyst in den vergangenen Monaten jedoch zu einer schrittweisen Reduktion des Kursziels auf 92 (ursprünglich 100) Franken gezwungen. Zuletzt kostete das Schlusslicht unter den Aktien aus dem Swiss Market Index (SMI) wohlverstanden weniger als 60 Franken.

Was bleibt ist die Erkenntnis, dass auch Aktienanalysten nur Menschen sind...

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Im Mai dieses Jahres wagte Ceva Logistics den Gang an die Schweizer Börse SIX. Wer damals Aktien zugeteilt erhielt, dürfte wohl nicht allzugut auf UBS, Credit Suisse und Co. zu sprechen sein.

Gleich am ersten Handelstag fiel der Kurs vorübergehend in die Nähe von 25 Franken und damit weit unter den Ausgabepreis von 27,50 Franken. Angeblich vereitelten nur aggressive Stützungskäufe seitens der mit der Publikumsöffnung betrauten Banken ein noch grösseres Fiasko (siehe Verhinderten nur Stützungskäufe Schlimmeres? vom 22. Mai).

Und obwohl einige der Banken - unter ihnen Morgan Stanley, die UBS sowie die Berenberg Bank - den Aktien ihres einstigen Auftraggebers in den darauffolgenden Wochen auch noch mit aggressiven Kaufempfehlungen zu Hilfe eilten, liess sich die Verkaufswelle nicht absorbieren. Um Mitte Juli herum waren die Papiere von Ceva Logistics dann gar für etwas mehr als 20 Franken zu haben (siehe IPO-Banken überbieten sich mit Kaufempfehlungen vom 27. Juni).

Mit dem UBS Fund Management baut nun eine bedeutende Aktionärin der ersten Stunde ihre Beteiligung aus. Wie einer Offenlegungsmeldung an die Schweizer Börse SIX entnommen werden kann, hält die Fondstochter der Schweizer Grossbank beim Transportunternehmen neuerdings 5,86 Prozent (zuvor 4,2 Prozent) der Stimmen.

Enttäuschende Kursentwicklung der Ceva-Aktien seit dem Börsengang von Anfang Mai. (Quelle: www.cash.ch)

Das ist umso beachtlicher, als dass das Partnerunternehmen CMA CGM seine 379 Millionen Franken schwere Pflichtwandelanleihe kürzlich in Aktien wandelte. In Folge dessen erhöhte sich die Anzahl ausstehender Aktien deutlich.

Das lässt nur einen Schluss zu: Die Grossaktionärin UBS Fund Management muss in den letzten Wochen kräftig Titel zugekauft haben.

Fragt sich, ob die Fondsmanager der UBS bei Ceva Logistics etwas wissen, was der Normalsterbliche nicht weiss - schliesslich war ihr Arbeitgeber direkt in den Börsengang involviert.

Aber vielleicht verschaffte sich Analyst Sebastian Vogel bei seinen Kollegen beim UBS Fund Management auch bloss Gehör mit seiner Kaufempfehlung, sieht er die Aktien über die nächsten zwölf Monate doch auf 32 Franken steigen.
 

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