Der cash Insider berichtet im Insider Briefing börsentäglich von brandaktuellen Beobachtungen rund um den Schweizer Aktienmarkt und ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv.

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In New York wird Geschichte geschrieben. Und ich spreche nicht etwa von den neusten Covid-19-Statistiken. Vielmehr feiert die dortige Leitbörse schon seit Wochen neue Rekorde. Die Rede ist vom besten November seit dem Crash von 1987. Mittlerweile errechnet sich beim breit gefassten S&P-500-Index seit Jahresbeginn ein Plus von 12 Prozent, beim Nasdaq-100-Index gar eines von mehr als 40 Prozent. Beides in Dollar und nicht in harten Schweizer Franken betrachtet, versteht sich.

Es ist, als habe es die Covid-19-Pandemie und ihre schwerwiegenden Folgen für die Weltwirtschaft nie gegeben. Dass die Gewinnerwartungen für amerikanische Unternehmen noch immer im Keller sind, scheint da schon fast belanglos. Die (Liquiditäts-)Flut hebt alle (Börsen-)Boote.

Hinzu kommen die jüngsten Impfstoff-Erfolge. Nach Lonza-Partner Moderna haben nun auch die deutsche BioNTech und der Pharmagigant Pfizer bei den Behörden einen Antrag auf Notfallzulassung ihrer Covid-19-Impfung eingereicht. So verständlich die Hoffnung auf eine rasche Rückkehr zur Normalität auch sein mag, so sehr könnte diese sich als etwas gar voreilig erweisen. Denn bis genügend Impfstoffchargen produziert, verteilt und verabreicht worden sind, wird es bis weit ins nächste Jahr hinein dauern. Ein Geduldsspiel – nicht nur für uns als Gesellschaft, sondern auch für die Aktienmärkte.

Doch nicht nur der November dieses Jahres, auch seine Begleiterscheinungen dürften in die Geschichtsbücher eingehen. Wir sprechen nicht länger nur von der Angst, einen weiteren Kursanstieg zu verpassen. Nein, wir sprechen gar von reiner Gier.

Erst vor wenigen Tagen meldete Merrill Lynch einen rekordhohen Mittelzufluss in amerikanische Aktienfonds. Unter dem Strich flossen diesen seit Ende Oktober 89 Milliarden Dollar zu. Davon gingen knapp 8 Milliarden Dollar in Fonds, welche sich auf Substanzwerte spezialisiert haben. Das entspricht dem zweithöchsten je gemessenen Zufluss. Der bisherige Rekord geht auf Dezember vergangenen Jahres zurück. Gar 10 Milliarden Dollar wurden unter dem Strich in Nebenwertefonds angelegt. Seither sind weitere Milliarden in Aktien geflossen. Das berichten mir zumindest mehrere voneinander unabhängige Quellen.

Bilanz der letzten Jahre

JahrAktienfavoritenSPI
2013+40,1 Prozent+23,9 Prozent
2014+11,4 Prozent+15,2 Prozent
2015+  4,1 Prozent+  2,4 Prozent
2016-   3,7 Prozent-   1,7 Prozent
2017+23,6 Prozent+20,1 Prozent
2018- 19,1 Prozent-   8,8 Prozent
2019+25,4 Prozent+30,6 Prozent
2020*+  9,1  Prozent+  0,2 Prozent

* Schlusskurse vom 30. November 2020

Es ist dies der Treibstoff, den das dortige Kursfeuer am Lodern hält – und für ein buntes "Potpourri an Exzessen" sorgt. Wie die Leserinnen und Leser meines morgendlichen Insider-Briefing wissen, ist das viel beachtete Put-Call-Verhältnis in New York jüngst auf den tiefsten Stand in der Geschichte gefallen. Mit anderen Worten: Es wird substanziell mehr auf steigende Kurse spekuliert als auf tiefere Kurse gesetzt wird oder man Aktienbestände über Put-Optionen absichert.

Doch nicht nur das Put-Call-Verhältnis hat ein noch nie zuvor gesehenes Tief erreicht. Dasselbe lässt sich von der Anzahl der leerverkauften Aktien behaupten. Sowohl offizielle als auch inoffizielle Statistiken lassen auf eine Kapitulation der Leerverkäufer schliessen. Es findet sich kaum noch jemand, der sich traut, Wetten à la Baisse einzugehen.

Auch gefürchtete Hedgefonds nicht. Selbst diese spekulieren immer öfter à la Hausse, wie bankinterne Erhebungen von Goldman Sachs zeigen. Und das mit einem Nettoaktienengagement von fast 85 Prozent – ein weiterer Rekordwert für die Geschichtsbücher. Nachdem viele Hedgefonds das Kursfeuerwerk der letzten Wochen verschlafen haben, steigt der Leistungsdruck ins Unermessliche. So kommt es, wie es kommen muss: Nicht wenige Hedgefonds gehen immer gewagtere Wetten ein, um zu den amerikanischen Aktienindizes aufschliessen zu können.

Stummer Zeuge sind die kreditfinanzierten Aktienkäufe, welche in New York zuletzt ein noch nie zuvor gesehenes Ausmass erreichten. Etwas salopp gesagt: Bei Aktien wird wieder kräftig auf Pump gezockt. Wenn das mal gut kommt...

Aktuelle Positionen Aktienfavoriten

TitelAnzahlEinstandakt. Wert*ErfolgG/V
Barmittel      18'075,61  
ABB N   425  23,58    10'187,25+     165,75+     1,65 Prozent
AMS I   650     8,98    10'440,00+ 6'399,08+158,36 Prozent
LafargeHolcim N   250  50,58    11'915,00-      729,95-      5,77 Prozent
Nestlé N     90111,00      9'106,20-      883,80-      8,85 Prozent
Swatch Group N   200  41,62      8'716,00+     392,00+     4,71 Prozent
UBS Group N   910  12,14    11'729,90+     684,97+     6,20 Prozent
Klingelnberg N   411  24,30      7'809,00-  2'178,30-   21,81 Prozent
OC Oerlikon N1'275  10,26    10'901,25-  2'184,00-   16,70 Prozent
Stadler Rail N   250  39,30    10'220,00+     395,00+     4,02 Prozent
      
Total   109'100,21 +     9,10 Prozent

* Schlusskurse vom 30. November 2020

In der Teppich-Etage amerikanischer Unternehmen will man der Hausse hingegen so gar nicht trauen. Anders als im Frühling greifen die Firmenlenker kaum nach Aktien des eigenen Arbeitgebers. Gleichzeitig brechen die Aktienrückkäufe weg, wie ich gestern Dienstag im Insider-Briefing zu berichten wusste. Beides lässt tief blicken.

Während sich an der New Yorker Börse ein Rekord an den nächsten reiht, erweisen sich die letzten Wochen für den Swiss Market Index (SMI) unter dem Strich als ein Nullsummenspiel. Das mit dem bunten "Potpourri an Exzessen" gilt denn auch eher für New York als für die Zürcher Börse. Allerdings wissen wir ja: Wenn New York zweimal laut niest,...

Umso erfreulicher ist, dass meine Schweizer Aktienfavoriten für das Börsenjahr 2020 trotz einer hohen taktischen Barmittelquote von fast 20 Prozent im Laufe des Novembers kräftig an Kurswert zulegen konnten. Mittlerweile steht ein durchschnittliches Plus von 9,1 Prozent einem um gerade mal 0,2 Prozent höheren Swiss Performance Index (SPI) gegenüber. Stark entwickelte sich alles, was nicht mit Nestlé, Roche oder Novartis zu tun hatte.

Was Aussagen zu den einzelnen Aktienpositionen anbetrifft, so bitte ich um Geduld bis in die Altjahreswoche. Ich werde dann die für gewöhnlich nachrichtenarmen Tage nutzen, um auf die letzten 12 Monate zurückzublicken und um meine Schweizer Aktienfavoriten fürs Börsenjahr 2021 vorzustellen.

Bisherige Transaktionen Aktienfavoriten

DatumTitel AnzahlKurs Total
27.12.2019ABB NKauf42523,58Franken10'050,50-
27.12.2019LafargeHolcim NKauf18553,90Franken10'000,50-
27.12.2019Lonza NKauf28355,50Franken9'983,00-
27.12.2019Swatch Group IKauf37269,80Franken10'011,60-
27.12.2019Temenos NKauf65154,05Franken10'042,25-
27.12.2019UBS NKauf81712,24Franken10'029,08-
27.12.2019Ascom NKauf93010,74Franken10'017,20-
27.12.2019Klingelnberg NKauf41124,39Franken10'016,30-
27.12.2019OC Oelikon NKauf87611,41Franken10'024,16-
11.02.2020Put WTEA1VKauf3'2500,25Franken874.00-
02.03.2020Put WTEA1VVerkauf3'2500,58Franken1'856,00+
02.03.2020Swatch Group IVerkauf37223,20Franken8'229,40+
02.03.2020Swatch Group NKauf20041,62Franken8'353,00-
26.03.2020AMS IKauf5409,27Franken5'034,80-
01.04.2020AMS IKauf5608,70Franken4'901,00-
09.04.2020OC Oerlikon NKauf1177,45Franken900,65-
24.04.2020Put AMSBBZKauf11'0000,065Franken744,00-
30.04.2020Put AMSBBZVerkauf11'0000,03Franken301,00+
04.05.2020Lonza NVerkauf28431,00Franken12'039,00+
26.05.2020Temenos NVerkauf65149,20Franken9'669,00+
26.05.2020Stadler Rail NKauf25039,30Franken9'854,00-
02.06.2020AMS IVerkauf45015,55Franken6'968,50+
02.06.2020LafargeHolcimKauf6541,13Franken2'702,45-
06.07.2020OC Oerlikon NKauf2827,87Franken2'248,34-
06.07.2020UBS NKauf9311,235Franken1'073,86-
29.07.2020Nestlé NKauf90111,00Franken10'019,00-
03.08.2020Ascom NVerkauf93010,38Franken9'624,40+
07.10.2020AMS IVerkauf20022,08Franken4'387,00+

 

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