Der cash Insider ist unter @cashInsider auch auf Twitter aktiv. Lesen Sie börsentäglich von weiteren brandaktuellen Beobachtungen am Schweizer Aktienmarkt.

***

Wenn es um Luxusgüter geht, fällt der Name Swatch Group für gewöhnlich im selben Atemzug mit dem von Richemont. Auch die Aktien der beiden Westschweizer Traditionsunternehmen weisen eine recht ähnliche Dynamik auf: Während der Swiss Performance Index schon seit Monaten von einem Rekord zum nächsten klettert, haben die Papiere der beiden Erzrivalen einen eher schweren Stand.

In einer ihrer berühmt-berüchtigten Vergleichsstudien lässt die Citigroup die beiden Erzrivalen und ihre Aktien gegeneinander in den Ring steigen. Da beide Kontrahenten über eine ähnliche Ausgangslage verfügen, verspricht dies ein interessanter Kampf zu werden:

Runde 1 - Die Produktkategorien

Dem Verfasser der Analyse zufolge ist das Produktportfolio von Richemont ausgeglichen. Das Unternehmen erwirtschafte 28 Prozent des Jahresumsatzes mit Schmuck, 20 Prozent mit Mode und 3 Prozent mit Schreibutensilien, so schreibt er. Die übrigen 49 Prozent trage das Uhrengeschäft zum Umsatz bei. Die Swatch Group erziele hingegen knapp 90 Prozent des Jahresumsatzes mit Uhren und sei daher deutlich stärker von der von Smartwatches ausgehenden Gefahren betroffen.

Nach der ersten Runde führt Richemont deshalb mit 1 zu 0.

Runde 2 - Marken und Preisgestaltungsmacht

Mit der Bemerkung, dass das Markenportfolio von Richemont im Hochpreissegment anzusiedeln sei, verrät der Experte eigentlich nichts Neues. 60 Prozent der Uhren hätten einen Ladenpreis von 7000 Euro oder mehr, die übrigen 40 Prozent immerhin einen Ladenpreis von mindestens 1200 Euro. Anders verhalte es sich bei der Swatch Group, welche knapp die Hälfte des Umsatzes mit Uhren im Preissegment unter 1200 Euro erziele. Dank des neuen Antikorruptionsgesetzes in China profitiere das Unternehmen allerdings von einer Nachfrageverschiebung vom hohen ins mittlere Preissegment.

Somit geht keiner der beiden Kontrahenten als Gewinner aus dieser Runde hervor.

Runde 3 - Geografische Ausrichtung

In dieser Runde vergibt die Citigroup den Punkt an Richemont, weist das Unternehmen mit einem Umsatzbeitrag von 23 Prozent doch eine geringere Abhängigkeit vom chinesischen Festland auf. Bei der Swatch Group trägt diese seit der Einführung des Antikorruptionsgesetzes eher enttäuschende Region 37 Prozent zum Jahresumsatz bei.

Nach nur drei Runden führt Richemont mit 3 Punkten. Mit nur einem Punkt ist die Swatch Group nun gefordert.

Runde 4 - Produktionsbasis

Punkten kann der Westschweizer Uhrenhersteller mit seiner industriellen Produktionsbasis. Die mit der Uhrwerkfertigung verbundene hohe Produktinnovation, Qualitätskontrolle und Geschwindigkeit, in welcher neue Produkte auf den Markt gebracht werden können, erachtet der Experte als klaren Wettbewerbsvorteil. Richemont hingegen verfüge nicht über ein vollintegriertes Geschäftsmodell und lasse viele Produkte auswärts fertigen.

Swatch Group geht gegenüber Richemont mit einem auf 2 zu 3 Punkten verkürzten Rückstand in die Pause.

Runde 5 - Rentabilität

Der Studienverfasser hält die Gewinnschwankungen der beiden Westschweizer Luxusgüterhersteller für vergleichbar. In den letzten fünf Jahren habe Richemont den Gewinn um jährlich 22 Prozent gesteigert, was das durchschnittliche Gewinnwachstum von 12 Prozent bei der Swatch Group klar in den Schatten stelle. Auf Basis der bankeigenen Prognosen werde Richemont voraussichtlich auch in den nächsten drei Jahren ein stärkeres Gewinnwachstum als der Erzrivale aufweisen.

Diese Runde geht deshalb klar an Richemont, womit das Unternehmen mit 4 Punkten in Führung geht.

Runde 6 - Barmittelgenerierung

Sowohl Swatch Group als auch Richemont haben sich in den letzten Jahren einen Namen als höchst barmittelgenerative Gesellschaften gemacht. Allerdings habe der freie Cash Flow bei Richemont in den letzten Jahren durchschnittlich bei 16 Prozent des Umsatzes gelegen, bei Swatch Group hingegen nur bei rund 10 Prozent.

Dank der besseren Verwaltung des Umlaufvermögens entscheidet Richemont auch diese Runde klar für sich. Es steht nun 5 zu 2.

Runde 7 - Verwendung der Barmittel

In dieser Runde gibt es gemäss Citigroup keinen klaren Sieger. Beide Firmen hätten über die letzten zwanzig Jahre gerademal knapp einen Viertel des Jahresgewinns über Dividenden an die Aktionäre entrichtet.

Obschon Richemont die Ausschüttung nach eigenen Angaben kontinuierlich steigern will, vergeben die Amerikaner dem Unternehmen diesmal keinen Punkt. Es bleibt beim bisherigen 5 zu 2.

Runde 8 - Lagerbewirtschaftung

Das Geschäftsmodell der Swatch Group sei schon seit über einem Jahrzehnt mehr oder weniger dasselbe, so schreibt der Verfasser der Vergleichsstudie. Damit verbunden sei die Kapitalbindung beim Umlaufvermögen über die letzten Jahre stetig gestiegen, dies insbesondere aufgrund eines Anstiegs bei den Beständen von Rohmaterialien wie Gold oder Edelsteinen. Richemont verfolge hingegen ein flexibleres Geschäftsmodell mit einer vergleichsweise stabilen Entwicklung der Warenlager.

Diese Runde geht damit klar an Richemont, womit es 6 zu 2 für das Unternehmen steht.

Runde 9 - Promotionskosten

Auch bei den Promotionskosten bekommt die Swatch Group ihr Fett weg. Dem Experten zufolge verfügt Richemont in diesem Zusammenhang über einen Vorteil, was sich in einem strukturell geringeren Aufwand bemerkbar mache. Dennoch seien die Promotionskosten im Verhältnis zum Umsatz auch bei Richemont gestiegen. Jene beim Erzrivalen seien allerdings nicht nur höher, sondern würden auch stärkeren Schwankungen unterliegen.

Richemont geht deshalb auch aus dieser Runde als Sieger hervor und führt mit 7 zu 2.

Runde 10 - Bewertung

Auf Basis von Berechnungen der Citigroup lag die Bewertung der beiden Westschweizer Luxusgüterhersteller in den letzten zehn Jahren durchschnittlich beim Sechszehnfachen des Gewinns. Vorbehalte im Zusammenhang mit der Nachfrageschwäche und dem Markteintritt der Apple Watch hätten allerdings dazu geführt, dass die Aktien von Richemont derzeit knapp 20 Prozent höher als jene der Swatch Group bewertet würden.

Dennoch entscheidet sich der amerikanische Schiedsrichter in dieser Runde für ein Unentschieden. Damit führt Richemont weiterhin mit 7 zu 2.

Runde 11 - Buchführungspraktiken

Noch kann sich die Swatch Group zwar auf den Beinen halten. Doch beim Thema Buchführungspraktiken muss das Unternehmen ziemlich einstecken, legt es seit Anfang 2013 doch wieder nach Swiss GAAP Rechnung. Im Hinblick auf die Verschärfung der Verbuchung von Pensionsverpflichtungen und von Leasing nach IFRS sei man den einfacheren Weg gegangen, solautet der Vorwurf des Experten. Auch wenn er die Folgen nicht als materiell erachtet, gibt er aus Transparenzgründen Richemont den Punkt.

Sieger ist Richemont mit 8 Punkten. Die Swatch Group geht gerademal mit 2 Punkten aus dem Kampf hervor. Es überrascht deshalb nicht, dass die Aktien des Siegers bei der Citigroup mit "Buy" und einem Kursziel von 98 Franken zum Kauf empfohlen und jene der Swatch Group nur mit "Neutral" sowie einem Kursziel von 447 Franken eingestuft werden.

Die mir zugespielte Vergleichsanalyse hat vor allem eines: Ziemlichen Unterhaltungswert. Alleine schon ein Blick in die Vergangenheit reicht allerdings aus, um zu sehen, dass bei Richemont sehr viel mehr Aktionärswerte geschaffen wurden. Der Börsenwert dieses Unternehmens liegt denn auch fünfmal höher als heute vor sechs Jahren. Die Swatch Group gilt an der Börse hingegen nur dreimal mehr als damals.

Heute öffnet übrigens die Uhrenmesse Baselworld ihre Tore. Erwartungsgemäss werden in den kommenden Tagen zahlreiche Stimmungsberichte aus der Analystengemeinde eintreffen. Es bleibt abzuwarten, ob diese etwas weniger ausgelassen als in früheren Jahren ausfallen werden.

 

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.