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Aktienmärkte: Was den jetzigen Kurseinbruch von bisherigen Börsen-Crashes unterscheidet

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Der cash Insider kommentiert die wichtigsten Börsenereignisse. Diese Woche: Auf Panik-Verkäufe folgen Panik-Käufe, viel Zuspruch für den letztjährigen SMI-Gewinner - Und: DocMorris geht auf «Nummer Sicher».

11.04.2025   11:59
Von cash Insider
Quelle: pixabay.com

Der cash Insider berichtet auch im Insider Briefing jeweils vorbörslich von brandaktuellen Beobachtungen rund um das Schweizer Marktgeschehen und ist unter @cashInsider auch auf X/Twitter aktiv.

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Wir blicken auch am Schweizer Aktienmarkt auf bewegte Tage zurück. Unter den hiesigen Marktakteuren schwankte die Stimmung zwischen zu Tode betrübt und himmelhochjauchzend. Einen Gemütszustand dazwischen schien es nicht zu geben.

Selbst beim Swiss Market Index (SMI) – eigentlich gilt dieser ja als eher gemächlich – waren Tagesschwankungen von mehreren hundert Punkten keine Seltenheit. Alleine seit Mittwoch bewegte sich das viel beachtete Börsenbarometer in einer Bandbreite von nicht weniger als 1100 Punkten. Solche Bocksprünge kennt man sonst eigentlich nur von Bitcoin und Co.

Dass der amerikanische Präsident Donald Trump ausgerechnet von Mittwoch auf Donnerstag zurückkrebste und die Strafzölle für die wichtigsten Handelspartner mit Ausnahme jener gegen China für drei Monate auf Eis legte, kommt nicht von ungefähr. Vermutlich wurde der Druck aus den eigenen Reihen zu gross, nachdem der amerikanische S&P 500 Index kurz zuvor in die Nähe von 4800 Punkten gefallen war. Genau dort wurde nämlich die Schmerzgrenze der Regierung in Washington mit Blick auf die Aktienkursentwicklung vermutet. Auf Panik-Verkäufe folgten Panik-Käufe.

Dennoch zeichnet sich eine Woche zum Vergessen ab: die schönen Gewinne der hiesigen Indizes der ersten drei Monate? Allesamt innerhalb von wenigen Tagen ausradiert. Mittlerweile weist die diesjährige Erfolgsbilanz des Swiss Market Index (SMI) selbst unter Aufrechnung der bisherigen Dividendenabgänge negative Vorzeichen auf. Seit Ende März beträgt das Minus sogar fast zehn Prozent.

Die diesjährige SMI-Gewinnerliste? Sie ist nicht mehr wiederzuerkennen. Mit Nestlé, Swiss Life, Zurich Insurance, Geberit, Swiss Re und Swisscom notiert nurmehr eine Handvoll Aktien über dem Stand von anfangs Jahr. Selbst Titel, welche noch vor wenigen Wochen noch ganz vorne auf der besagten Liste mitmischten, finden sich mittlerweile im letzten Tabellendrittel wieder. Ich denke da etwa an die Valoren von UBS, ABB oder der Partners Group.

Gerade die Genussscheine von Roche gerieten in den letzten Tagen regelrecht unter die Räder. Neuerdings droht die amerikanische Regierung selbst der Pharmaindustrie mit Strafzöllen. Noch sind pharmazeutische Produkte zwar explizit davon ausgenommen. Doch alleine die Androhung reicht schon aus, um die Kurse nach unten zu reissen. Einmal mehr zeigt sich: Nichts scheut die Börse so sehr wie die Ungewissheit.

Innerhalb weniger Tage haben die Bons von Roche ihre diesjährigen Kursgewinne wieder abgegeben (Quelle: www.cash.ch)

Schon im Februar fragte ich mich, ob Roche gleich den nächsten kostspieligen Patzer liefert. Ich hielt damals wie folgt fest:

Schon vor Wochen warnte ich mehrmals vor einer Überhitzung an der amerikanischen Leitbörse in New York. Ich äusserte damals die Sorge, dass eine längst überfällige Korrektur der dortigen Aktienkurse auch jene bei uns in der Schweiz in Mitleidenschaft ziehen könnte. Dass es ausgerechnet die Regierung in Washington selber ist, welche mit ihrem Strafzoll-Regime den Damm zum Bersten brachte, entbehrt nicht einer gewissen Ironie...

Interessant erscheint mir, dass sich der Börsen-Crash der letzten Tage – sofern man denn von einem solchen sprechen kann – gleich in mehrerlei Hinsicht von vergleichbaren Rückschlägen abhebt. So liegt mir etwa ein Kommentar der UBS in New York vor, wonach es am Montag während der zweiten Abgabewelle ungewöhnlich ruhig in den eigenen Handelsräumen blieb. Der mir nicht namentlich bekannte Autor vermutet, dass der Grund für die Börsenschwäche – nämlich die Strafzölle Washingtons - die eigene Anlagekundschaft zur Besonnenheit mahnte und von Kurzschlusshandlungen abhielt.

Ziemlich ungewohnt war auch, dass die Abgabewelle(n) nicht von einer Flucht in amerikanische Staatsanleihen begleitet wurde(n). Im Gegenteil: Die Rendite zehnjähriger «Treasuries» schoss innerhalb weniger Tage von 4 auf 4,4 Prozent hoch. Auch das unterscheidet den jüngsten Börsen-Crash von früheren.

Über die Gründe, weshalb auch amerikanische Staatsanleihen schmerzhafte Verluste zu beklagen hatten, lässt sich bloss mutmassen. Haben sich da grossen Gläubiger Washingtons wie Japan oder China etwa aus Trotz von Teilen ihrer Anleihebestände getrennt – eventuell auch, um gegenüber der dortigen Politik ihre Muskeln spielen zu lassen? Oder ist nicht eventuell gar etwas «morsch» im Finanzsystem? Auch die Dollar-Schwäche würde da in beiden Fällen gut ins Bild passen.

Fakt ist: Wenn sich Aktienindizes wie der SMI wie Kryptowährungen verhalten, dann ist das meist kein Zeichen der Stärke. Dann liegt wirklich irgendetwas im Argen.

Beschäftigen wir uns nun aber noch etwas tiefer mit dem hiesigen Börsengeschehen. In den letzten Tagen haben erste Aktienanalysten damit begonnen, bei ihren Gewinnschätzungen und Kurszielen den dicken Rotstift anzusetzen. In den Ohren nicht eben weniger Aktionärinnen und Aktionäre der von den Abwärtsrevisionen betroffenen Unternehmen dürfte dies wie Hohn klingen.

Vermutlich sind besagte Abwärtsrevisionen bloss die berühmt-berüchtigte Spitze des Eisbergs. Viele weitere dürften schon kommende Woche folgen. Schliesslich nimmt die Quartalsberichterstattung hierzulande erst so richtig Fahrt auf. Und eine bessere Entschuldigung für Analysten, um ihre Kursziele unter negativen Vorzeichen zu überarbeiten, wird sich vermutlich nicht finden lassen. Einmal mehr offenbart sich, wie prozyklisch sich die Banken und ihre Analysten eigentlich verhalten.

Viel Zuspruch erhält Lonza. Am Montagnachmittag trat Finanzchef Philippe Deecke vor die Analysten und verabreichte diesen in Sachen Handelsstreitigkeiten so etwas wie eine «Beruhigungspille». Mit Erfolg, treffen seither doch fast täglich verteidigende Kommentare für den letztjährigen SMI-Gewinner ein.

Die Liste derjenigen Banken, welche in den letzten Tagen ihre Kaufempfehlungen für die Aktien des Pharmazulieferers bestätigten, wird immer länger und umfasst mittlerweile so prominente Namen wie die UBS, Bernstein, Stifel, Jefferies, Barclays, Vontobel oder die Bank of America. Das höchste Kursziel hat mit 740 Franken meines Wissens Analyst Justin Smith von Bernstein ausstehend.

Die geballte Ladung an verteidigenden Kommentaren bescherte den Valoren in den letzten Tagen eine kräftige Kurserholung. Da überrascht es mich nicht, dass man beim Branchennachbar Siegfried zu einer «Beruhigungspille» nach selbigem Rezept griff. Auch das mit einschlagendem Erfolg.

Um nochmals auf Lonza zurückzukommen: Schon als vor gut einem Jahr der Verkauf der ehemaligen Genentech-Produktionsstätte in Vacaville an den Pharmazulieferer bekannt geworden war, gab es für die Börse einen klaren Gewinner: Lonza. Während sich besagte Transaktion angesichts drohender Einfuhrzölle für pharmazeutische Produkte aus der Sicht des Genentech-Mutterhauses Roche immer mehr als strategischer Fehlentscheid entpuppt, erweist sie sich für den ebenfalls in Basel beheimateten Käufer als eine glückliche Fügung. Auch das könnte mitunter ein Grund sein, weshalb die Genussscheine von Roche momentan deutlich schlechter als die Aktien von Lonza abschneiden.

DocMorris geht auf «Nummer Sicher». Die Versandapotheke hat sich die 200 Millionen Franken schwere Kapitalerhöhung von einem Bankenkonsortium garantieren lassen, was heisst, dass die mit der Transaktion beauftragten Banken die nicht gezeichneten Aktien übernehmen werden.

Das mag angesichts des turbulenten Börsenumfelds durchaus Sinn machen – hat für gewöhnlich aber seinen Preis. Bei einer sogenannten «Festübernahme» bedingen sich die Konsortialbanken für gewöhnlich nämlich einen tiefen Bezugspreis aus. Die Zeche bezahlen indirekt die Aktionärinnen und Aktionäre, bedeutet ein tiefer Bezugspreis doch eine höhere Anzahl neuer Aktien.

Die DocMorris-Aktien reagierten positiv auf die Neuigkeiten (Quelle: www.cash.ch)

Etwas stutzig machen mich die diesjährigen Finanzziele. Eigenen Aussagen zufolge geht die Versandapotheke von einem Umsatzwachstum von mehr als zehn Prozent bei einem operativen Verlust (EBITDA) zwischen 35 und 55 Millionen Franken aus. Beides liegt klar hinter den durchschnittlichen Schätzungen der Analysten zurück und ist angesichts der Wachstumsambitionen im Geschäft mit elektronischen Medikamentenrezepten eher enttäuschend.

Dass die Aktien von DocMorris dennoch in den Genuss steigender Kurse kamen, dürfte denn auch aggressiven Deckungskäufen aus dem Lager ausländischer Leerverkäufer geschuldet gewesen sein. Man hatte sich in diesen Kreisen vermutlich schon darauf eingestellt, den Papieren im Laufe der Kapitalerhöhung noch einmal mit gezielten Nadelstichen zusetzen zu können. Die Garantie durch das Bankenkonsortium weiss das nun zu verhindern.

Für Gesprächsstoff sorgen in hiesigen Börsenkreisen die millionenschweren Titelkäufe aus den Grossaktionariaten der Swatch Group, von Autoneum sowie von Kühne+Nagel. Bei der Swatch Group lachten sich die Familienaktionäre Aktien im Umfang von knapp zehn Millionen Franken an, bei Kühne+Nagel deckte sich der Ankeraktionär Klaus-Michael Kühne sogar mit Titeln mit einem Verkehrswert von mehr als zehn Millionen Franken ein. Interessant erscheint mir, dass die Hayeks beim Uhrenhersteller aus Biel – anders als bei der letzten Gelegenheit – Namensaktien und keine Inhaberaktien erworben haben.

Ein noch deutlicheres Ausrufezeichen setzten der Financier Martin Ebner und seine Gattin Rosmarie bei Autoneum. Wie bekannt wurde, hat das Ehepaar sein Aktienpaket von zehn auf 15 Prozent ausgebaut. In den Medien stiess die Beteiligungserhöhung auf überraschend wenig Resonanz.

Gut möglich, dass bedeutende Aktionäre die jüngste Kursschwäche auch bei anderen Unternehmen aus der Schweiz zum Zukauf von Aktien genutzt haben. Das wäre ermutigend. Ich werde die Angelegenheit jedenfalls genauestens im Auge behalten.

Feiertagsbedingt erscheint am kommenden Freitag übrigens keine «Börsenwoche im Schnelldurchlauf».

Der cash Insider nimmt Marktgerüchte sowie Strategie-, Branchen- oder Unternehmensstudien auf und interpretiert diese. Marktgerüchte werden bewusst nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft. Gerüchte, Spekulationen und alles, was Händler und Marktteilnehmer interessiert, sollen rasch an die Leser weitergegeben werden. Für die Richtigkeit der Inhalte wird keine Verantwortung übernommen. Die persönliche Meinung des cash Insiders muss sich nicht mit derjenigen der cash-Redaktion decken. Der cash Insider ist selber an der Börse aktiv. Nur so kann er die für diese Art von Nachrichten notwendige Marktnähe erreichen. Die geäusserten Meinungen stellen keine Kauf- oder Verkaufsempfehlungen an die Leserschaft dar.

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