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Knapp 800 Punkte hat der Swiss Market Index (SMI) seit Ende April hinzugewonnen. Am Freitag stieg das renommierte Börsenbarometer erstmals seit zwei Jahren wieder auf über 12'000 Punkte. Wie ich an diesem Tag schrieb, feiert der SMI mittlerweile sogar neue Rekorde, sofern man denn – wie beim Swiss Performance Index (SPI) - die Dividenden aufrechnet.

Noch einmal zur Erinnerung: Der SPI ist ein sogenannter Performance-Index. Der SMI hingegen ist ein Preis-Index. Bei ersterem werden die Dividenden aufgerechnet, bei zweiterem zu Lasten des Index. Stellt man diese beiden Börsenbarometer einander gegenüber, vergleicht man Birnen mit Äpfeln. Aus diesem Grund wurde der SMI mit Dividenden-Korrektur (SMIC) geschaffen. Und dieser befindet sich nun eben auf einem neuen Rekordhoch.

Das Interesse an Aktien steigt auch an der Börse oft erst im Gleichschritt mit den Kursen. L'Appétit vient en mangeant, wie unsere Westschweizer Freunde da sagen würden.

Ähnlich verhält es sich mit den Aktienempfehlungen der Banken. Es dürfte kein Zufall sein, dass die Verkaufsempfehlungen immer weniger werden.

Am Freitag etwa berichtete ich, dass der für die Deutsche Bank tätige Pharmaanalyst Emmanuel Papadakis zu meinem Erstaunen die Genussscheine von Roche von "Sell" auf "Hold" heraufstufte. Seine Verkaufsempfehlung geht auf Mitte Januar 2023 zurück, als noch Kurse von knapp 300 Franken bezahlt wurden. Alles richtig gemacht, ist man beim Blick auf die zuletzt bezahlten Kurse zu sagen gewillt.

Kursentwicklung der Genussscheine von Roche seit Jahresbeginn (Quelle: www.cash.ch)

Etwas irritierend ist, dass der Analyst am 215 Franken lautenden Kursziel festhält. Das entspräche einem rechnerischen Abwärtspotenzial von knapp zehn Prozent.

Seine Berufskollegin Freya Kong von der Bank of America wirft ihrerseits die Verkaufsempfehlung für die Aktien von Swiss Re über den Haufen. Sie hatte die dividendenstarken Valoren des Rückversicherers aus Zürich im Dezember 2022 bei Kursen um die 86 Franken von "Neutral" auf "Underperform" heruntergestuft. Eineinhalb Jahre später und 20 Kursfranken höher macht die Analystin diesen Schritt rückgängig und geht wieder auf "Neutral". Das Kursziel gibt sie neuerdings mit 120 (zuvor 101) Franken an.

Sie begründet die Abkehr von der Verkaufsempfehlung damit, dass der Rückversicherer seine Hausaufgaben gemacht hat und der Bewertungsabschlag von 20 Prozent gegenüber dem Erzrivalen Munich Re über die Zeit kleiner werden sollte. Ausserdem beurteilt die Analystin das diesjährige Ziel von Swiss Re eines Jahresgewinns von mindestens 3,6 Milliarden Dollar als extremst konservativ. Das klingt für mich schon beinahe nach einer verkappten Kaufempfehlung für die Aktien.

Auch für die Aktien des hiesigen Industrie-Urgesteins Landis+Gyr gibt es eine Verkaufsempfehlung weniger. Analyst Andreas Willi von J.P. Morgan – übrigens ein gebürtiger Schweizer – nimmt das solide Ergebnis fürs vergangene Geschäftsjahr zum Anlass und erhöht sein Anlageurteil für die Valoren des Stromzählerherstellers von "Underweight" auf "Neutral". Am 73 Franken lautenden Kursziel hält er indes fest.

Der Analyst begrüsst einerseits die nachlassenden Lieferkettenprobleme, andererseits aber auch die Fortschritte auf der Kostenseite. Seines Erachtens dürften die Aktien nicht länger schlechter als der europäische Investitionsgütersektor abschneiden.

Neugierig wie ich bin, habe ich mich mal eben schlau gemacht: Die Verkaufsempfehlung geht auf Anfang Dezember 2020 zurück, als noch Kurse von 65 Franken bezahlt wurden.

Kursentwicklung der Aktien von Landis+Gyr im mehrjährigen Vergleich (Quelle: www.cash.ch)

Die Liste liesse sich beliebig ergänzen – etwa durch die Heraufstufung der Valoren des Sanitärtechnikherstellers Geberit von "Reduce" auf "Hold" bei einem Kursziel von 560 (zuvor 450) Franken durch Kepler Cheuvreux, jene der Namenaktien des Premiumschokoladeherstellers Lindt&Sprüngli von "Underweight" auf "Equal Weight" bei einem Kursziel von 110'000 (zuvor 100'000) Franken durch die britische Barclays oder die Heraufstufung der Valoren des Medizinaltechnikherstellers Skan von "Reduce" auf "Add" bei einem Kursziel von 87 (zuvor 74) Franken durch eine Genfer Privatbank.

Ein Markt lebt bekanntlich von Käufern UND Verkäufern. Da macht der Aktienmarkt keine Ausnahme. Die Banken und ihre Aktienanalysten sind bekannt dafür, dass sie sich bei ihren Anlageurteilen und Kurszielen oft sehr pro-zyklisch verhalten. Von daher kann die beobachtete Abkehr von Verkaufsempfehlungen schon fast als ein Anhaltspunkt für eine kurzfristige Überhitzung verstanden werden...

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