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In den letzten Tagen war bei uns am Schweizer Aktienmarkt ganz schön was los. Am Montag gehörte die mediale Bühne einmal mehr ganz der Credit Suisse. Faustdick kam es insbesondere aber der Dienstag. Neben ABB und der UBS legten an diesem Morgen aus dem Swiss Market Index (SMI) auch die beiden Schwergewichte Nestlé und Novartis Kennzahlen zum ersten Quartal vor. Ausserdem trugen Kühne+Nagel, Gurit und Idorsia das ihre zur Zahlenflut bei – was bei den betroffenen Aktien teils für starke Kursausschläge sorgte. Von Dienstag auf Mittwoch meldeten sich dann auch noch Temenos und Roche zu Wort.
Während das Quartalsergebnis von Novartis und die Umsatzzahlen von Nestlé an der Börse gut angenommen wurden, fielen jene von Roche am Mittwoch durch. Mit 15,3 Milliarden Franken setzte der Pharma- und Diagnostikkonzern aus Basel zwischen Januar und März zwar mehr als erwartet um. Analysten waren durchschnittlich von einem Gruppenumsatz in Höhe von 14,8 Milliarden Franken ausgegangen.
Allerdings war das Haar in der Suppe schnell gefunden: Mit Actemra verkaufte sich ausgerechnet das für die Behandlung von Covid-19 zugelassene Arthritismedikament deutlich besser als gedacht. Insbesondere in Japan fand das Präparat im zurückliegenden ersten Quartal reissenden Absatz. Von Dauer ist dies wohl aber nicht.
Kursentwicklung der Genussscheine von Roche in den letzten Tagen (Quelle: www.cash.ch)
Und auch dass Roche weiterhin auf den diesjährigen Umsatz- und Gewinnvorgaben beharrt, kam in Expertenkreisen nicht gut an. Den Vorgaben wird nämlich nachgesagt, sie seien eher konservativ. Dementsprechend hatten einige Analysten mit einer Erhöhung gerechnet.
Auch Nestlé-Chef Mark Schneider hält trotz einem überragenden ersten Quartal an den bisherigen Wachstumszielen fest. Und das, obwohl das organische Umsatzwachstum mit 9,3 Prozent selbst die kühnsten Analystenschätzungen in den Schatten stellte.
Mein persönlicher Lichtblick war einmal mehr das starke Abschneiden im Onlinegeschäft. Dieses wies im Jahresvergleich ein organisches Wachstum im Umfang von 13,6 Prozent auf. Mittlerweile trägt dieser zukunftsträchtige Vertriebskanal etwas mehr als 16 Prozent zum Konzernumsatz bei – Tendenz steigend. Zugegeben: Das macht aus Nestlé zwar noch nicht die nächste Amazon.com. Dennoch sollte die steigende Bedeutung des Onlinegeschäfts längerfristig mit einer höheren Bewertung einhergehen.
Für Gesprächsstoff sorgte diese Woche auch die UBS. Am Montag zuerst rund um den erneuten Milliardenverlust bei der Credit Suisse und tags darauf mit dem eigenen Zahlenkranz. Mit einem Vorsteuergewinn von 1,5 Milliarden Dollar blieb im ersten Quartal fast 50 Prozent weniger bei der grössten Schweizer Bank hängen als im Jahr zuvor. Analysten waren durchschnittlich von einem Vorsteuergewinn in Höhe von 2,2 Milliarden Dollar ausgegangen. Ein Grund für die Differenz waren Rückstellungen für einen Rechtsfall aus der Zeit der grossen Finanzkrise. Für enttäuschte Gesichter sorgten allerdings auch die Ergebnisbeiträge aus dem Global Wealth Management sowie aus dem Asset Management der Grossbank.
Ich verglich die Credit-Suisse-Übernahme kürzlich mit dem Kauf einer Wundertüte am Kiosk. Ob diese ihr Geld wert war, zeigt sich erst beim Blick hinein...
Inwiefern andere Banken der kombinierten Grossbank künftig Kundenberater und -gelder abjagen können, wird sich zeigen müssen. Zumindest die Aktien von Julius Bär kamen in den letzten Tagen schon mal in den Genuss kursseitiger Vorschusslorbeeren. Impulse gingen dabei von entsprechenden Analystenkommentaren aus – unter anderem aus der Feder des für die Bank of America tätigen David Lam. Seines Erachtens bietet sich der Zürcher Bank momentan eine einmalige Gelegenheit, um der UBS Marktanteile streitig machen zu können. Darauf abgestützt hob er seine Gewinnschätzungen um bis zu sechs Prozent an. Das Kursziel für die mit "Buy" eingestuften Aktien lautet neuerdings 80 (zuvor 71) Franken.
Aktien aus der Schweiz: Es hagelt Aktienumstufungen |
In einem Punkt scheint mir der Bank-of-America-Analyst dann aber doch etwas inkonsequent, preist er doch auch die Aktien der UBS mit einem Kursziel von 23 Franken zum Kauf an. Wie bei Julius Bär passt Lam auch bei der grössten Schweizer Bank die Gewinnschätzungen um bis zu sechs Prozent nach oben an.
Apropos Bank of America: Die US-Investmentbank warf in den letzten Tagen mit Verkaufsempfehlungen nur so um sich. Die Valoren von Temenos werden genauso mit "Underperform" und einem Kursziel von 54 (zuvor 55) Franken eingestuft wie jene von Kühne+Nagel. Für letztere lautet das Kursziel neuerdings 205 (zuvor 180) Franken. Neu hinzu kommen die Aktien von Swiss Life. Bei diesen gingen die Amerikaner zu Wochenbeginn mit einem Kursziel von 600 Franken von "Neutral" auf "Underperform".
Interessant ist, dass die Strategen der Bank of America den Schweizer Aktienmarkt trotz all dieser Verkaufsempfehlungen schon seit Monaten in der Favoritenrolle wähnen.
Höhenflug der GAM-Aktien in den letzten vier Wochen (Quelle: www.cash.ch)
Kommen wir an dieser Stelle noch kurz auf das Sorgenkind GAM zu sprechen. Gestern Donnerstag nahm die wenig ruhmvolle Firmengeschichte des Vermögensverwalters aus Zürich eine überraschende Wende. Wie die Financial Times schreibt, hat sich eine Investorengruppe um den französischen Telekom-Milliardär Xavier Niel mit 7,5 Prozent eingenistet. Was genau die Investorengruppe im Schilde führt, ist nicht bekannt. Dennoch reagierte die Börse geradezu euphorisch auf die Neuigkeiten, gingen die Aktien doch um knapp 20 Prozent höher aus dem Handel.
Das Forbes Magazine schätzt das Vermögen Niels auf umgerechnet mehr als 9 Milliarden Franken. Vor diesem Hintergrund sind die 10 Millionen Franken, welche der Franzose bei GAM im Feuer hat, bloss ein wenig "Spielgeld". Vielleicht heisst seine dazu gegründete Beteiligungsgesellschaft ja auch deshalb "NewGAMe"...
Kommende Woche stehen hierzulande weitere Quartalsergebnisse zur Veröffentlichung an. Mein persönliches Interesse gilt dabei jenen von Logitech und AMS Osram. Doch auch wie Swiss Re in den ersten Monaten abgeschnitten hat, dürfte interessieren. Mehr dazu kommenden Freitag, wenn es wieder heisst: Die Börsenwoche im Schnelldurchlauf.
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