Die Wurzeln einer der grossen Schweizer Uhrenmarken liegen in Paris. 1775 eröffnete der aus der Region Neuenburg stammende Abraham-Louis Breguet in der französischen Metropole eine Werkstatt. Es sollte der Beginn einer einzigartigen Erfolgsgeschichte sein. Breguet, der im Zuge der französischen Revolution 1793 in die Schweiz zurückkehrte, machte mehrere bahnbrechende Erfindungen. Die »perpetuelle« Automatikuhr zählt dazu genauso wie die als »Pare-chute« bekannte Stosssicherung oder die berühmte Breguet-Feder. Seit 1999 ist das Unternehmen mit seinen Manufakturen im Vallée de Joux und im Crêt-du-Locle Teil der Swatch Group. Kurz vor der Jahrtausendwende stärkte der Gründer des Uhrenkonzerns, Nicolas G. Hayek, mit dieser Übernahme die Positionierung von Swatch im Luxussegment.

Obwohl Breguet in der Uhrmacherkunst nach wie vor zu den grossen Maisons zählt, könnte die Stimmung zum 250. Jubiläum besser sein. Laut Zahlen aus dem Verband der Schweizerischen Uhrenindustrie FH sind die Exporte des Sektors in den ersten elf Monaten 2024 um ein Zehntel auf etwas mehr als 14 Millionen Stück geschrumpft. Wertmässig verbuchten die heimischen Uhrenhersteller einen Rückgang der Ausfuhren um 2,6 Prozent auf 22,9 Milliarden Schweizer Franken. Der Wirtschaftszweig bekommt damit die allgemeine Flaute im Markt für Luxusgüter voll zu spüren – auch im Verkauf von Designermode, Schmuck, edlen Spirituosen oder Sportwagen harzte es zuletzt. In einer im November vorgelegten Prognose geht das Beratungsunternehmen Bain & Company davon aus, dass der globale Markt für persönliche Luxusgüter 2024 um 2 Prozent auf 363 Milliarden Euro geschrumpft ist (siehe Grafik 1).

Grafik 1: Weltweiter Markt für persönliche Luxusgüter

*2024 Schätzug

*2024 Schätzung
Stand: November 2024; Quelle: Bain & Company

Flaute im Reich der Mitte

Während die Geschäfte in Japan florierten, bescheinigen die Experten Südeuropa eine solide Entwicklung sowie den USA eine allmähliche Verbesserung der Nachfrage. Das Sorgenkind des Sektors ist China. Im Reich der Mitte hat eine strauchelnde Wirtschaft zusammen mit der Krise im Immobiliensektor die Lust auf Luxus stark ausgebremst. Diesbezüglich sprechen die jüngsten Zahlen aus dem Shoppingparadies Hainan eine deutliche Sprache. In der chinesischen Inselprovinz, wo viele Luxusläden angesiedelt sind, brachen die Ausgaben für zollfreie Waren 2024 gegenüber dem Vorjahr um 29,3 Prozent auf knapp 31 Milliarden chinesische Yuan ein. Dazu passt, dass im vergangenen Jahr 5,7 Millionen Besucher – 15,9 Prozent weniger als 2023 – nach Hainan gereist sind.

Prozentual zweistellige Abschläge standen zu Silvester 2024 auch für viele Aktien aus dem Luxussegment zu Buche. Beispiel LVMH: Die Kapitalisierung des französischen Branchenriesen gab im vergangenen Jahr um rund 13 Prozent nach (siehe Grafik 2). LVMH gilt als eine Art Proxy für den Luxussektor. Mit 75 Marken, darunter Top-Adressen wie Louis Vuitton, Dior, Bulgari oder Moët & Chandon, lässt die Gruppe kaum einen Wunsch unerfüllt. Und doch hat sich die zahlungskräftige Kundschaft in den mehr als 6.000 exklusiven Shops und Boutiquen von LVMH zuletzt eher zurückgehalten. Für 2024 meldete die Gruppe einen Umsatzrückgang von 2 Prozent auf 84,6 Milliarden Euro. Damit ist der auf die Coronakrise folgende Boom zum Erliegen gekommen. Doch scheint sich die Lage langsam zu bessern. Angeschoben von den Verkäufen in Asien, Europa und den USA schaffte LVMH im vierten Quartal, anders als erwartet, ein kleines organisches Umsatzwachstum. »Ich bin zuversichtlich für 2025«, blickte CEO Bernard Arnault nach vorn. In den USA beobachtet er sogar eine »Welle des Optimismus«. Arnault hatte im Januar an der Vereidigung Donald Trumps teilgenommen. An dieser Zeremonie stand der LVMH-Gründer und -Grossaktionär mit einer Reihe anderer Milliardäre auf der Gästeliste. Möglicherweise haben sie ihm von ihren Shoppingplänen für 2025 berichtet.

Grafik 2: Anlauf nach oben

Wertentwicklung LVMH

Wertentwicklung LVMH

Stand: 29. Januar 2025; Quelle: Reuters

Ein exklusiver Club

In jedem Fall leitet Bain & Company aus diesem extrem gut situierten Personenkreis einen optimistischen Ausblick für den Sektor ab. »Längerfristig dürfte der Markt dank der Zunahme des Wohlstands und der Luxus-Kundenbasis ein solides Wachstum erreichen«, blicken die Experten nach vorn. In der Tat zählt der Club der Millionäre so viele Mitglieder wie noch nie. Laut einer Untersuchung von Capgemini gab es 2023 weltweit 22,8 Millionen Menschen, die über ein investierbares Vermögen von 1 Million US-Dollar oder mehr verfügten. Damit lagen die Zahlen der High-Net-Worth Individuals (HNWI) um 5,1 Prozent über dem Niveau des Vorjahrs. In Summe hielten sie ein Vermögen von knapp 87 Billionen US-Dollar. Nach einer kleinen Delle hat der Wohlstand der Reichen und Superreichen damit einen neuen Spitzenwert erreicht. Seit dem Krisenjahr 2008 ist ihr Vermögen im Schnitt um 6,7 Prozent jährlich angewachsen (siehe Grafik 3).

Grafik 3: Vermögen der HNWI

Stand: Juni 2024

Stand: Juni 2024; Quelle: Capgemini Research Institut

Die meisten Superreichen sind in Nordamerika zu Hause. Capgemini zählte dort 7,9 Millionen HNWIs. 2023 hob sich der Kontinent auch beim Wachstum – sowohl was das Gesamtvermögen anbelangt als auch hinsichtlich der Zahl der HNWIs – vom Rest der Welt ab. »Eine robuste Wirtschaft, ein nachlassender Inflationsdruck und eine formidable Rally am US-Aktienmarkt haben die Aufwärtsdynamik angetrieben«, stellt das Beratungsunternehmen fest. Zwar liegen für 2024 noch keine Zahlen vor, doch angesichts der Rekordjagd an der Wall Street dürften viele Amerikaner noch reicher geworden sein.

Hoffen auf die Politik

Bekanntlich hat der Sieg Donald Trumps bei den US-Präsidentschaftswahlen die Börseneuphorie in den Staaten zusätzlich angeheizt. Gleichzeitig löste seine Rückkehr in das Weisse Haus einen Run auf die Kryptowährungen aus, allen voran Bitcoin. Entsprechend gross sind die Hoffnungen im Luxussektor, dass Trump während seiner zweiten Amtszeit mit einer liberalen Wirtschaftspolitik und Steuersenkungen die Kauflust bei den HNWIs steigert. Auch im wichtigen chinesischen Markt geht der Blick in Richtung Politik. Peking hat eine Reihe von Konjunkturmassnahmen angekündigt, um der Wirtschaft auf die Sprünge zu helfen. Weltweit bleibt die Geldpolitik ein wichtiger Taktgeber. Indem die Notenbanken die Zügel weiter lockern, könnten sie auch im Luxussektor Impulse auslösen. Einerseits helfen tiefere Zinsen der Wirtschaft, andererseits nehmen sie festverzinslichen Anlagen den Reiz. Das könnte gerade bei den vermögenden Konsumenten zu höheren Ausgaben führen.

Richemont: In eigenen Sphären

Zurück zu Swatch. Das Bieler Unternehmen hat nicht nur mit der Schwäche im wichtigen chinesischen Markt zu kämpfen. Swatch ist darüber hinaus, unter anderem mit der Kernmarke, im mittleren und unteren Preissegment aktiv. Hier dürfte das krisenhafte globale Umfeld eine besonders starke Rolle spielen. Fest steht, dass die Swatch-Aktie der Konkurrenz aus dem Luxussektor weit hinterherhinkt. Das gilt auch im Vergleich zu Richemont. Auf Sicht von fünf Jahren steht für den Uhren- und Schmuckhersteller ein Kursplus von rund 130 Prozent zu Buche. Swatch gab im selben Zeitraum um fast 40 Prozent nach (siehe Grafik 4).

Grafik 4: Klare Verhältnisse

Wertentwicklung Richemont vs. Swatch (fünf Jahre)

Wertentwicklung Richemont vs. Swatch (fünf Jahre)

Stand: 29. Januar 2025; Quelle: Reuters

Seit Mitte Januar konnte Richemont den Vorsprung noch einmal ausbauen. Das Unternehmen hatte überraschend starke Zahlen für das Weihnachtsquartal 2024 vorgelegt. Von Oktober bis Dezember steigerte der Hersteller von Cartier-Schmuck und Uhren der Marken IWC sowie A. Lange & Söhne den Umsatz um ein Zehntel auf rekordhohe 6,15 Milliarden Euro. Analysten waren davon ausgegangen, dass die Geschäfte weiter stagnieren. Besonders gefragt war das Richemont-Sortiment in Amerika, in der Region gingen die Erlöse um mehr als ein Fünftel nach oben. In Europa verbuchte der Konzern ein Wachstum von 19 Prozent und profitierte dabei auch von den Einkäufen durch Touristen aus Nordamerika und dem Nahen Osten. Sorgenkind bleibt China, im Reich der Mitte schrumpfte das Geschäft im Berichtszeitraum um 18 Prozent. Das Trading-Update strahlte dennoch auf den gesamten Sektor ab. Während die Richemont-Aktie am Tag der Zahlenvorlage um 16 Prozent zulegte, verbuchte LVMH ein Kursplus von 9 Prozent.

Ferrari: Hochprofitable Luxuskarossen

Auf der Gewinnerseite sind die Anteilsscheine von Ferrari besonders häufig zu finden. Der Luxusautobauer präsentiert am 30. Januar sein Zahlenwerk. Dann wird sich zeigen, inwieweit die Italiener die Flaute im Reich der Mitte noch zu spüren bekommen. In den ersten drei Quartalen 2024 lieferte Ferrari auf dem chinesischen Festland, in Hongkong und Taiwan 114 Fahrzeuge weniger aus als im Vorjahreszeitraum. Obwohl das Unternehmen die Verkäufe im Rest von Asien-Pazifik sowie in der wichtigsten Verkaufsregion, Europa, Mittlerer Osten und Afrika steigern konnte, schrumpfte der Gesamtabsatz um 2,2 Prozent auf 3.383 Wagen mit dem legendären Pferde-Emblem. Auf der Umsatz- und Ergebnisseite ist Ferrari trotzdem gewachsen: Bei einem Erlösanstieg um 6,5 Prozent auf 1,64 Milliarden Euro nahm das operative Ergebnis (Stufe angepasstes Ebitda) um 7,1 Prozent auf 638 Millionen Euro zu. Das Kultunternehmen konnte dadurch die Marge um 20 Basispunkte auf beachtliche 38,8 Prozent ausweiten.

Es sind genau diese Relationen, mit denen Ferrari der Konkurrenz an der Börse davonfährt. Im Oktober jährt sich das IPO des Unternehmens an der New York Stock Exchange zum zehnten Mal. Relativ zum globalen Automobilsektor hat Ferrari seither eine enorme Outperformance aufgebaut (siehe Grafik 5). Auch wenn dem 1947 gegründeten Konzern mit dem Kotierungsjahrtag ein weniger wichtiges Jubiläum ins Haus steht als Breguet: Unterschiedlicher könnten die Vorzeichen der beiden Luxusadressen zu diesen Anlässen kaum sein.

Grafik 5: Auf der Überholspur

Wertentwicklung Ferrari versus DJ Automobile & Parts Titans 30-Index (seit Oktober 2015)

Wertentwicklung Ferrari versus DJ Automobile & Parts Titans 30-Index (seit Oktober 2015)

Stand: 29. Januar 2025; Quelle: Reuters