Eines der faszinierendsten Bücher, das ich jüngst gelesen habe, ist „Alexander von Humboldt und die Erfindung der Natur“ von Andrea Wulf. Darin bringt sie dem Leser das Leben des Entdeckers, Naturforschers und Geografen Alexander von Humboldt auf unterhaltsame Weise näher. Auf seinen zahlreichen Reisen suchte von Humboldt stets nach Mustern und Verbindungen zwischen allen Arten von Leben und brachte damit seine ganzheitliche Weltsicht zum Ausdruck, nach der Systeme nicht isoliert, sondern innerhalb grösserer Systeme funktionieren.
Natürlich wissen die meisten von uns, dass die Natur für das Leben der Menschen unabdingbar ist. Oder, wie es der Wirtschaftswissenschafter Herman Daly ausdrückte: „Die Wirtschaft ist eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Umwelt, und nicht umgekehrt.“ Dennoch funktioniert unsere Wirtschaft weiterhin auf eine Weise, mit der die Natur in einem solchen Masse ausgebeutet und erschöpft wird, dass wir Gefahr laufen, unsere Lebensgrundlagen zu zerstören.
Der Karikaturist Graeme Mackay bringt die Situation im nachstehenden Cartoon gut auf den Punkt.
Daraus ergibt sich eine klare Schlussfolgerung: Wiederherstellende Massnahmen sind bitter nötig. Wie Peter Harrison, CEO bei Schroders, in seinem Blog-Artikel „Warum wir die Natur investierbar machen müssen“ fordert, müssen wir unser Verhältnis zur Natur völlig neu überdenken, und der Finanzbranche kommt dabei eine wichtige Rolle zu.
Aber worin kann ihr Beitrag bestehen? In seinem Blog erläutert Peter Harrison den Ansatz von Schroders: „Wir haben uns verpflichtet, das Verhalten jedes Unternehmens, in das wir investieren, gegenüber der Natur zu ändern. Dazu werden wir neue naturbasierte Anlageprodukte schaffen und unsere Lösungssparte nutzen, um Kapital in neue und bestehende Fonds zu leiten. Auf diese Weise helfen wir unseren Kunden, eine positive Wirkung zu erzielen und gleichzeitig ihre Ertragsquellen zu diversifizieren.“
Einfach ist dies natürlich nicht, und es wird nicht von einem Tag auf den anderen gelingen. Wir bewegen uns hier auf dem Terrain neuer Anlagemodelle und Analysen, die uns angesichts der heute bestehenden Datensätze vor Herausforderungen stellen. Doch diese müssen dringend bewältigt werden, und wir können nicht auf die perfekte Antwort warten.
Was bedeutet das nun für unsere Kunden? Wie investierbar ist Naturkapital? Und inwieweit denken unsere Kunden überhaupt darüber nach? Wir sind diesen Fragen in einem Panel nachgegangen, das ich bei einer Kundenkonferenz im März moderierte.
Die fünf wichtigsten Erkenntnisse hieraus waren folgende: Erstens ist das Naturkapital viel grösser, als die Menschen denken. Im ersten Absatz deutete ich an, dass der Zusammenbruch der Biodiversität ein gravierenderes Problem darstellt als der Klimawandel, aber lassen Sie uns auch dies in Zahlen ausdrücken: Der jährliche Wert der Ökosystemleistungen wird auf über 120 Bio. US-Dollar geschätzt und liegt damit etwa 50 % über dem weltweiten BIP. Doch die Zahlungen für Ökosystemleistungen sind 40-mal geringer, wie Andy Howard, Global Head of Sustainable Investment bei Schroders, feststellte. Es besteht also eine grosse Kluft zwischen Wert und finanziellem Wert, die durch die Monetarisierung eines grösseren Teils der Ökosystemleistungen geschlossen werden kann.
Dies geschieht bereits, nicht zuletzt aufgrund von Auflagen und Vorschriften, und Unternehmen versuchen, ihre negativen Auswirkungen auszugleichen, indem sie beispielsweise in die Wiederaufforstung investieren. Tatsächlich verhält es sich so, dass sich die Nachfrage der Unternehmen nach neuen Projekten schneller entwickelt als das Angebot, wie Andrew Dreaneen, Head of Alternatives bei Schroders, im Rahmen des Panels mitteilte. Es besteht ein enormer Bedarf an der Entwicklung neuer Projekte.
Zweitens kommt der sozialen Dimension ein extrem wichtiger Stellenwert zu. Maria Teresa Zappia, stellvertretende CEO von BlueOrchard und Head of Sustainability and Impact bei Schroders Capital, erläuterte, dass nicht weniger als 1,2 Milliarden Menschen in hohem Masse von der Natur abhängig sind und drei Viertel ihrer Grundbedürfnisse aus der Natur decken müssen.
Ausserdem wies Maria Teresa darauf hin, dass die soziale Dimension auch für die erfolgreiche Entwicklung von Naturkapitalprojekten besonders wichtig ist. Die Festlegung der Landbesitzrechte der lokalen Gemeinschaften ist in der Regel ein entscheidender Faktor. Vor allem in Schwellenländern sind diese oft nicht formalisiert, und mitunter ist die aktive Mitwirkung von NGOs erforderlich, um sicherzustellen, dass der Landbesitz formell festgeschrieben wird, bevor Naturschutzprojekte durchgeführt werden. Und wenn die Projekte dann umgesetzt werden, wissen die lokalen Gemeinschaften in der Regel viel besser als Aussenseiter, wie das örtliche Naturkapital bewahrt werden kann.
Drittens denken tatsächlich viele Kunden über das Naturkapital nach. Wir haben unser Panel mit der Frage an das Publikum begonnen, inwieweit die Anwesenden Allokationen in naturkapitalbasierte Lösungen vornehmen oder zu Anlagen in solchen raten. Zu meiner Überraschung – ich hatte mit einer einstelligen Zahl gerechnet – beantworteten 54 % des Publikums diese Frage positiv. Aus eigener Erfahrung wusste ich natürlich schon, dass die Kunden solche Lösungen nachfragen, insbesondere institutionelle Kunden, die sich Ziele setzen, Vermögensverwalter, die nach Biodiversitätsprodukten Ausschau halten, und Family-Offices, die bei ihren langfristigen Anlagen für die nächsten Generationen Umweltaspekte berücksichtigen. Doch die Antwort des Publikums liess auf ein viel breiteres Interesse schliessen.
Viertens sind diese Produkte im Kommen. Im Bereich private Vermögensanlagen werden mittlerweile Produkte für nachhaltige Forstwirtschaft, regenerative Landwirtschaft und zunehmend Naturschutz (Bewahren und Wiederherstellen) angeboten, die früher der Venture Philanthropie zuzuordnen waren, jetzt aber auch ertragsorientierte Formen annehmen. Bei börsennotierten Anlagen bieten Biodiversitätsfonds Potenzial, und die Kunden interessieren sich für die führenden Unternehmen in stark exponierten Branchen und streben eine intensive Zusammenarbeit zur Verbesserung ihrer Biodiversitätsperformance und ihrer Berichterstattung an. In der Regel lassen sich diese Produkte gut in ein Portfolio integrieren, da sie normalerweise eine niedrige Korrelation aufweisen. Denn ein Biodiversitätsfonds hält tendenziell ganz andere Positionen als ein klassisches nachhaltiges Aktienprodukt. Darüber hinaus bietet Biodiversität eine interessante ganzheitliche Sicht auf ein Portfolio, die es ermöglicht, Risiken, die sonst nicht wahrgenommen werden, besser zu erkennen und zu steuern. Bei einigen Naturkapitalprodukten bedeutet eine Anlage jedoch, auf Ertragserwartungen zu verzichten, was nur für eine kleine Gruppe von Kunden akzeptabel ist.
Fünftens gibt es noch grosse Hürden zu beseitigen. So kann es bei Naturkapitallösungen eine Herausforderung sein, ein annehmbares Risiko-Rendite-Verhältnis zu erreichen. Oft sind Public Private Partnerships notwendig, damit solche Lösungen funktionieren und Risiken reduziert werden können. Viele Standards müssen noch festgelegt werden, und die Monetarisierung ist alles andere als einfach.Andere Menschen wiederum haben grundsätzlichere Bedenken: Sie meinen, wenn wir die Natur als Anlageklasse behandeln, erhalten wir wieder das klassische, reduzierende und kurzfristige Verhalten, das uns die Probleme in erster Linie eingebrockt hat. Diese Warnung hat durchaus ihre Berechtigung, und bei der Mobilisierung von Kapital sollten wir ausreichende Schutzmassnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die Natur auch wirklich davon profitiert. Gleichzeitig muss noch viel experimentiert werden, um eine grosse Vielfalt von Mechanismen zur Mobilisierung von Kapital für die Natur zu entwickeln. Die Herausforderung ist gewaltig, aber die Sache ist es wert. Ich bin sicher, dass Alexander von Humboldt sich ihrer ebenfalls angenommen hätte.
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