Anlass für diesen Artikel gibt mir diesmal der CEO von Binance, Changpeng (“CZ”) Zhao, der kürzlich ganz klare Aussagen getroffen hat, wie es um die Selbstverwahrung steht.1
Vielleicht habt ihr schon einmal den Slogan gehört, «Not Your Keys, Not Your Coins!» Ich vereinfache das hier. Hast du den Private Key nicht, dann sind die gekauften Kryptowährungen nicht wirklich bei dir in deinen Händen.
Klingt grossartig und hat so einen Hauch von digitaler Freiheit und Selbstbestimmung, aber ist scheinbar ein unlösbares Problem für 99 Prozent aller Kryptonutzer weltweit. Nur ein Prozent also wissen, wie man selbst verwahrt. Schade um dieses Potential.
Um sich in der Selbstverwahrung auszubilden, braucht es eigentlich nicht viel, wenn da nicht die ständige Angst um den physischen Verlust seines Vermögens, oder besser, um den Verlust des Zugangs zu seinem Vermögen wäre. Kryptonutzer sind besorgt um die Zugänge zu ihren Krypto Assets.2 Das ist das Stichwort der Stunde.
Der Kryptoanwender will somit, dass die gekauften Kryptowerte immer in seinem Eigentum sind.
Du hast auf einer zentralisierten Exchange den ersten Bitcoin gekauft und hast auch irgendwo gelesen, dass der noch nicht deiner ist. Eifrig werden nun alle erdenklich existierenden Kryptoszeneforen gelesen und schlussendlich landet man bei einem Hardwarewalletanbieter wie Trezor, Ledger Nano, BitBox oder ähnlichem.
Alle haben sie das gleiche Problem: Sie müssen eingerichtet werden.
Natürlich gibt es unendlich viele Anleitungen und Erklärungen, wie es geht. Doch dennoch liegt das «Anleitung lesen» nicht in jedermanns Blut und schon gar nicht das technische Verständnis. Hinzu kommt ein weiteres Problem.
Schon einmal probiert eine Autobatterie abzuklemmen? Wie war das? Muss ich zuerst Minus oder doch Plus abklemmen? Oder mal schnell die PIN der Kreditkarte beim Einkaufen vergessen? Was nützt das ganze Einrichten, wenn man im ersten Fall das Auto nicht mehr fahren kann und im zweiten Fall, äusserst peinlich, an der Kasse zugeben muss, die gewünschte Ware nicht mitnehmen zu können.
Im Bankenwesen hat sich die Verwahrung des Geldes als dicke Dienstleistung für die Banken über die hunderten von Jahren etabliert, so dass sich niemand mehr Gedanken um den Platz und der Sicherheit der angehäuften Vermögen machen musste.
Übertragen wir das nun einmal in den Kryptofinanzbereich.
Eine Alternative wäre, sich eine App wie Metamask oder Trustwallet zuzulegen, dass auch recht schnell den Einstieg ins spekulative DeFi einlädt. Nun, auch hier müssen Passwörter angelegt, Seeds (also Wörter, die den Privatekey abbilden) eingerichtet, und diese schlussendlich im Notizbuch verwahrt werden. Was passiert, wenn es im Haus brennt? Ein Wasserrohr bricht, oder einfach nur die Notizseite zerreisst?
Die einzige echte Alternative, die aber auch nur eine regulierte Entität wie honesto bieten kann, wäre ein Zugang zu einer Krypto-App oder Krypto-Exchange, in der man sich einmal mit Namen verifiziert und ausgewiesen hat und die einen echten Versicherungsschutz für die Kundeneinlagen hat. Aufgrund der Identifikation ist es dem Anbieter möglich, auch Zugänge zurückzugeben, egal ob Passwörter verloren werden oder nicht.
Weiterhin, werden die Kryptos wieder verkauft, so sollten Auszahlungen immer auf das gleiche Konto gehen, über das eingezahlt wurde. So kann verhindert werden, dass im Falle eines Diebstahls des Smartphones die Auszahlungen auf andere Konten getätigt werden.
Schlussendlich müssen die Kryptowerte gesondert verwahrt werden und dürfen nicht Eigentum der Kryptobroker oder Kryptodienstleister sein. Das wird in Zukunft mit Sicherheit auch eine regulatorische Voraussetzung seit dem “FTX-Drama" sein.
Überlassen wir doch das Einlagern von Kryptowerten den echten Profis, die den neuen Standard im Markt bilden, so wie wir es bisher bei jeder technischen Innovation getan haben, scheinbar schwere komplexe technische Vorgänge abzugeben.
Bei allem Enthusiasmus in der Selbstbestimmung und der eigenen Kontrolle muss man zugeben, dass einem nichts ruhiger schlafen lässt, wie der soeben beschriebene Weg.
Disclaimer
Dies ist keine finanzielle Beratung. Stellen Sie Ihre eigenen Nachforschungen an und konsultieren Sie gegebenenfalls einen professionellen Anlage- und Steuerberater, bevor Sie eine Anlageentscheidung treffen.
Quellen
1 https://decrypt.co/117214/99-people-will-lose-crypto-storing-self-custody-binance-ceo-changpeng-zhao
2 https://media.licdn.com/dms/document/C4E1FAQGYOFNDfWdkgQ/feedshare-document-pdf-analyzed/0/1671426888559?e=1672272000&v=beta&t=Sg-ZLUeixB-T3VUiQXrH6faIKLk4rq66yqO-7K4zVRM