Der zu erwartende Umbruch in Amerika unter Donald Trump dürfte Investoren auch in der neuen Woche in Atem halten. Während sich die Wirtschaftsaussichten in den USA Ökonomen zufolge verbessern sollten, zittern die Anleger in Europa und besonders Deutschland vor erschwerten Handelsbedingungen. Das macht sich auch an den Kapitalmärkten bemerkbar, an denen US-Aktien im Vergleich zu Europa klar favorisiert werden. «Die Jahresendrally findet dieses Jahr nur an der Wall Street und wohl nicht in Europa oder Asien statt», sagte Robert Greil, Chefstratege von Merck Finck.

Die Regierungsbildung des designierten US-Präsidenten schreitet indes voran. Sein Berater Elon Musk soll nicht nur den Staat verschlanken, sondern auch eine knallharte Industriepolitik betreiben, warnen die Strategen der LBBW. Europas Konzernen verschaffe die Fertigung in Nordamerika zwar eine gewisse Resilienz. «Unterm Strich wird es aber keine Gewinner geben, und Risikoszenarien gewinnen an Bedeutung.» Die drohende Anhebung von Strafzöllen nach Trumps Amtseinführung würde besonders die ohnehin in einer Strukturkrise steckende Automobilbranche treffen. Bei Störungen des Welthandels ist zudem die Halbleiterbranche besonderen Risiken ausgesetzt. Einen Schatten dürfte die anstehende Amtszeit Trumps auch auf den am Montag beginnenden G20-Gipfel der Staats- und Regierungschefs in Rio de Janeiro werfen.

Gewinnsaison überwiegend erfreulich

Für etwas bessere Stimmung an den Börsen hierzulande sorgte in der ablaufenden Woche die recht positiv verlaufende Berichtssaison. Der Dax etablierte sich wieder über der psychologisch wichtigen Marke von 19'000 Punkten und lag am Freitagnachmittag auf Wochensicht mit 19'235 Zählern leicht im Plus. Von den grossen Konzernen stehen in der neuen Woche nur noch wenige Zahlen an, während bei den mittleren und kleineren Unternehmen noch einige ihre Bücher öffnen.

Am Dienstag wird der neue Chef von Nestle, Laurent Freixe, auf einem Investorentag im Detail darlegen, wie er den aus dem Tritt geratenen Nahrungsmittelriesen umkrempeln will. Der Warenprüfkonzern SGS wird seinen Investorentag am Mittwoch abhalten, Bachem und Zurich am Donnerstag und Komax am Freitag. 

Auch die SNB wird in Erscheinung treten. Am Donnerstag lädt sie zum Geldmarkt-Apéro ein und am Freitag hält SNB-Chef Martin Schlegel ein Referat mit dem Thema «The SNB and its Watchers».

Zur Wochenmitte steht der US-Chipkonzern Nvidia mit seinen Quartalszahlen in den Startlöchern. Der anhaltende Boom der Künstlichen Intelligenz (KI) dürfte erneut ein starkes Wachstum beschert haben. Allerdings neigt sich die Zeit dreistelliger prozentualer Steigerungsraten langsam ihrem Ende zu. Ausserdem fällt es Nvidia zunehmend schwer, die hoch gesteckten Markterwartungen zu übertreffen. Analysten rechnen für den Berichtszeitraum mit Erlösen von 32,94 Milliarden Dollar und einem operativen Gewinn von 22,01 Milliarden Dollar.

Einkaufsmanagerindizes im Blick

In Deutschland hoffen angesichts der anhaltend schlechten Stimmung in der Wirtschaft viele Investoren auf einen zumindest psychologischen Befreiungsschlag durch die im Februar stattfindenden Neuwahlen nach dem Ampel-Aus. Die Einkaufsmanagerindizes, die am Freitag veröffentlicht werden, dürften den Ernst der Lage noch einmal verdeutlichen, sagt Helaba-Stratege Ulf Krauss. Am Donnerstag steht das vorläufige Konsumentenvertrauen in der Eurozone auf der Agenda. Eine weitere Zinssenkung der Europäischen Zentralbank im Dezember um 25 Basispunkte scheint angesichts der Konjunkturschwächen im Euro-Raum Ökonomen zufolge gesetzt zu sein. Am Freitag werden Anleger gespannt auf Reden hochrangiger Finanzmanager beim «European Banking Congress» in Frankfurt warten.

In den USA scheinen die Chancen aus Sicht der Marktteilnehmer auf eine weitere Senkung der US-Notenbank zu schwinden. Ein etwas beschleunigter Preisauftrieb und die vermutlich inflationstreibenden Auswirkungen der zukünftigen Trump-Regierung dürften den Währungshütern zunehmend Sorge bereiten, sagen die Strategen von Raiffeisen Research. Dazu passen auch die jüngsten Aussagen von Fed-Chef Jerome Powell gut ins Bild, dass er es mit Zinssenkungen offensichtlich nicht eilig habe. 

(Reuters)