Schweizer Wirtschaftsverbände befürchten nach der Wahl von Donald Trump vor allem, dass der Protektionismus noch weiter zunehmen könnte, wie eine Umfrage der Nachrichtenagentur AWP ergab. So hat Trump vor der Wahl etwa deutlich höhere Zölle für importierte Güter und auch eine Stärkung des heimischen Marktes gefordert.

Die Tendenzen zu mehr Protektionismus in den USA sieht der Pharma-Verband Interpharma kritisch. Für die forschende Pharmaindustrie seien innovationsfreundliche Rahmenbedingungen wichtig, schreibt dieser.

In das gleiche Horn stösst der Verband der Industrien Chemie, Pharma und Life Sciences Scienceindustries: «Es ist zu befürchten, dass die protektionistische Handelspolitik der vergangenen Jahre weitergeführt wird», so der Verband in einer Stellungnahme. Diese würde den Interessen der exportorientierten Unternehmen der Branche widersprechen. Dies wiege insbesondere schwer, da die USA einer der wichtigsten Absatzmärkte der Verbandsmitglieder sind.

Der Industrieverband Swissmem sieht im Protektionismus ein Problem, worin sich aber Trump und Harris auch kaum unterscheiden. «Die bereits heute bestehenden Marktverzerrungen auch zu Lasten der Schweizer Exportindustrie werden damit fortgesetzt», sagte Swissmem-Sprecher Noé Blancpain.

In der ersten Amtszeit Donald Trumps spielte die Schweiz ihre Trümpfe gemäss Swissmem gut aus. Trump sei offen gegenüber der Technologie. Auch in dessen zweiter Amtszeit sollte die Schweizer Wirtschaft ihre Chancen wahrnehmen und auf ihre Stärken setzen können.

Wirtschaftsbeziehungen stetig verbessert

Rahul Sahgal, CEO der Swiss-American Chamber of Commerce, mahnte zu mehr Gelassenheit nach der Wahl. Die wirtschaftlichen Beziehungen zu den USA hätten sich die letzten Jahrzehnte stetig verbessert, ungeachtet davon, welche Partei gerade am Ruder war. «Dies wird auch weiterhin so sein», sagte er in einem Gespräch mit AWP.

Dieser Auffassung schloss sich auch Jan Atteslander, Mitglied der Geschäftsleitung und Bereichsleiter Aussenwirtschaft bei Economiesuisse, an. «Wir erwarten keine grosse Veränderung des Trends.» So seien viele Schweizer Firmen sehr eng im US-Markt verankert und der Wechsel im Weissen Haus dürfte keinen grossen Einfluss auf ihre Geschäfte haben.

Dennoch sehen beide die Gefahr eines zunehmenden Protektionismus. Dies wäre aber vermutlich auch unter einer Präsidentschaft der Demokraten ähnlich gewesen. Ob Trump seine Ankündigungen von vor der Wahl auch wirklich umsetzen kann, sei auch noch nicht klar, so Sahgal. Denn für generell höhere Zölle gegen alle Handelspartner benötige Trump eine Mehrheit in beiden Kammern des Kongresses, die bisher noch nicht sicher ist.

Auch Vorteile für die Schweiz möglich

Die Wahl von Trump biete auch Vorteile für Schweizer Firmen, hob Sahgal hervor. So gehe er davon aus, dass unter der Präsidentschaft von Trump die Regulierungen zurückgefahren werden und versucht werde, die Steuern zu senken, wovon auch Schweizer Firmen jedenfalls kurzfristig profitieren würden.

Die zu erwartenden Steuersenkungen könnten gemäss Economiesuisse-Ökonom Atteslander auch noch Auswirkungen auf die Schweiz selber haben. So könnte der Standort USA für Schweizer Firmen attraktiver werden und Investitionen verstärkt in die USA abfliessen. Dies könnte dazu führen, dass auch die Schweiz Massnahmen zur Verbesserung der eigenen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen trifft, so Atteslander weiter.

Insgesamt braucht die Schweiz laut Atteslander «eine kluge Diversifizierungspolitik» in der Aussenwirtschaftspolitik. So müsse die Schweiz sowohl auf Freihandelsabkommen mit Drittstaaten setzen als auch die bilateralen Abkommen mit der EU stabilisieren. Aktuell sei die Schweiz hier auf einem guten Weg.

cg/dm

(AWP)