In der Türkei gehen seit der Festnahme des mittlerweile verhafteten und abgesetzten Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu täglich und in vielen Teilen des Landes Menschen auf die Strasse. Sie werfen der Regierung vor, die Ermittlungen gegen Imamoglu als Vorwand zu nehmen, um einen politischen Gegner aus dem Rennen zu manövrieren. Die weist das zurück.

Was ein Nobelpreisträger sagt

Kritik an dem Vorgehen der Regierung kam auch von Literaturnobelpreisträger Orhan Pamuk. In einem Beitrag auf der Nachrichtenseite «T24» schrieb er von «erschreckenden politischen Entwicklungen». Die ohnehin eingeschränkte Demokratie in der Türkei ende damit, «dass der Kandidat, der beim Volk am beliebtesten ist und bei der nächsten Wahl die meisten Stimmen erhält, ins Gefängnis geworfen wird».

Das Istanbuler Gouverneursamt liess unterdessen ein Protestverbot für die Stadt auslaufen. Am Donnerstag zogen Menschen laut der Nachrichtenagentur Anka vor die Medienaufsicht Rtük in Istanbul, nachdem diese harte Strafen gegen mehrere oppositionelle Sender verhängt hatte - unter anderem eine zehntägige Sendesperre gegen Sözcü Tv. Protestierende skandierten dem Bericht zufolge «Freie Presse, freie Türkei». Ein Protest vor einem Einkaufszentrum im Istanbuler Stadtteil Sisli wurde von der Polizei verhindert und mit zahlreichen Festnahmen aufgelöst, berichtete das Portal «Bianet». Auch aus Izmir, Ankara und Antalya wurden erneute Proteste gemeldet.

Innenminister Ali Yerlikaya wurden seit Beginn der Demonstrationen 260 Menschen verhaftet und mehr als 1.800 Personen vorübergehend festgenommen. Der CHP-Politiker und Jurist Sezgin Tanrikulu warf der Polizei schwere Gewalt vor und schrieb auf der Plattform X von einem sexuellen Übergriff. Dabei bezog er sich auf Aussagen einer festgenommenen Demonstrierenden./apo/DP/he

(AWP)