Bald ist es einen Monat her, seit Donald Trump höher als erwartete Zölle lanciert hat und die Finanzwelt mit seinem Hin- und her verunsicherte. In abwartender Haltung befinden sich vor allem die Pharma- und die Halbleiterindustrie, die bisher ganz oder teilweise von Ankündigungen ausgenommen waren und somit vor einem grossen Fragezeichen stehen. Wie hoch, wann, auf welche Produkte…

Spezifische Antworten auf diese Fragen gibt es weiterhin nicht, lediglich Vermutungen. So tönte Trump an, die Zölle würden sich «in einem Ausmass befinden, wie man es noch nie zuvor gesehen hat» und sie sollen «sehr bald» eingeführt werden. Somit kann bisher nur abgeschätzt werden, wie die Schweizer Pharmabranche und deren Zulieferer betroffen sein werden (Mehr dazu hier). Für die drei Pharmazulieferer Siegfried, Lonza und Ypsomed hat die St. Galler Kantonalbank nun ihre These aufgestellt. 

Siegfried

Das Zofinger Unternehmen Siegfried erzielte 2024 einen Umsatz von rund 20 Prozent in den USA. Von diesen Verkäufen wurden rund 80 Prozent in einem der drei US-Produktionsstandorte in New Jersey, Kalifornien und Wisconsin hergestellt.

Laut eigenen Aussagen des Unternehmens wurde ein Grossteil davon von den Pharmakunden direkt an den Produktionsstandorten abgeholt oder ist grundsätzlich von den US-Zöllen nicht betroffen. Der Zoll-exponierte Umsatz betrage lediglich 10 Millionen Franken, was weniger als einem Prozent des Gesamtumsatzes entspricht. 

SGKB-Analyst Müller erwartet zudem, dass Siegfried Zollaufschläge über Preiserhöhungen teilweise an die Kunden weitergeben könne. Da die Produktionskosten eines Medikaments für ein Pharmaunternehmen in der Regel bei etwa 20 Prozent liegen, können Auftragsfertiger Preiserhöhungen meist ohne Probleme an ihre Pharma- und Biotechkunden weitergeben. 

Somit sei Siegfried praktisch nicht von den Zöllen betroffen. Die Aktie wird mit «Neutral» eingestuft.

Ypsomed

Im Gegensatz zu Siegfried, verfügt Ypsomed derzeit noch nicht über eigene US-Produktionskapazitäten, plant aber eine solche innerhalb der nächsten Jahre zu bauen. Der Umsatz aus Nordamerika betrug im vergangenen Jahr 9 Prozent.

«Die indirekten Auswirkungen der US-Einführzölle auf den US-Absatz von Medikamenten, wie beispielsweise Abnehmpräparate, sind derzeit noch schwierig abzuschätzen und könnten sich mit der Einführung von Medikamentenzöllen noch ändern», schreibt der Finanzanalyst der SGKB, Matthias Müller. Er erachtet die direkte Abhängigkeit dennoch als gering. 

Zudem profitiere das Burgdorfer Unternehmen mit einem geringen Kostenanteil von rund zwei Franken pro Pen/Injektor gemessen an den Gesamtkosten der Medikamente, wodurch höhere Zölle relativ einfach über Preiserhöhungen an die Kunden weitergegeben werden könnten. Müller stuft die Aktie mit «Opportunität» ein und betont die attraktiven Wachstumsaussichten, die unabhängig von Trumps Entscheid intakt bleiben. 

Lonza

Am positivsten eingestellt ist Matthias Müller gegenüber Lonza. Laut seinen Aussagen könnte das Unternehmen sogar als Profiteur aus der Situation hervorgehen. Diese Vermutung rührt daher, dass Lonza mit seiner starken Präsenz in den USA vorteilhaft aufgestellt sei.

Betont wird insbesondere das profitable Geschäft mit biotechnologisch hergestellten Wirkstoffen, mit dem Lonza mehr als die Hälfte des Konzernumsatzes und rund zwei Drittel des operativen Gewinns erwirtschaftet. Mehr als 50 Prozent der gesamten Produktionskapazität in diesem Bereich befinde sich, dank der Übernahme der Produktionsfazilitäten von Roche letztes Jahr, im kalifornischen Vacaville und somit vor Ort. In diesen Anlagen verfüge Lonza noch über freie Kapazitäten, was dem Unternehmen im Rahmen von möglichen Produktionsverlagerungen in die USA entgegenkommen dürfte.

«Als Auftragsfertiger sehen wir Lonza in vielen Bereichen nur am Rande von den Zöllen betroffen», schreibt der SGKB-Analyst. Seiner Meinung nach ist Lonza gut positioniert, um Kosteneffekte an die Kunden weiterzugeben. Der Titel ist mit «Opportunität» eingestuft.

Chance und Risiko

Müller fasst seine Studie mit «wir kommen zum Schluss, dass die drei Unternehmen nur am Rande von der neuen Zollsituation betroffen sind» zusammen. Die drei Unternehmen seien gut auf die neuen US-Einfuhrzölle vorbereitet und sind zudem gut aufgestellt, um eine mögliche Verlagerung von Produktionsaktivitäten in die USA erfolgreich umzusetzen.

Aisha Gutknecht arbeitet seit Juli 2024 als Redaktorin für cash.ch.
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