Die Bundesbank hat wegen der Zinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) 2024 einen Rekordverlust geschrieben. Er lag bei 19,2 Milliarden Euro, wie die Bundesbank am Dienstag in Frankfurt mitteilte. Künftig sollen die Verluste pro Jahr allerdings wieder geringer ausfallen: «Der Höhepunkt der jährlichen Belastungen dürfte überschritten sein», sagte Bundesbankpräsident Joachim Nagel bei der Vorstellung des Jahresabschlusses. Er betonte, die deutsche Zentralbank habe eine solide Bilanz. Ihre Verluste werde sie in die nächsten Jahre vortragen und mit künftigen Gewinnen wieder ausgleichen: «Die Bundesbank ist uneingeschränkt handlungsfähig», erklärte Nagel.
Die Bewertungsreserven, insbesondere beim Gold, seien um ein Vielfaches höher als der aktuelle und die zu erwartenden Bilanzverluste. Konkret belaufen sie sich demnach Ende 2024 auf 267 Milliarden Euro. Die Bundesbank hatte in den 1970er Jahren schon einmal eine Durststrecke durchlaufen. Damals hatte sie sieben Jahre lang Verluste geschrieben - doch niemals so viel wie 2024. Im Jahr 2023 konnte sie noch ein ausgeglichenes Ergebnis erzielen, weil sie ihre Risikovorsorge vollständig auflöste und die Rücklagen verringerte. Nach vollständiger Auflösung der verbliebenen Rücklagen von 0,7 Milliarden Euro kam es 2024 zu dem Bilanzverlust von 19,2 Milliarden Euro.
Die geldpolitischen Massnahmen der vergangenen Jahre wirkten weiterhin nach, erklärte Bundesbank-Vizepräsidentin Sabine Mauderer. Der Nettozinsertrag als grösste Komponente der Gewinn- und Verlustrechnung verbesserte sich im Vergleich zum Vorjahr leicht um 0,8 Milliarden Euro, lag jedoch mit 13,1 Milliarden Euro weiterhin deutlich im Minus. Zugleich verringerte sich 2024, wie von der Bundesbank angestrebt, die Bilanzsumme. Sie schrumpfte um rund 149 Milliarden Euro oder 5,9 Prozent auf 2373 Milliarden Euro.
Die umfangreichen Wertpapierbestände für geldpolitische Zwecke seien verbunden mit einem Zinsänderungsrisiko: Die Kombination von langfristigen geldpolitischen Wertpapieren mit niedriger Verzinsung auf der Aktivseite und kurzfristigen, höher verzinslichen Einlagen der Kreditinstitute auf der Passivseite führt – wie schon im Vorjahr – zu erheblichen Belastungen, so Mauderer. Für 2025 erwartet sie, dass sich diese finanziellen Belastungen verringerten. Zum einen laufen niedrig verzinste Anleihen im Portfolio aus. Zum anderen sollen die Zinsaufwendungen für Einlagen der Kreditinstitute weiter sinken. Das Zinsänderungsrisiko werde kleiner, da die geldpolitischen Wertpapierbestände stärker zurückgehen dürften, betonte Mauderer.
Hohe Anleihebestände bringen nur magere Zinsen
Die EZB und die nationalen Notenbanken der Euro-Zone hatten ab 2015 billionenschwere Programme zum Kauf von Staats- und Firmenanleihen aufgelegt. Zunächst dienten die Anleihenkäufe zur Stützung der Konjunktur. Dann kam 2020 noch ein weiteres massives Kaufprogramm hinzu, mit dem die EZB die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie abfedern wollte. Die hohen Anleihenbestände werfen nach wie vor nur magere Zinsen ab. Dagegen müssen die Bundesbank und die anderen Euro-Notenbanken den Geschäftsbanken wieder kräftig Zinsen zahlen auf deren Einlagen bei den Notenbanken. Nach einer Serie von zehn EZB-Zinserhöhungen 2022 und 2023 im Kampf gegen eine hohe Inflation lag der Einlagensatz noch bis Anfang Juni 2024 auf dem Rekordniveau von 4,00 Prozent. Zum Jahresende 2024, nach vier Zinssenkungen, lag er immerhin noch bei 3,00 Prozent. Inzwischen liegt er bei 2,75 Prozent.
(Reuters)