"Sie müssen die Inflation in den Griff bekommen", sagte Analyst Joseph Capruso von der Commonwealth Bank. "Sie hinken so stark hinterher, dass es nicht mehr lustig ist." Dax und EuroStoxx50 fielen daraufhin um jeweils etwa 2,5 Prozent auf 13.135 beziehungsweise 3453 Punkte.

Wenige Stunden nach der kräftigsten US-Zinserhöhung seit 1994 sorgte die Schweizer Nationalbank SNB mit einer deutlichen Anhebung um einen halben Prozentpunkt für Furore. "Es gab zwar Spekulationen, dass die SNB von ihren deutlich negativen Zinsen abrücken könnte", sagte Rabobank-Anlagestrategin Jane Foley. "Der heutige Zinsschritt ist dennoch eine große Überraschung."

Als Reaktion hierauf wertete die Schweizer Währung massiv auf. Dollar und Euro verloren im Gegenzug zeitweise jeweils rund zwei Prozent und steuerten auf den größten Tagesverlust seit etwa sieben Jahren zu. Dem Aktienindex SMI fiel um bis zu 3,2 Prozent auf ein Eineinhalb-Jahres-Tief von 10.441,62 Punkten. Schweizer Anleihen flogen ebenfalls aus den Depots, wodurch die Rendite der zehnjährigen Titel auf 1,551 Prozent erreichte, den höchsten Stand seit elf Jahren.

Bank of England als ängstliches Kätzchen

Die Bank von England (BoE) hob den Leitzins wie vorher signalisiert um einen Viertel Prozentpunkt an. Einige Börsianer hatten unter dem Eindruck der Entscheidungen von Fed und SNB allerdings auf einen doppelt so grossen Schritt spekuliert. "Wieder einmal erscheint die BoE als ängstliches Kätzchen neben der laut brüllenden Fed", sagte Chris Beauchamp, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses IG.

Das Pfund Sterling überwand dennoch seine zwischenzeitliche Schwäche und verteuerte sich auf 1,2211 Dollar. Bei britischen Bonds nahm der Verkaufsdruck allerdings zu. Dadurch stieg die Rendite der zehnjährigen Anleihen auf ein Acht-Jahres-Hoch von 2,745 Prozent.

Ihre deutschen Pendants warfen mit 1,926 Prozent zeitweise so viel ab wie zuletzt vor achteinhalb Jahren. Offenbar spekulierten Anleger darauf, dass die Europäische Zentralbank (EZB) dem Beispiel von Fed und SNB folgend die geldpolitischen Zügel schneller straffen werde, sagte Analyst Arne Petimezas vom Finanzdienstleister AFS. Vor diesem Hintergrund fiel der europäische Technologie-Index um bis zu vier Prozent auf ein Eineinhalb-Jahres-Tief von 532,01 Punkten. Höhere Zinsen entwerten Experten zufolge zukünftige Gewinne dieser wachstumsstarken Firmen.

Die allgemeinen Rezessionsängste spiegelten sich unter anderem in fallenden Rohstoffpreisen wider. Die Ölsorte Brent aus der Nordsee und das Industriemetall Kupfer verbilligten sich um jeweils etwa 1,5 Prozent auf 116,85 Dollar je Barrel (159 Liter) beziehungsweise 9079 Dollar je Tonne.

Gegen den Trend stieg der europäische Erdgas-Future um 28 Prozent auf 146 Euro je Megawattstunde. Auslöser der Rally waren erneut reduzierte Lieferungen aus Russland. "Dadurch wird es immer schwieriger, die Lager vor dem kommenden Winter wieder aufzufüllen", warnte Analyst Tom Marsec-Manser vom Datenanbieter ICIS.

Ausverkauf bei Detailhändlern

Am Aktienmarkt flogen vor allem Online-Modehändler aus den Depots, nachdem Asos eine Gewinnwarnung veröffentlicht und Bohoo eine Umsatzrückgang bekannt gegeben hatte. "Wenn wir es mit einer Rezession zu tun bekommen oder das Wachstum abrupt stoppt, werden die Gewinnerwarten noch weiter zurückgehen", prognostizierte Anlagestratege Rupert Thomson vom Vermögensverwalter Kingswood.

Asos-Aktien stürzten zeitweise um gut 31 Prozent auf ein Zwölf-Jahres-Tief von 798 Pence ab. Boohoo-Papiere fielen um 19 Prozent und waren mit 52,62 Pence so billig wie zuletzt vor sechs Jahren. Ihre deutschen Rivalen Zalando und About You büßten bis zu zehn Prozent ein.

(Reuters)