Der Goldpreis ist 2023 vom letztjährigen September-Tief bei 1620 Dollar Anfang Mai deutlich über 2000 Dollar gestiegen, was einer Kursrendite in Franken von knapp 6 Prozent gleichkommt. Für den Dollar-Investor war ein Gold-Engagement deutlich besser als für einen Franken-Investor, aber dennoch auch für letzteren leicht positiv.
"Dabei hat das Edelmetall insbesondere von einer Korrektur des Dollars profitiert. Ein schwächerer Dollar war beispielsweise auch im Juli der Haupttreiber für den Preisanstieg", sagt Elias Hafner, Investment-Stratege bei der ZKB, gegenüber cash.ch. Der US-Dollar Index, der den Wert des Dollars mittels eines Währungskorbs aus sechs Währungen vergleicht, hat seit Jahresbeginn knapp 2 Prozent an Wert verloren.
Da Gold in der Regel in Dollar notiert und gehandelt wird, macht ein schwacher Dollar das Edelmetall für Käufer ausserhalb der Dollar-Region billiger. Das hat zur Folge, dass die Nachfrage nach Gold steigt. Die Opportunitätskosten der Goldhaltung, sprich die Zinsen, die man beispielsweise auf inflationsgeschützte Anleihen erzielen kann, sind dagegen im historischen Kontext hoch und belasten den Goldpreis.
Rendite von US-Staatsanleihen hat wesentlich Einfluss
Denn der Goldpreis orientiert sich in erster Linie an der US-Geldpolitik. Die Rendite der US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit ist wegen der Leitzinserhöhungen der US-Notenbank Fed dieses Jahr um 22 Basispunkte angestiegen. Steigt die Rendite der Anleihen, verringert sich für Anlegerinnen und Anleger die Attraktivität von Gold als Investment, da Anleihen im Gegensatz zu Gold Zinsen abwerfen. Mehr noch, es fallen beim Edelmetall Lagerungskosten an.
Doch die Krux liegt im Detail: Die negative Beziehung zwischen Gold und der Rendite der US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit ist zwar gegeben. Doch sollte man vielmehr die US-Realzinsen beachten, die in diesem Jahr um 25 Basispunkte auf 1,83 Prozent angestiegen sind - der höchste Stand seit 2009.
Dabei wird auch die goldpreistreibende Inflation berücksichtigt. Der Realzins wird üblicherweise definiert, indem von der Rendite der US-Staatsanleihen mit zehnjähriger Laufzeit die Inflationsrate abgezogen wird.Investoren fragen sich in diesem Umfeld, ob sie ihr Kapital in Gold binden wollen, bei welchem sie keine Zinsen erhalten. Entsprechend wurden zuletzt die Positionen bei den Gold-ETF weiter reduziert.
Gold als «Fieberthermometer für Wirtschaftskrisen»
Wie erklärt sich trotz diesem Gegenwind an der Zinsfront die Goldstärke? "Die Dollar-Schwäche und die Erwartungen, wie sich die Geldpolitik der US-Notenbank ändert, waren entscheidende Komponenten für den höheren Goldpreis", sagt Giovanni Staunovo, Rohstoffanalyst bei der UBS, auf Anfrage von cash.ch. Auch die Diversifikation der Zentralbanken in Gold - diese haben 387 Tonnen Gold im ersten Halbjahr gekauft - war ein Faktor, welchen den Goldpreis Unterstützung gegeben habe.
"Gold ist das Fieberthermometer für Wirtschaftskrisen. Im Frühling dominierten die Sorgen über Bankenpleiten und das Hickhack um die Schuldengrenze in den USA, neben generellen Rezessionsrisiken. Diese Unsicherheiten spiegelten sich im Goldpreis", sagt hingegen Norbert Rücker, Ökonom bei der Bank Julius Bär. Er geht aber davon aus, dass die Weltwirtschaft nicht in eine tiefe Rezession schlittern sollte. Mit einem graduellen Rückgang der Unsicherheit sollte auch der Goldpreis mittelfristig zurückfallen, unter 1900 Dollar dieses Jahr und unter 1800 Dollar nächstes Jahr.
"Angesichts der hohen Bewertung relativ zu den Opportunitätskosten sehen wir Gold in der kurzen Frist anfällig für Rückschläge", warnt Hafner. Mittelfristig sprechen die Vorzeichen laut dem ZKB-Experten aber für Gold: Auf Jahressicht rechnet er mit einer weiteren Bewertungsreduktion beim Dollar und tieferen Anleihenrenditen, auch weil die US-Notenbank ab nächstem Jahr die Zinsen wieder deutlich senken dürfte.
Neuer Rekordwert möglich
Optimistischer ist Staunovo von der UBS: "Wir erwarten einen höheren Goldpreis im nächsten Jahr und denken, wir könnten einen neuen Rekordwert in Dollar im nächsten Jahr erreichen". Dies, da die aggressive Geldpolitik der US Zentralbank zu einer Verlangsamung der US-Wirtschaft führen wird und die US Zentralbank in der Folge die Zinsen senken wird.
Zentrale Treiber bleiben das US-Zinsumfeld und der Dollar und damit schlussendlich die Zinspolitik des Fed. Eine rasche Abschwächung der US-Wirtschaft, mit welcher auch die Disinflation beschleunigt würde, gäbe der US-Notenbank früher Raum für Zinssenkungen. In diesem Umfeld würde Gold profitieren.
Bleibt die US-Wirtschaft und der Arbeitsmarkt weiterhin sehr robust, könnte dies die Fed zu weiteren Zinserhöhungen veranlassen, was die US-Realzinsen und den Dollar stützt. Dies würde dem Goldpreis sicherlich zusetzen.
1 Kommentar
"In anderen Artikeln für Goldmoney habe ich die verschiedenen Aspekte einer existenziellen Krise behandelt, mit der das Fiat-Währungsregime der Welt konfrontiert ist. Diese reichen von Staatsschuldenfallen über die Abschwächung des Kreditzyklus der Banken bis hin zur Fähigkeit der großen Zentralbanken, insolvente Geschäftsbanken zu retten, wenn sie selbst über ein negatives Eigenkapital verfügen. Die Bruttowerte vieler Derivate sollten auch in den Bankbilanzen erfasst werden, um die Kontrahentenrisiken angemessen widerzuspiegeln.
Zu diesen Problemen kommt noch ein Zusammenbruch des gesamten Goldbarrenhandelssystems hinzu, das sich um Tausch- und Leasinggeschäfte sowie die häufige Weiterverpfändung von Goldbarren dreht. Wenn die Musik aufhört, wird das Ausmaß des Problems bekannt, das seit den frühen 1980er Jahren zugenommen hat. Der Auslöser dürfte das Ende des Fiat-Währungssystems sein, das zweifellos durch die Wiedereingliederung von Gold in die russischen und chinesischen Finanzsysteme beschleunigt wird."
Macleod: Gold ersetzt den Dollar
VON TYLER DURDEN
SAMSTAG, 05.08.2023 – 17:30 UHR
Verfasst von Alasdair Macleod über GoldMoney.com,
"Finanzielle Entwicklungen auf der russischen und chinesischen Achse werden im Allgemeinen ignoriert.
Über die Bestätigung Russlands, dass eine Handelsabwicklungswährung für die erweiterten BRICS-Staaten auf der Tagesordnung des Johannesburg-Gipfels später in diesem Monat steht, wurde kaum berichtet, und selbst Befürworter einer gesunden Währung sind äußerst skeptisch."