Edelmetalle konnten zuletzt deutlich Boden gutmachen. Mit 22,40 Dollar kostet eine Feinunze Silber gut 15 Prozent mehr als noch vor vier Wochen. Immerhin um knapp 10 Prozent ging es für den "grossen Bruder", das Gold nach oben.

Dass die Silber-Unze die Nase in den letzten Wochen vorn hatte, überrascht die Charttechniker der HSBC nicht. Wie sie schreiben, fällt es dem Silberpreis in einer generellen Edelmetallhausse grundsätzlich leicht, den Goldpreis zu schlagen. Ihres Erachtens konnte die Silber-Unze mit der Rückkehr auf über 21 Dollar eine wichtige Marke zurückerobern, verläuft knapp darüber doch die Nackenlinie einer schon seit 2014 zu beobachtenden Bodenbildung. Durch das Hoch aus dem Jahr 2008 erfahre die besagte Nackenlinie eine zusätzliche Bestätigung, so die Experten weiter.

Auch vom viel beachteten Gold-Silber-Verhältnis folgern sie auf ein überdurchschnittlich gutes 2023 für die Silber-Unze. Momentan sind nämlich nicht weniger als 82 Feinunzen Silber nötig, um eine Unze Gold zu erwerben. Das ist im langjährigen Vergleich ziemlich viel. Als erstes Etappenziel für den Silberpreis nennen die HSBC-Experten die Region von 27 Dollar. Dort verläuft das diesjährige Hoch. Ein Sprung über diese Marke würde den Weg in Richtung von 30 Dollar je Unze ebnen.

Silber dem Gold deshalb den Vorzug geben

Nicht nur für den Silberpreis, auch dem Gold sagen die Charttechniker für 2023 einen Jahrgang mit Überraschungspotenzial aus. In einem ersten Schritt halten sie einen Vorstoss der Unze in Richtung von 2070 Dollar für nicht unrealistisch. Dort schlug sich das Edelmetall in den letzten Jahren gleich zweimal den Kopf, nämlich im August 2020 sowie im März dieses Jahres. Sollte die Gold-Unze über diese Widerstandsmarke hinaus finden, rechnen die Experten gegebenenfalls sogar mit Preisen von bis zu 2400 Dollar. Das entspräche aus heutiger Sicht immerhin einem Plus von fast 35 Prozent.

Dennoch lautet die Botschaft aus dem Hause HSBC: Anlegerinnen und Anleger sollten die Silber-Unze der Gold-Unze zumindest auf kurze Sicht unbedingt den Vorzug geben. Das mag auch damit zu tun haben, dass der Silberpreis den gleitenden 200-Tage-Durchschnitt bei 21,30 Dollar bereits hinter sich lassen konnte, der Goldpreis den seinen bei 1796 Dollar hingegen noch nicht.

Der Goldpreis anders als der Silberpreis am Scheideweg?

Auch der im Mandat für die UBS tätige Charttechniker rechnet mit höheren Edelmetallpreisen. Er sieht den Goldpreis noch vor Ende Jahr zur Widerstandsmarke bei 1850 Dollar aufschliessen. Wichtig sei nun, dass mit einer Rückkehr auf über 1788 Dollar eine Initialzündung vor einen solchen Vorstoss gegeben werde. Allerdings schliesst der Experte nicht aus, dass das Edelmetall zuerst noch einmal etwas zurückfällt, um Anlauf holen zu können.

Sein Berufskollege und Autor der wöchentlich erscheinenden Publikation "Global Chart Outlook" wähnt die Gold-Unze gar an einem Scheideweg. Er befürchtet, dass bei einem Rückschlag unter die beiden wichtigen Unterstützungslinien bei 1690 und 1615 Dollar ein neuer Abwärtstrend eingeläutet würde. Noch hält der Autor dem Edelmetall jedoch die Stange und gibt ihm 89 von 100 möglichen Punkten. Zur Silberpreisentwicklung äussert sich der Experte hingegen nicht.