Wenn Frank Hammes, wie kürzlich geschehen, zufällig auf CNN ein Interview mit einem Coca-Cola-Topmanager schaut und im Hintergrund eines "seiner" Produkte erblickt, dann weiss er, dass er vieles richtig gemacht hat. Und er weiss, dass die Firma dadurch noch bekannter wird. "Ja, wir werden beobachtet. Und wir erhalten fast wöchentlich Übernahmeangebote", sagt er.
Frank Hammes ist Leiter eines Schweizer KMU, das in den letzten Jahren im Ausland ein fast unglaubliches Wachstum hinlegte. Raumluftreiniger, Klimaanlagen-Luftfilter oder Luftpartikel-Zähler: Das sind die Domänen von IQAir aus Goldach bei Rorschach. In der Schweiz fast unbekannt, ist das KMU aus der Ostschweiz zu einer beachtlichen internationalen Grösse herangewachsen.
In Katar hängen IQAir-Geräte in Grossspitälern, die Firma rüstet auch Schulen in verkehrsreicheren Gegenden in den USA mit Luftreinigern aus. Der Auftrag der "US Environmental Protection Agency" hat ein Volumen von mehreren Millionen Dollar.
"Asien und die USA sind derzeit die Hauptmärkte von IQAir", sagt Hammes im Gespräch mit cash. Auffallend ist insbesondere die steigende Präsenz der IQAir-Geräte in China. Die Firma rüstet mittlerweile fast alle Botschaften in Peking mit Luftreinigern aus, hunderte von IQAir-Geräten sind in der China-Hauptzentrale von Mercedes-Benz installiert, ebenso sind die Privatheime vieler ausländischer Coca-Cola-Mitarbeiter in China mit solchen Geräten ausgestattet.
Markt ist hart umkämpft
Das hat seine Gründe: Luftreiniger sind bei vielen Expats in China ein Incentive -oder auch eine Art Schmerzensgeld - für die Stationierung im Reich der Mitte. Denn die Luftverschmutzung hat ein derartiges Ausmass erreicht, dass laut Umfragen etwa jeder zweite Europäer weg will aus Peking. Auch immer mehr Chinesen rümpfen über die schlechte Luft die Nase.
"Die Chinesen werden generell gesundheitsbewusster, und China musste bezüglich Luftverschmutzung Transparenz schaffen", erklärt Hammes den Luftreiniger-Boom in China. Wie seine grossen Konkurrenten Sharp oder Daikin hat IQAir im letzten Winter und im Frühjahr, als die Luft an vielen Städten in China besonders übel war, etwa dreimal mehr Luftreiniger verkauft als üblich.
Der Markt ist hart umkämpft, ständig tauchen neue Anbieter auf. In China etwa gibt es schon Konkurrenzprodukte für 15 Dollar, "die natürlich wirkungslos sind", wie Hammes erklärt. Die Luftfilter von IQAir kosten 1500 Dollar. Für diesen Preis, der für viele Chinesen natürlich zu hoch ist, erhalte der Kunde aber Verlässlichkeit und "messbar saubere Luft". IQAir verwendet bewusst auch das Schweizer Kreuz im Logo. Eine symbolträchtige Sache, meint Hammes, die aber auch Verpflichtung sei.
Der 47-jährige Frank Hammes, der ursprünglich aus Ulm stammt, teilt mit seinem Bruder Jens die Führung des Unternehmens, das 1981 aus Süddeutschland in die Schweiz zog. "Die Situation damals in Deutschland war schwierig, sowohl auf dem Arbeitsmarkt wie in steuerlichen Fragen", sagt Klaus Hammes. Die Wurzeln von IQAir gehen zurück auf das Jahr 1963, als die Brüder Klaus und Manfred Hammes einen Luftfilter für Wohnräume einführten. Es war Pionierarbeit für eine ganze Branche.
Denn anfänglich wurden die ersten Produkte vor allem deshalb verkauft, um die schwarzen Russablagerungen an der Wand hinter den Öfen zu verringern. Sehr bald bemerkt jedoch Manfred, der Asthmatiker war, dass der Filter auch seine Asthmaanfälle in den Wintermonaten wesentlich verringern half. Mit der Zeit berichteten auch mehrere Verbraucher, dass die Filter ihre Allergie- und Asthmasymptome lindern halfen. Manfreds Bruder Klaus Hammes ist heute im Ruhestand, unterstützt jedoch weiterhin als Berater das Familienunternehmen, das nun von seinen beiden Söhnen geführt wird.
Produktion in der Schweiz wird beibehalten
Die Übersiedelung in die Schweiz war zugleich der Start für die internationale Expansion des Unternehmens. Im Frühling 1998 rollte das erste IQAir-System der neuen Produktionslinie im neuen Schweizer Werk vom Band. Seit 2000 sind IQAir-Luftreinigungssysteme auch in den USA erhältlich. Sie entwickeln sich zum Verkaufsrenner bei Allergikern und Asthmatikern. Das Jahr 2003 bringt der Firma einen neuen Schub: Nach dem Ausbruch der Krankheit Sars beauftragt die Hongkonger Krankenhausbehörde IQAir mit der Lieferung von über 500 Raumluftreinigungssysteme an über 150 Krankenhäuser und medizinische Einrichtungen in Hongkong.
"Wir sind weiter stetig am Wachsen und beschäftigen mittlerweile über 200 Mitarbeiter. Gerade in den USA stellen wir derzeit kräftig Leute an", so Frank Hammes, der seine Zeit zwischen teilt dem Schweizer Werk, wo er die Forschung und Entwicklung von IQAir überwacht, und Kalifornien, wo er die Vermarktung von IQAir-Produkten in Nordamerika unterstützt. Sein zwei Jahre jüngerer Bruder Jens leitet den Vertrieb der IQAir-Produkte in Europa und Asien. Über Gewinn- und Umsatzzahlen schweigt sich die Firma aus.
Derweil viele Schweizer Unternehmen wegen der ungünstigen Währungssituation die Produktion ins Ausland verlagern, will IQAir am Standort Goldach festhalten. "Wir wollen es möglichst unkompliziert und haben die Entwicklung und die Produktion daher an einem Standort. Diese Bündelung ergibt für uns auch Vorteile auf der Kostenseite. Wir wollen alles selber produzieren", so Hammes zu cash. Ein kleiner Nachteil ist hingegen der Jobmarkt Schweiz, der laut Hammes völlig ausgetrocknet sei. "Daher rekrutieren wir Personal in ganz Europa." Laut Angaben auf der Website greift das Unternehmen "auf die besten Ingenieure der Schweiz und Deutschlands zurück."
"Wir sind sehr gut eigenfinanziert"
Der Absatzmarkt Schweiz spielt für IQAir allerdings bloss eine untergeordnete Rolle. 0,1 Prozent macht der Schweizer Anteil am Gruppenumsatz aus. Unter anderem auch deshalb, weil man in der Schweiz glaubt, überall saubere Luft vorzufinden, so Hammes. "Dabei ist die Feinstaubbelastung hier teilweise sogar höher als in Los Angeles, wie ich in eigenen Messungen neben vielbefahrenen Strassen beobachtet habe. Aber eben: Feinstaub sieht man nicht", so der Unternehmer.
Die Luft ist in den vergangenen 25 Jahren zwar deutlich besser geworden in der Schweiz, aber Feinstaub, Ozon und Stickoxide machen den Menschen noch immer zu stark zu schaffen. 3000 bis 4000 Menschen sterben jedes Jahr vorzeitig wegen der Luftbelastung, wie das Bundesamt für Umwelt (BAFU) in seinem Umweltbericht im Juli schrieb. Insgesamt führt zu schlechte Luft jährlich zu Gesundheitskosten von geschätzten 5,1 Milliarden Franken.
Übrigens: Übernahmeavancen von Investoren und Konkurrenten sind für IQAir "komplett uninteressant." Auch ein Börsengang ist laut Hammes derzeit kein Thema. "Wir sind sehr gut eigenfinanziert."